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Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Nemesis 04 - In dunkelster Nacht

Titel: Nemesis 04 - In dunkelster Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
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schließlich tief, und Maria hat kaum je den Mund aufbekommen ... Wir wissen, dass sie sehr viel über die Verbrechen im Dritten Reich wusste. Das sind wirklich Abgründe, in die man da eintaucht, wenn man sich mit so was beschäftigt.«
    Das weißt du wohl besser als wir alle, dachte ich bei mir, während ich mit einem Anflug der Zufriedenheit feststellte, dass Carl einmal mehr im Begriff war, sich selbst um Kopf und Kragen zu reden. Vielleicht wäre ich Ellen nicht so schnell in den Rücken gefallen, wenn sie ihre pseudopsychologische Hetzrede nicht über Maria, sondern über den Wirt abgehalten hätte.
    In dem Augenblick, in dem ich einmal mehr drauf und dran war, mich keinen Deut anders zu verhalten als die junge Ärztin und einen anderen vorzuverurteilen, ohne auch nur einen einzigen Beweis für seine Schuld in der Hand zu haben, wurde mir bewusst, was wir hier eigentlich taten: Wie Raubtiere lauerten wir nur so darauf, dass einer der anderen irgendeinen Fehler machte, um ihm die Schuld für alles Unglück zuschieben und ihm an die Kehle gehen zu können. Es bot unserer Wut, unserer Hilflosigkeit und unserer Verzweiflung ein Ventil, uns auf irgendeinen Sündenbock konzentrieren zu können und uns selbst damit ein vermutlich durch und durch trügerisches Gefühl der Sicherheit vorzugaukeln. Wir mussten uns zusammenreißen. Alle.
    »Vielleicht sind bei Maria endgültig die Sicherungen durchgebrannt, als sie entdeckt hat, dass Eds Großvater ein SS-Mann war«, fuhr Carl fort. »Ich meine, das ist ja auch ein merkwürdiger Zufall ... Dass Eds Großvater ausgerechnet mit diesem Klaus Sänger zu tun hatte, der diese Schule betrieben hat und offensichtlich bis über beide Ohren in irgendwelche obskuren Machenschaften verstrickt war.« Er sah sich mit Zustimmung heischendem Blick um.
    Ich wollte wirklich an meinem Vorsatz festhalten, und wenigstens versuchen, mir ein objektives Urteil über einen jeden hier zu bilden, aber der dickliche Wirt ließ wirklich keine Gelegenheit aus, bei mir jeden ohnehin kaum vorhandenen Ansatz von Sympathie zu verspielen.
    Seine unterwürfige Art war mir beinahe noch mehr zuwider, als der stinkende, dunkle Fleck zwischen seinen Beinen. Dreckiger Schleimer, dachte ich bei mir. Sobald du Oberwasser hast, hättest du nicht die geringsten Skrupel, uns in den Rücken zu fallen. Was hatte Carl gesagt?
    Es sei vor allem unsere Gier gewesen, die uns hierher getrieben hätte? Das stimmte nicht. Er war es gewesen, niemand sonst. Wir waren mutterseelenallein gewesen in diesem gottverlassenen Kaff, ohne Bus- und Bahnverbindung oder einen sonstigen Anschluss an die Zivilisation. Ganz allein Carl war es gewesen, der uns auf diese Burg hinauf verfrachtet hatte, in der wir nun festsaßen.
    Und mit seiner abfälligen Äußerung über unsere vermeintliche Gier hatte er auch noch klargestellt, dass er uns das, was hier geschehen war und vielleicht noch passieren würde, von ganzem Herzen gönnte. Ich hasste ihn.
    »Ich finde psychologische Analysen, die auf der Basis von Hollywoodfilmen getroffen werden, mehr als fragwürdig«, sagte Judith kühl, und ich beobachtete zufrieden, wie Carl den Blick betroffen senkte und noch ein Stück weiter in sich zusammensackte, wie ein getretener Köter. Hätte er wieder angefangen, herumzuwinseln, und hätte ich zufällig einen Knochen in der Hosentasche gehabt, hätte ich ihm den glatt vorgeworfen, übrigens aber nur, um ihm diesen gleich wieder abzunehmen, sobald er daran geschnuppert hätte. »Und nur weil unsere Frau Chirurgin vielleicht weiß, wie man ein Hirn tranchiert, bezweifle ich, dass sie Expertin in Sachen Seele ist«, fuhr Judith schnippisch fort. »Bei einem Wasserrohrbruch frage ich schließlich auch keinen Elektriker um Rat.«
    Ich war auf dieser Burg eingesperrt mit zwei Leichen, einem zumindest Halbtoten und drei Personen, die ich nicht ausstehen konnte und von denen ich mindestens eine des Mordes verdächtigte. Ich war mit meinen Kräften physisch und psychisch so gut wie am Ende, unschlüssig, ob mich zuerst der physische Zusammenbruch oder der Wahnsinn holen würde. Dennoch musste ich über Judiths freche Bemerkung schmunzeln und mich beherrschen, nicht allzu breit zu grinsen und damit Ellen unnötig gegen mich aufzubringen. Auch wenn die junge Ärztin sich nicht die Blöße gab, gekränkt dreinzuschauen, mit einem giftigen Spruch zu kontern oder auch nur mit einem arroganten Naserümpfen auf Judiths Bemerkung zu reagieren, was das Mindeste war, das

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