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Nemesis 06 - Morgengrauen

Nemesis 06 - Morgengrauen

Titel: Nemesis 06 - Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
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und schob den Wäschewagen hinaus. Ob jemand riechen würde, dass es schmutzige Kleider waren?
    Mein Herz raste in meiner Brust, und es kostete mich Mühe, nicht mit offenem Mund japsend nach Luft zu schnappen, weil die Angst meine Kehle zuschnürte. Mein Puls schien es sich zum Ziel gesetzt zu haben, meine Halsschlagadern zu sprengen, und ich spürte schmerzhaft, dass es sich bei dem Schlauch, der in meinen Hals führte, tatsächlich um einen Herzkatheter handeln musste.
    Eine Schwester stand an der Tür zu dem Zimmer, in dem ich mich hätte befinden sollen, in dem jetzt aber nur noch zwei tote Angestellte auf dem Boden lagen. Sie blickte kurz in meine Richtung, und mein Herz schien für einen winzigen, aber überaus unangenehmen Moment auszusetzen, um gleich darauf, als sie anscheinend keinen Verdacht schöpfte, sondern ihren Blick wieder den Toten in der Kammer zuwandte, rasend schnell und schmerzhaft weiterzuschlagen. Ich war froh darüber, den Wäschewagen zu schieben, denn gleichzeitig konnte ich mich daran festhalten. Mit jedem Schritt, den ich auf dem eiskalten Marmorboden zurücklegte, spürte ich, wie meine Kräfte nachließen. Wahrscheinlich hatte ich viel Blut durch die Schusswunde eingebüßt. In meiner Schulter pochte ein dumpfer Schmerz, der mich zusätzlich zu aller Furcht, die ich in diesen Sekunden empfand, beängstigte. Nur noch dreieinhalb Meter bis zum Ende des Flures, schätzte ich, dann konnte ich in einen Seitengang abbiegen. Drei, zweieinhalb ...
    Von vorne hörte ich Schritte über den Flur hasten. Ein Arzt und ein bulliger Pfleger mit abgestumpftem Gesichtsausdruck hasteten an mir vorbei. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass der Pfleger ein merkwürdiges schwarzes Plastikding in der Hand hielt. Ich hatte so etwas schon einmal irgendwo gesehen, konnte mich aber spontan nicht daran erinnern, wo und in welchem Zusammenhang. Aber das war jetzt unwichtig! Ich musste sehen, dass ich hier wegkam, das war das Einzige, was jetzt zählte!
    Den schweren Wagen vor mir herschiebend, drückte ich mich um die Ecke und spähte über den Rollkorb hinweg.
    Der Flur war nahezu identisch mit dem, den ich gerade hinter mir hatte, und menschenleer. Fünf Türen zweigten von hier ab, und neben jedem Eingang hing ein Plexiglasschildchen mit schwarzer Beschriftung.
    Ich geriet ins Straucheln, als die Schwäche, gegen die ich so entschlossen ankämpfte, eine Woge von Schwindel über mich hinwegschwappen ließ, machte einen stolpernden Satz nach vorne und schaffte es zum Glück, mich am Gestänge des Wäschewagens festzukrallen und auf den Beinen zu bleiben. Schwer atmend blieb ich stehen, bis der Schwindel ein wenig nachgelassen hatte. Ich hatte nicht die Kraft, eine längere Strecke ohne Unterbrechung zurückzulegen, sah ich mit einem Anflug von Enttäuschung ein. Aber ich würde es schaffen. Ich würde hier herauskommen. Ich brauchte nur einen Platz, an dem ich mich einen Moment verstecken und neue Kräfte sammeln konnte.
    Labor VII verkündete das erste plastikgerahmte Schild, das ich erreichte. Einen winzigen Augenblick lang kam es mir so vor, als würden die Buchstaben vor meinen Augen zu gotischen Lettern verschwimmen, so wie ich sie im Keller der Burg zuhauf gesehen hatte. Aber das war natürlich nur eine Illusion. Hatte ich Fieber? Oder war das auch wieder ein Traum? Ich betete inständig, noch genügend Zeit zur Verfügung zu haben, um diese Frage klären zu können. Ob in dem Labor Forscher arbeiteten? Männer mit weißen Kitteln, die vielleicht kindliche Schädel aufsäbelten und sie in gläserne Zylinder einlegten, dachte ich bitter. Wie auch immer – ein Labor bot kein sicheres Versteck. Dort müsste ich jeden Augenblick damit rechnen, entdeckt zu werden. Was ich brauchte, war ein Raum, der nur hin und wieder aufgesucht wurde, eine Besenkammer oder dergleichen, wenn es hier überhaupt so etwas gab. Ich erinnerte mich daran, dass es in den Krankenhäusern, die ich in meinem Leben besucht hatte, immer eine kleine Kammer für Blumenvasen und ähnlichen Ramsch gegeben hatte. Ich bemühte mich, darauf zu hoffen, dass es hier einen solchen Raum gab, aber irgendetwas sagte mir mit ziemlicher Sicherheit, dass es in dieser Klinik gewiss nicht viele Patienten gab und dass die wenigen, die hier untergebracht waren, eher keinen Besuch empfangen durften. Hier brauchte man keinen Abstellraum, in dem Vasen für Blumen verwahrt wurden.
    Ein leises Summen ließ mich stutzen und den Kopf in den Nacken legen. Ein paar

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