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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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bedenkt, dass das Verbrechen nicht einmal vier Kilometer Luftlinie von hier verübt worden ist.« Günther zeigte in Richtung des Laacher Kopfs. »War in der Gegend das Gesprächsthema Nummer eins.«
    »Hoffentlich schnappen sie den Kerl bald«, entgegnete Jan und kickte einen Bimsbrocken fort. »Vielleicht kannst du an der Aufklärung mitarbeiten und löst den Fall.«
    »Mal langsam«, sagte Günther. »Ich weiß, dass du eine Polizeiausbildung durchläufst. Aber wie darf ich das verstehen?«
    »Im September trete ich ein Praktikum in der Kriminalinspektion Mayen an.«
    »Verstehe. Aber glaubst du wirklich, die alten Hasen lassen einen Frischling mitarbeiten?« Günther legte die Stirn in Falten.
    »Ich bin nicht so vermessen, zu behaupten, ich könnte den Mord aufklären. Dazu fehlt mir die Praxis. Aber weiß man’s? Ich werde mein Möglichstes dazu beitragen, dem Verbrecher das Handwerk zu legen.«
    »Wie ich dich kenne, wirst du deinen ganzen Ehrgeiz einbringen«, sagte Jan und klopfte Lukas auf die Schulter.
    Günther blickte auf seine Armbanduhr. »War nett, mit euch zu plaudern, Jungs, aber ich muss los. Meine Schwester hat mich zum Essen eingeladen.« Er warf seinen Rucksack über die Schulter. Augenblicke später fuhr er davon.
    Günther befand sich längst außer Sichtweite, als Lukas einfiel, dass der Auswürfling noch auf der Ladefläche seines Wagens lag. Er würde den Stein bei nächster Gelegenheit zurückgeben.
    Auch für Jan und Lukas wurde es Zeit, aufzubrechen. Aus einer sich mächtig aufblähenden Wolke fielen einzelne Regentropfen.
    »Das war’s für heute.« Jan wischte einen Tropfen von seiner Stirn. »Es war ein interessanter, aber anstrengender Vormittag.«
    »Ich stimme zu, und es hat sich gelohnt. Möchtest du die Hauyne einstecken?«
    »Nein, leg sie zu deiner Sammlung.«
    »Gern. Wir telefonieren wieder miteinander, und schöne Grüße an deine Mutter.«
    Lukas zog die Autotür hinter sich zu, da öffneten sich die Schleusen des Himmels und ein heftiger Regenschauer prasselte auf das Land nieder. Die Tropfen schlugen Krater in den feinen vulkanischen Staub. Innerhalb kurzer Zeit verwandelte sich der staubtrockene Weg in eine von schmutzig-grauen Rinnsalen durchzogene Piste.
    Er dachte an das Gespräch über das Verbrechen und fieberte danach, an einem interessanten Mordfall mitarbeiten zu dürfen. Endlich einmal Praxis und nicht nur trockene Theorie.
    Um den Richtfunkturm auf dem Gänsehals tobte ein heftiges Gewitter.

Samstag, 25. August 2001
     
     
     
     
    A lfons, der Hausmeister der Polizeischule, klopfte heftig gegen die Scheibe seiner Loge, um auf sich aufmerksam zu machen. Lukas sah ihn mit den Armen wedeln. Der Mann im grauen Kittel und der obligatorischen Baskenmütze, die er einem Gerücht zufolge nicht einmal im Bett absetzte, winkte ihn zu sich herüber.
    Lukas drückte die Tür auf. »Guten Tag, Alfons«, grüßte er freundlich.
    »Na, endlich«, polterte der Mann los, ohne die Begrüßung zu erwidern. »Und das am Samstag. Eigentlich bin ich nicht mehr hier.« Alfons legte die Stirn in Falten und schlug gegen die Taschen seines Kittels, als suche er etwas.
    Lukas betrat die Loge.
    »Sie haben Glück, mich erwischt zu haben«, fuhr Alfons fort.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich brauche keine Hilfe. Aber ihr könnt wohl nicht ohne mich.«
    Lukas drehte den Kopf zur Seite und zog die Augenbrauen hoch. Es sollte so aussehen, als blickte er sich im Raum um. Dabei sollte Alfons nur sein Schmunzeln nicht bemerken. »Worum geht’s?«
    »Ich möchte zu gern wissen, wo ihr jungen Burschen euch immer herumtreibt.«
    Alfons, ein Mittfünfziger mit Bauchansatz, hatte fast nie gute Laune. Sein sehr sparsames Lächeln holte er nur zu ganz besonderen Anlässen hervor. Er gehörte zu den Menschen, die zum Lachen in den Keller gingen.
    »Seit zwei Tagen versuche ich, Sie zu erreichen«, fuhr er brummig fort. »Als hätte ich nichts anderes zu tun, als den Laufburschen für euch zu spielen.«
    Alfons schob seinen Holzstuhl, dessen einziger Luxus ein zerschlissenes Kissen auf der Sitzfläche war, mit einem kratzenden Geräusch über den Laminatfußboden und stand auf. Mürrisch griff er nach einem Zettel, den er an eine Pinnwand geheftet hatte, und zerrte ihn herunter. »Hier. Geben Sie Ihren Bekannten gefälligst Ihre Mobilfunknummer. Ich werde nicht als Telefonist bezahlt.« Alfons schob ihn beiseite und ging – vor sich hin grummelnd – zu seinem Werkzeugschrank.
    »Danke.«

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