Nemti
Lukas warf einen kurzen Blick auf den Zettel. Alfons hatte eine Telefonnummer notiert. Günther Magerl bat um einen Rückruf. Es passte gut, hatte doch auch er beabsichtigt, ihn anzurufen.
»Nicht nur, dass ich Telefongespräche für euch annehmen muss, einer steht auch immer im Weg herum.«
Mit einer Rohrzange in der Hand eilte Alfons an Lukas vorbei. Dichtungsmaterial beulte seine Kitteltasche aus. »Was ist? Komm.« Er winkte ihm unwirsch zu. »Ich will abschließen.«
Lukas drückte sich an ihm vorbei aus der Loge. Der Hausmeister schloss ab und stiefelte wortlos davon.
»Vielen Dank für Ihre Mühe, Alfons. Ich werde Sie nicht mehr belästigen«, rief er ihm nach. Er sah noch eine wegwerfende Handbewegung, dann verschwand Alfons in einem Quergang.
Das widerborstige Verhalten des Mannes übertünchte sein im Grunde hilfsbereites Wesen, das zugegebenermaßen selten zum Vorschein trat. Allerdings kam nicht jeder damit zurecht. Man musste Alfons zu nehmen wissen.
Bereits beim ersten Versuch bekam Lukas Verbindung mit Günther.
»Du wolltest mich bestimmt wegen des Auswürflings anrufen«, vermutete er. »Der liegt noch in meinem Wagen.«
»Das dachte ich mir. Behalte ihn. Meine Fundstücke haben sich als so außergewöhnlich reichhaltig mit Mineralen besetzt erwiesen, da kann ich auf den einen verzichten.«
»Du hast sie dir bereits im Mikroskop angesehen?«
»O ja. Ein hellbraunes Exemplar enthält dutzendweise Fergusonit-Kristalle, ein Mineral, das mir bisher in meiner Sammlung gefehlt hat.« Stolz schwang in Günthers Stimme mit, das war deutlich herauszuhören.
»Meinen Glückwunsch. Der Auswürfling bekommt bestimmt einen Ehrenplatz im Sammlungsschrank.«
»Worauf du dich verlassen kannst. Ich kann dir nur empfehlen, auch deinen Stein aufzuknacken. Wer weiß, was sich darin verbirgt.«
»Ich werde es mir überlegen«, erwiderte Lukas. Günthers Fund bestätigte wieder einmal, dass sehr viele Auswürflinge des Laacher-See-Vulkans für eine Überraschung gut waren.
»Was gibt es Neues in Obermendig?« Er wechselte das Thema, da er sich nicht vorstellen konnte, dass ihn Günther nur wegen des Auswürflings sprechen wollte.
Günther murmelte einige unverständliche Worte, dann vernahm Lukas das Klicken eines Feuerzeugs. Sein Gesprächspartner zündete sich eine Zigarette an. »Stell dir vor, in mein Gartenhaus ist eingebrochen worden.« Die Worte sprudelten aus ihm hinaus.
»Wer bricht denn in ein Gartenhaus ein? Lohnt sich doch normalerweise nicht, außer in deines.«
»Aber trotzdem ist es passiert.«
»Wie hast du das festgestellt?«
»Die Tür ist aufgehebelt worden.«
»Hast du irgendjemandem erzählt, dass du einen Teil deiner Mineraliensammlung dort aufbewahrst?«
»Außer dir und wenigen Freunden weiß das keiner.« Günther pustete in die Sprechmuschel.
»Was ist denn gestohlen worden? Fehlen Stücke aus deiner Sammlung?«
»Dem ersten Anschein nach nicht. Im Übrigen ist die Sammlung nicht so wertvoll, das es sich lohnen würde, Stücke daraus zu klauen.«
»Das kann ein Laie möglicherweise nicht beurteilen. Befinden sich andere Gegenstände von Wert in der Hütte?«
»Nein. Ich weiß nicht einmal, ob überhaupt etwas gestohlen wurde.«
Lukas vernahm ein Poltern, gefolgt von einem lauten Fluch. »Demolierst du gerade die Einrichtung?« Günther ließ die Frage unbeantwortet. Stattdessen hörte Lukas das klirrende Geräusch von Metallteilchen, die auf einen harten Boden fielen. »Was passiert da bei dir?«
»Ich suche den Aschenbecher. Nie steht er da, wo ich ihn vermute.« Wieder fiel etwas zu Boden. »Verflucht, der muss doch irgendwo hier sein.«
Nach einer Weile trat Ruhe ein und Lukas griff das Thema wieder auf. »Wenn der Langfinger kein Interesse an den Mineralen hatte, aus welchem Grund sollte er bei dir einbrechen?«
»Das frage ich mich ja auch. Außer den Mineralen befinden sich nur Werkzeuge und Gartengeräte im Häuschen. Ich habe schon vermutet, dass es Dumpfbacken waren, die ihren Lebensinhalt darin sehen, anderer Leute Eigentum kaputt zu machen.«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, entgegnete Lukas. »Die würden eher Wände mit Farbe besprühen, dämliche Graffitis hinterlassen und sich schnell aus dem Staub machen.«
»Ich weiß nicht«, sagte Günther und drückte damit seinen Mangel an Erklärungsversuchen aus.
»Vielleicht wollte sich eine arme Socke einen trockenen und warmen Platz für die Nacht suchen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Aber es
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