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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wirt noch lebte. »Ich glaube nicht, dass wir hier einen Killer in diesem Zimmer haben«, behauptete ich, klang dabei aber wahrscheinlich wenig überzeugt von meinen eigenen Worten. »Was meint ihr denn?«
    Ich riskierte einen flüchtigen Blick in Ellens und Judiths Richtung, bei dem ich zur Sicherheit aber Carl aus den Augenwinkeln beobachtete. Ellen tat, als ginge sie das alles nichts an und setzte in aller Ruhe und mit beneidenswerter Professionalität den letzten Stich an der Wundnaht, ehe sie den Plastikfaden mit der gebogenen Schere durchtrennte. Was Judith anging, so schien die Strategie der Chirurgin letzten Endes doch noch aufgegangen zu sein: Sie ließ Carl nicht für die Dauer eines Lidschlags aus den Augen, als rechnete sie fest damit, dass der Wirt jeden Moment aus der Haut fahren und sich doch noch auf sie stürzen wollte.
    »Fertig.« Ellen legte die Schere zurück, tupfte vorsichtig das Blut von Judiths Arm und begutachtete ihr Werk mit einem zufriedenen Lächeln. Ich konnte ihren Stolz nicht ganz nachvollziehen, denn aus meiner laienhaften Perspektive wirkte die Wunde an Judiths Arm nun noch gefährlicher und hässlicher, als zuvor. Die Wundränder standen hoch wie ein Wulst, die Haut außen herum spannte sichtbar, und ich hatte meine Zweifel, dass es tatsächlich, wie die Ärztin behauptet hatte, sinnvoll gewesen war, den Schnitt zu vernähen, um die Bildung einer hässlichen Narbe zu vermeiden. Ich glaubte nicht an den erhofften Erfolg.
    Endlich riskierte auch Judith einen zögerlichen Blick, und sie sah dabei nicht besonders glücklich aus.
    Wahrscheinlich dachte sie das Gleiche wie ich.
    »Morgen früh werde ich mir die Wunde noch einmal ansehen. In einer Woche können dann die Fäden gezogen werden.« Ellen streifte die dünnen Gummihandschuhe von ihren Händen und schnippte in einer übertriebenen Geste etwas Schmutz von ihrer noch immer klammen Bluse. »Ich werde jetzt duschen gehen. Ich sehe ja aus, als hätte ich ein Schlammbad genommen«, beschloss sie kopfschüttelnd und erhob sich seufzend von der Bettkante.
    Ich stöhnte innerlich auf. Wann auch immer Ellen anfing, einen Ansatz von Sympathie in mir wachzurütteln, prügelte sie diesen spätestens im übernächsten Satz zurück in die Schatten meines Bewusstseins. Als sie gerade noch Judiths Wunde vernäht und ihr (so gut sie es für ihre Verhältnisse eben konnte) gut zugeredet hatte, hatte sie erwachsener und vernünftiger gewirkt, als sie es tat, wenn sie bewusst diesen Eindruck zu vermitteln versuchte. Ich hatte ihr Können insgeheim bewundert, ihre Gelassenheit und ihre Kreativität in dieser Notsituation heimlich bestaunt, und nun benahm sie sich von einer Sekunde auf die nächste wie ein affektiertes Luxusweibchen, ganz so, als befänden wir uns nicht auf einer gottverlassenen, verfluchten Burg, sondern in einem Schlosshotel, in dem sie sich dringend umkleiden musste, weil sie sich beim Golfspielen mit einem halben Milliliter Schweiß besudelt hatte. Währenddessen durchbohrte Carl uns alle nacheinander mit einem Blick, aus dem ich nicht besonders schlau wurde. Seine fleischigen, mittlerweile etwas rissigen Lippen waren zur Karikatur eines Lächelns verzerrt.
    »Keine Antwort zur Todesliste«, sagte er fast flüsternd.
    »Dazu gibt es wohl nichts zu sagen.«
    »Weil es blanker Unsinn ist«, stöhnte ich gereizt.
    »Natürlich!« Der Wirt gab ein spöttisches, aufgesetzt klingendes Lachen von sich und begann wild mit den Armen zu gestikulieren, die ich ihm am liebsten gleich wieder auf dem Rücken zusammengebunden hätte. Ich beschloss, das bei der nächsten Gelegenheit nachzuholen, sobald ich dazu gekommen war, das Klebeband aus der Küche zu holen. »Ich hab ganz vergessen, dass ihr die Weisheit alle mit Löffeln gefressen habt«, spottete Carl.
    »Deshalb ist für euch ja auch nichts dabei, allein unter die Dusche zu gehen, während da draußen ein Killer herumläuft und sich –«
    »Hattest du etwa darauf spekuliert, dass ich dich mitnehme, Süßer?«, fiel Ellen ihm mit einem herablassenden Lächeln ins Wort. »Damit wir auch so ein nettes, lautstarkes Nümmerchen schieben können, wie unsere beiden Zimmergenossen?« Sie griff nach dem Napola-Dolch, und ich spürte, wie meine Wangen ein weiteres Mal einen roten, wahrscheinlich an einen Violettton grenzenden Farbton annahmen. »Der Killer würde einen großen Fehler machen, wenn er mir über den Weg läuft«, behauptete die Ärztin so selbstsicher, dass es schier großkotzig

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