Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nemesis 06 - Morgengrauen

Nemesis 06 - Morgengrauen

Titel: Nemesis 06 - Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Meter weit entfernt hing eine Kamera auf einem schwenkbaren Arm unter der Decke.
    Die Linse starrte mich direkt an, das summende Geräusch wurde vom Zoom ausgelöst. Mein ohnehin schon rasendes Herz machte einen weiteren schmerzhaften Satz. Mühsam kämpfte ich gegen den Drang an, auf dem Absatz herumzuwirbeln und davonzustürmen, aber diesen Fehler beging ich nicht. Ich musste mich zusammenreißen. Möglicherweise war irgendein Wachmann, der irgendwo in dieser gruseligen Klinik vor einer Videowand saß und an seiner Kaffeetasse nuckelte, auf mich aufmerksam geworden.
    Wenn dem so war, dann musste ich dafür sorgen, dass er sein Interesse an mir schnell wieder verlor. Aber möglich war auch, dass die Kamera einfach auf Bewegungen jeglicher Art reagierte und deshalb in meine Richtung geschwenkt war. Egal wie – ich musste die Ruhe bewahren. Ich senkte den Kopf, damit man mein Gesicht schlechter erkennen konnte, und ging so ruhig es mir möglich war weiter.
    Versorgungspunkt II, stand auf dem Schild neben der nächsten Tür. Was damit wohl gemeint war, fragte ich mich. Eine Kammer, in der man Handtücher, Bettlaken und andere Dinge des täglichen Bedarfs verwahrte vielleicht? Das wäre das Beste, was mir in dieser Situation passieren konnte. Ein solcher Raum wurde wahrscheinlich nur einmal am frühen Morgen vom Reinigungspersonal aufgesucht. Ich griff nach der Klinke, zögerte aber, als ich sie berührte. Wenn diese Tür nun abgeschlossen war, dachte ich bei mir, würde ich verdammt schlecht dastehen vor dem kalten Auge der Kamera, die noch immer jede noch so winzige meiner Bewegungen aufmerksam verfolgte. Wenn ich tatsächlich zum Personal gehörte, dann müsste ich schließlich wissen, welche Türen für mich verschlossen waren, oder ich hätte gegebenenfalls einen Schlüssel dafür. Aber nun war es zu spät, um einen Rückzieher zu machen. Entschlossen drückte ich die Klinke, und ein mächtiger Stein polterte von meinem Herzen, als die Tür sich sofort und ohne auch nur zu klemmen oder zu quietschen öffnen ließ. Zügig schob ich den Wagen mit der Schmutzwäsche in den Raum und schloss die Tür hinter mir. Weg von den Kameras, hinaus aus dem Einsichtsbereich des Wachpersonals, von dem ich nicht wissen wollte, wie es aussah, wenn schon die Pfleger hier den Eindruck machten, als ernährten sie sich ausschließlich von aufsässigen Patienten, Anabolika und rohen Eiern.
    In der Kammer war es stockfinster. Suchend tastete ich mit den Fingerspitzen über die Wand und fand schließlich den Lichtschalter. Flackernd glommen weiße Neonröhren unter der Decke auf, als ich ihn betätigte, und zu dem Geräusch gesellte sich unverzüglich ein unangenehmes leises Summen. Der Raum, in den es mich verschlagen hatte, war wirklich winzig, kleiner noch als der Raum, in den man mich eingesperrt hatte. An den Wänden standen Glasschränke, in denen Kapseln, Pillen und Chemikalien in braunen Fläschchen aufbewahrt wurden, und in einer Ecke stapelten sich wuchtige Kartons bis fast unter die Decke.
    Verwirrt blickte ich mich um, als ich bemerkte, dass das Summen sehr schnell wieder verklungen war. Was von ihm zurückblieb, war ein unangenehmes, angespanntes Gefühl, das mir alles andere als fremd war, das ich ...
    Über den Kartons entdeckte ich eine Kamera unter der Decke, die auf die Tür ausgerichtet war. Wahrscheinlich hatte ich sie aktiviert, indem ich das Licht eingeschaltet hatte. Stumm fluchte ich in mich hinein. Ich war ein hirnloser Trampel! Warum hatte ich nicht einfach still abgewartet, bis meine Augen sich an die Finsternis im Raum gewöhnt hatten? Schließlich war ich ohnehin nicht auf Sightseeingtour, sondern ausschließlich auf der Suche nach einem Ort, an dem ich ein paar Minuten ausruhen und neue Kraft schöpfen konnte. Schnell knipste ich das Licht wieder aus. Dunkelheit verschlang den Raum, nur unter der Kamera glühte noch immer ein kleiner grüner Lichtpunkt; sie war immer noch aktiv. Den Wagen als Deckung nutzend, tastete ich mich in die Ecke, in der die Kartons lagerten, aber ich konnte hören, wie der Schwenkarm summend jeder meiner Bewegungen folgte.
    Warum konnte die Kamera mich noch sehen? Sendete sie etwa ein Infrarotbild? Oder reagierte sie nur auf meine Bewegungen?
    Ich verharrte in der Ecke. Es war viel zu dunkel, als dass ich die Kamera deutlich hätte sehen können – streng genommen war es nur der kleine grüne Leuchtpunkt, der mir verriet, dass der Arm, an dem sie angebracht war, die schier

Weitere Kostenlose Bücher