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Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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vorbei durch den Gewölbekeller folgten, dachte ich darüber nach, was ich tun würde, wenn er mit seiner aberwitzigen Theorie Recht hatte und wir tatsächlich auf seinen sagenhaften historischen Schatz stoßen würden. Mein Glaube an die Existenz des Sänger-Testaments hatte sich im Laufe der Nacht fast unmerklich, Stück für Stück, in nichts aufgelöst. Vielleicht würde ich Zerberus niederschlagen und das Gold an mich nehmen, um wenigstens irgendetwas mitnehmen zu können, sobald ich in meine Wahlheimat USA zurückkehrte – abgesehen von der Erkenntnis über die Unberechenbarkeit meines Charakters, den ich bis heute für recht stabil gehalten hatte, dem Zweifel an einer gottgegebenen Menschlichkeit eines jeden und einem Gefühl von Angst, die auszuarten und außer Kontrolle zu geraten schien.
    Wie bei unserem ersten Ausflug in den Keller vernahm ich auch dieses Mal wieder eine beunruhigende, kaum im Einzelnen definierbare Geräuschkulisse. Ein leises, an einen weit entfernt laufenden Stromgenerator erinnerndes Brummen, ein Tropfen, ein Fiepen und ein Flattern, ein Huschen vielleicht oder ein Rascheln, und das alles gleichzeitig von überall und doch nirgendwo her. Aber dieses Mal wurde zumindest eine der unzähligen Fragen geklärt, über die ich mir vorhin den Kopf zerbrochen hatte: Fledermäuse lebten sehr wohl in Kellern. Zumindest in diesem.
    Als wir die schwere, mit eisernen Bändern beschlagene Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Kellerraumes fast erreicht hatten und Carl bereits den Arm nach dem gewaltigen Riegel ausstreckte, löste sich gleich ein ganzer Schwärm der unschönen Tierchen aus einem schattigen Teil der Gewölbedecke, jagte kreischend keine Armeslänge über unsere Köpfe hinweg durch den Raum und schließlich, vollkommen untypischerweise, durch die erste Tür in den in elektrisches Licht getauchten Teil des Kellers zurück. Judith kreischte entsetzt auf, stolperte an Maria vorbei zurück und griff instinktiv nach Schutz suchend nach meinem Oberarm. Als sie begriff, was sie da soeben getan hatte, machte sie aber sogleich einen weiteren Satz zur Seite und von mir weg. Ihr Blick wanderte gehetzt zwischen dem Durchgang, durch den die Fledermäuse verschwunden waren, und mir hin und her, als wüsste sie nicht, wovor sie sich eigentlich mehr fürchten sollte.
    »Es ist … alles in Ordnung«, sagte ich zögernd und trat einen kleinen Schritt auf sie zu, obwohl ich hätte wissen müssen, dass mein Beistand so ziemlich das Letzte war, wonach sie sich sehnte. »Sie sind weg«, sagte ich in der vagen Hoffnung, ein Nicken oder etwas Ähnliches von ihr zu bekommen, was mich davon überzeugt hätte, dass ich mich in der Deutung ihrer Mimik verrannt hatte, aber selbstverständlich geschah nichts dergleichen.
    Judith starrte mich noch einen weiteren Augenblick lang aus angstweiten Augen und schwer atmend an, dann wandte sie sich mit einem Ruck von mir ab und bedeutete Carl, die Tür zu öffnen. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Ich hatte ihre Abneigung zur Genüge gespürt, aber die Gewissheit, dass sich in diesem Moment zu dieser auch noch Furcht gesellte, war nicht nur erschreckend, sondern fühlte sich an wie ein kraftvoller Faustschlag mitten ins Gesicht. Anscheinend stand ich auf der Liste der Dinge, mit denen man sie quälen konnte, gleich auf Platz zwei hinter ihrer Fledermausphobie.
    Ich musste mit ihr allein reden, und zwar so schnell wie möglich.
    Geduckt folgten wir Carl durch den niedrigen, zu unserer Rechten ebenfalls mit Gerümpel voll gestopften Gewölbegang, vorüber an den unheimlichen Kerkerzellen mit den fest in die Wände eingelassenen Eisenringen, vorbei an leeren Benzinkanistern und dem Gerümpel.
    Wir traten in den Durchgang zu dem Kellerraum mit dem mysteriösen Generator und der altertümlichen Schalttafel sowie den mit »Hausfrauenstolz« und ähnlichen Übertreibungen beschrifteten Einmachgläsern und kamen schließlich in das geheime Büro, das Zerberus vergeblich vor uns zu verbergen versucht hatte.
    Carl schaltete das Licht ein und deutete mit einer fast widerwilligen Geste auf die an einer Wand ordentlich aufgereihten Werkzeuge. »Bitte sehr«, sagte er. »Bedient euch.«
    »Besten Dank.« Ellen trat an ihm vorbei, drückte ihm die Baupläne in die Hand, reichte Judith die Schaufel, mir die Spitzhacke und eignete sich selbst den Vorschlaghammer an. Dann wandte sie sich wieder dem Kneipenwirt zu. »Sie sagen uns den Weg, wir graben ihn frei«, beschloss

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