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Nemesis 03 - Alptraumzeit

Nemesis 03 - Alptraumzeit

Titel: Nemesis 03 - Alptraumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht. Sie hätte ihn nicht ertragen. Stattdessen griff sie nach der Mappe, die mittlerweile Maria mit sich trug, und faltete die Pläne auseinander.
    »Lagerraum VII«, stellte sie schließlich fest und tippte auf eine so benannte Stelle eines Planes und ging dann mit dem Zeigefinger den voraussichtlichen Weg zu den Kammern unter dem geheimnisvollen Turm nach. »Wir sind hier. Und wenn mich nicht alles täuscht, müssen wir uns am Ende des Flures nach links wenden und dann an der … an der dritten Abzweigung wieder rechts.«
    »Das hätte ich euch auch so sagen können.« Carl bückte sich nach den Plänen und faltete sie wieder zusammen. »Wenigstens dieser Teil des Kellers hat sich in den vergangenen sechzig Jahren nicht verändert.
    Kommt.«
    Ich folgte Carl und den anderen nur widerwillig. Der Gedanke an den türenlosen Turm, durch den ich in meinen Wach- und Tagträumen so oft gehetzt war, das Mädchen namens Miriam fest an der Hand und sie trotz ihrer flehenden Schreie unerbittlich hinter mir die schmalen, steinernen Stufen hinaufgezerrt hatte, erfüllte mich mit einer inneren Unruhe, die nicht einmal die Aussicht auf einen Fluchtweg aus diesem Irrgarten zu lindern vermochte. Wobei Unruhe eigentlich das falsche Wort war – tatsächlich erfüllte mich die Vorstellung, so nahe an den finsteren Turm zu gelangen, mit echter Angst, die meine Drüsen dazu veranlasste, neuen, eiskalten Schweiß zu dem bereits von der Anstrengung vorhandenen auf meiner Stirn und in meinem Nacken zu produzieren. Obwohl inzwischen auch die Schwäche, die den Schmerz und den Schwindel abgelöst hatte, weitestgehend den Rückzug angetreten hatte, waren meine Knie noch immer weich und von zunehmender Taubheit erfüllt, je weiter wir in das Labyrinth unter der Burg vordrangen.
    Zumindest auf den ersten paar Dutzend Metern behielt Carl mit seiner Behauptung über den unveränderten Zustand des Kellers Recht. Am Ende des Flures bogen wir nach rechts ab und fanden uns in einem breiten, fast saalartigen Durchgang wieder. Er war zwar ebenfalls beleuchtet, aber nicht so hell wie der vorausgegangene und im Gegensatz dazu befand er sich nicht in nahezu unversehrtem Zustand, sondern bot einen vollkommen verwüsteten Anblick. An vielen Stellen war auch hier die Gewölbedecke gerissen und stellenweise mehr als kopfgroße Gesteinsbrocken waren aus ihr herausgefallen, so dass wir unsere Schritte verlangsamten und auf der Hut vor weiterem Steinschlag in geduckter Haltung durch den Gang schlichen. Nur noch wenige der Deckenlampen, die auch hier ursprünglich in akribischen Abständen angebracht gewesen waren und nun teilweise fehlten oder bedrohlich lose über unseren Köpfen schaukelten, funktionierten und die, die es taten, tauchten das Chaos, das uns hier begrüßte, in ein unheimliches, flackerndes Licht. Fünfzehn, vielleicht zwanzig verbogene Metallbettgestelle rosteten zu den Seiten des Flures vor sich hin oder lagen in Einzelteilen zwischen Geröll und Staub auf dem Boden verstreut, zusammen mit den dazugehörigen, schimmeligen Matratzen, deren Bezüge an vielen Stellen zerfetzt oder schlichtweg durchgeschimmelt waren, so dass Federn und gelber Schaumstoff aus ihnen hervorquollen. Überall lagen zerrissene, vergilbte Dokumente herum, die, wie ich schnell feststellte, alle einen Reichsadler mit Hakenkreuz als Kopfzeile trugen.
    Ich bückte mich nach einer Hand voll Blätter, überflog sie, wurde aber nicht wirklich schlau aus den endlosen Zahlenkolonnen und knappen, handschriftlichen Anmerkungen an einigen Stellen der Listen. Zumindest aber begriff ich, dass es sich bei den Papieren, die überall auf dem Gang verstreut lagen, überwiegend um Laborprotokolle handeln musste, und sagte das den anderen. Auf einem der Blätter fand ich einen ausführlicheren, handschriftlichen Vermerk, den ich laut vorlas: Obersturmbannführer Krause beweist bemerkenswertes Talent bei der Selektion. Belobigung ans RuSHA schicken.
    »Rasse- und Siedlungshauptamt der SS«, erläuterte Maria das Kürzel fast mechanisch.
    Auch Ellen sammelte im Vorbeigehen ein paar der teilweise nur noch in Fetzen vorhandenen Protokolle auf und überflog sie stirnrunzelnd. Zweifellos konnte sie weitere Schlüsse daraus ziehen als ich. »Das hier sind Blutwerte«, stellte sie fest und versuchte vergeblich eine flapsige Bemerkung, die unsere bedrückte Stimmung, die alle beim Anblick der unzähligen Laborberichte und der alten Bettgestelle ergriffen hatte, etwas zu heben. »Ein bisschen

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