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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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darin gesucht. Maria hätte gewusst, wo die Pistole versteckt war, also musste es einfach irgendein anderer gewesen sein.
    Aber wer?

Mein Schädel dröhnte noch immer, aber wenigstens hatte die Punkband in meinem Kopf, die die Musik für den Pogotanz meiner Gedanken geliefert hatte, den Rückzug angetreten. Ihr Publikum mit seinen nicht greifbaren Geistesblitzen und Adrenalinschüben hatte sie der Pausenmusik überlassen, sodass ich den Wirrwarr im Stadion meines Hirns zwar noch immer nicht ganz überblicken oder gar in Worte fassen konnte, aber trotz des hämmernden Schmerzes war ich jetzt in der Lage, wenigstens einige wenige objektive Momentaufnahmen zu gewinnen.
    Jeder von uns hätte in den vergangenen Stunden eine Gelegenheit finden können, sich hierher zu stehlen und die Waffe an sich zu nehmen. Aber wer von uns konnte gewusst haben, dass Maria eine Pistole in ihrem Koffer mit sich herumschleppte? War es möglich, dass sie selbst den Koffer zerwühlt hatte, um eine falsche Fährte zu legen? Dumm war sie schließlich nicht, das hatte sie uns nicht nur mit ihren ellenlangen Vorträgen oft genug bewiesen, sondern auch mit der Tatsache, dass sie es geschafft hatte, uns zu täuschen, indem sie sich die ganze Zeit als Bibliothekarin ausgegeben hatte, ohne ein solche zu sein, und uns außerdem noch absolut glaubhaft einen Charakter vorgespielt hatte, der ihrem echten mit hundertprozentiger Sicherheit in keiner Weise entsprach.
    Aber warum hatte sie das getan? Welchen Nutzen hatte das für sie gehabt?
    Ich massierte mir die Stirn unmittelbar über der Nasenwurzel mit Ring- und Zeigefinger. Diese verfluchten Kopfschmerzen! Ich war Migräne gewohnt, schließlich plagte sie mich schon seit meiner Kindheit. Aber das, was ich in dieser Nacht durchmachte, war beinahe schlimmer als alle vorausgegangenen Schmerzattacken, die ich je in meinem Leben erlitten hatte, zusammen.
    Auch war es nicht ungewöhnlich, dass es mir schwer fiel, klare Gedanken zu fassen, wenn ich wie benebelt mit einem feuchten Tuch auf der Stirn in meinem Bett lag und geduldig darauf wartete, dass das Migränin endlich Wirkung zeigte, aber Blackouts wie die, denen ich in dieser Nacht bereits mehrfach fast erlegen war, waren mir bis dahin völlig fremd gewesen.
    »Lass mich an den Koffer!« Carl stieß Judith kraft seiner Leibesfülle einfach aus dem Weg, riss das wuchtige Gepäckstück mit einer einzigen, energischen Bewegung in die Höhe und schüttete seinen gesamten Inhalt einfach auf dem Bett aus.
    »Lass das!«, entfuhr es Judith erschocken, aber es war ohnehin schon zu spät. Marias Kleider, ihre Strümpfe, ihre Unterwäsche, alle ihre persönlichen Gegenstände, lagen bereits mit den Ordnern zu einem unüberschaubaren Chaos vermengt auf dem Bett und dem Linoleumboden verteilt.
    Der dickleibige Wirt begann erregt, in der Wäsche der Bibliothekarin, die in Wirklichkeit Journalistin war, herumzuwühlen. Allem pochenden Schmerz zum Trotz eilte ich auf ihn zu, um ihn davon abzuhalten, weiter in Marias Klamotten herumzuwühlen. Wenn die Waffe nun doch noch in dem Koffer gewesen war, dann ...
    »Du hast mich lange genug gegängelt!« Carl wandte sich in einer abrupten, wütenden Bewegung zu mir um, eine halbe Sekunde, ehe ich ihn erreichen und entschieden vom Bett hätte wegzerren können. »Mal sehen, wie stark du bist, wenn du kein Messer dabei hast!«
    Wie ein wütender Stier ging der dicke Althippie auf mich los und rammte mir sein bulliges, langhaariges Haupt in den Magen. Hart wurde ich nach hinten geschleudert und schlug mit einem lauten Knall auf dem Boden auf, nur einen Sekundenbruchteil, ehe der schwergewichtige Gastwirt mich unter seiner Leibesfülle begrub und mir auf diese Weise auch noch den letzten Rest Kohlenstoffdioxid aus den Lungen trieb. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Das Tier in meinem Hirn, dieser sich windende Alien in meinem Schädel, bäumte sich entsetzt auf, trieb den Schmerz über die Grenzen des Erträglichen hinaus und ließ grellbunte Punkte vor meinen Augen aufflimmern. Ich hörte den Alien schreien, realisierte, dass er es mit meiner Stimme tat, sah mich auf einmal wie einen unbeteiligten Dritten, der neben mir stand, mit Carl zu einem Knäuel aus Armen und Beinen verkeilt am Boden liegen, uns dicht an dicht durch den kleinen Raum wälzen, während wir mit geballten Fäusten unerbittlich aufeinander eindroschen. Ein Stakkato aus schmerzhaften Hieben prasselte auf meinen Kopf und meinen

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