Nemti
herrschten landwirtschaftliche Nutzflächen vor. Nur ein einzeln stehender Baum stellte ein prägendes Merkmal dar.
Lediglich der dritte Tatort, der ehemalige Bergwerksstollen bei Wassenach, war in der weiteren Umgebung einzigartig.
Das Läuten des Telefons riss Lukas aus seinen Überlegungen. Er meldete sich.
»Wo bleiben Sie, Herr Dux? Wollen Sie, dass ich verdurste?«
»Natürlich nicht. Ich wollte den Kaffee etwas eindicken lassen. Dann schmeckt er kräftiger.«
»Ein durchschnittlicher Kaffee reicht mir vollkommen. Bewegen Sie gefälligst die Kanne zu mir herüber.«
Lukas legte den Hörer auf und eilte zur Kaffeemaschine.
Minuten später dampfte der Kaffee in Habermehls großer Bürotasse. »Was haben Sie eigentlich so lange getrieben?«, fragte er neugierig und rührte in der Tasse.
»Fähnchen auf die Landkarte an der Pinnwand gesteckt und die Fundorte der Mordopfer markiert.«
»Und? Einsichten daraus gewonnen?«
»Nicht wirklich. Die Tatorte lassen kein einziges gemeinsames Merkmal erkennen, woraus ein System fassbar wäre. Nur etwas verbindet sie: Zum Zeitpunkt der Morde fühlte sich der Schlitzer dort relativ ungestört. Er nahm sich Zeit für seine Opfer.«
»Diese Erkenntnis macht es für uns nicht leichter.« Auf Habermehls Stirn glänzten Schweißtropfen. Er griff in die Hosentasche und holte ein Taschentuch heraus.
Nach den heißen Tagen zu Beginn des Monats war es mittlerweile für die Jahreszeit ungewöhnlich kühl geworden. Ein Tiefdruckgebiet schaufelte kalte und feuchte Luftmassen vom Nordatlantik her in die Eifel. Der Sommer rüstete zum Aufbruch.
Lukas saß mit seinen Eltern im Wohnzimmer bei einem Glas toskanischem Rotwein. Im Kamin flackerte knisternd ein Feuer und spendete wohlige Wärme. Gierig züngelten die Flammen um die frisch aufgelegten Buchenscheite.
Sein Vater erzählte, was er an diesem Tag in seiner Praxis erlebt hatte, als Lukas’ Handy klingelte. Er entschuldigte sich und verließ den Raum.
»Guten Abend, Herr Kriminalrat«, hörte er Jans jungenhafte Stimme.
»Hallo, Weltraumforscher«, konterte er. »Was liegt an?«
»Ich wollte hören, wie es dir geht und dir die Arbeit schmeckt.«
»Mir geht’s gut, und arbeitsmäßig kann ich mich nicht beklagen.«
»Das denke ich. Du wolltest an einem Mordfall mitarbeiten und jetzt sind gleich mehrere passiert. Ist sicher schwer, den Kerl zu schnappen, oder gibt es inzwischen einen Verdächtigen?«
Lukas zögerte einen Moment mit der Antwort. Auch Jan gegenüber musste er sich mit Informationen über den Stand der Ermittlungen zurückhalten. »Leider nicht.«
»Habt ihr nichts in der Hand? Er muss doch Spuren hinterlassen haben.«
»Dazu darf ich dir nichts sagen.«
»Ach, komm schon. Wir sind Freunde. Von mir erfährt niemand etwas.«
»Tut mir leid. Nur so viel: Der Kerl ist ausgesprochen clever. Aber irgendwann macht er einen Fehler, und dann schnappen wir ihn. Es ist nur eine Frage der Zeit.« Lukas wechselte das Thema. »Du erinnerst dich an Günther Magerl? Wir haben ihn in der Bimsgrube getroffen.«
»Was ist mit ihm? Hat er was mit den Morden zu tun?«
»Quatsch. In Günthers Gartenhaus ist eingebrochen worden.«
»Ach ja? Ist ihm etwas gestohlen worden?«
»Nein.«
»Hat er trotzdem Anzeige erstattet?«
»Leider nicht.«
»Hör mal, Lukas, ich mache mir so meine Gedanken über den Schlitzer. So wird er ja inzwischen genannt. Kann es sein, dass er gar nicht aus der Eifel stammt und nur auf der Durchreise ist? Dann hätte der Spuk bald ein Ende.«
»Wäre schön, glaube ich aber nicht. Meiner Meinung nach ist er von hier und verfügt über gute Ortskenntnisse. Lass uns über etwas anderes sprechen.«
»Mensch, Lukas, das muss deprimierend sein, nichts tun zu können, nur abzuwarten, ob er nicht wieder zuschlägt. Habt ihr denn gar keine Zeugen oder Hinweise?«, fragte Jan beharrlich.
»Ich darf über laufende Fälle mit niemandem reden. Du hast sicher nicht angerufen, um über die Morde zu plaudern?«
»Nein, ich wollte fragen, ob wir mal wieder etwas zusammen unternehmen können.«
»Tut mir leid, aber es passt zurzeit schlecht. Verschieben wir das. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.«
»Einverstanden.«
»Wie sieht es bei dir aus?«
»Im Moment habe ich auch einiges am Hals.« Er stöhnte auf. »El Hadary nimmt sich in letzter Zeit ziemlich oft frei und ich muss einspringen.«
»Kann der sich das erlauben?«
»Er hat einen heißen Draht zum Leiter der
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