Nemti
ich war allein unterwegs.«
»Pech für Sie. Und am Dreißigsten, wo waren Sie da?«
»Das weiß ich nicht mehr. Ist ja schon einige Zeit her.«
»Sie haben also keine Alibis für die Zeitpunkte von zwei Morden.«
»Aber auch kein Motiv. Warum sollte ich jemanden umbringen?«
»Sagen Sie es mir.«
»Als Nächstes hängen Sie mir auch noch den Mord an, der Mitte August geschehen ist.« Magerls Stimme versagte fast.
»Wir urteilen nicht nach Gefühl und Wellenschlag. Wir hängen auch niemandem etwas an. Wir weisen nach, Herr Magerl. Am Laacher Kopf haben Sie überlegter gehandelt und keine Spuren hinterlassen.«
»Sie haben keine Spuren von mir gefunden, weil ich das nicht war. Und außerdem, was sollte ich dort? Ich bin kein passionierter Spaziergänger und schon gar kein Wanderer.«
Lukas wollte sich ein weiteres Mal in die Befragung einmischen, bekam aber von Habermehl einen missbilligenden Blick zugeworfen.
»Ich kann verstehen, Herr Dux, dass Sie Ihrem Bekannten helfen wollen, aber Sie halten sich aus der Befragung raus. Haben Sie verstanden?«
»Okay, er ist Ihr Verdächtiger.« Lukas rutschte mit einem Seufzen auf seinem Stuhl nach hinten.
»Sie gehen also nicht gern spazieren«, wandte sich Habermehl wieder an Magerl.
»Nein. Habe ich doch gesagt.«
»Das finde ich, mit Verlaub, eigenartig. Sie haben mir soeben erzählt, Sie wären zur Alten Burg gewandert. Und zwei Sätze weiter wollen Sie mir genau das Gegenteil verklickern? Nicht mit mir, Herr Magerl.«
»Es hört sich blöd an, aber ich gehe wirklich nur ungern spazieren. Dass ich zur Alten Burg gelaufen bin, war die absolute Ausnahme. Mich beschäftigte ein berufliches Problem und ich musste in Ruhe nachdenken. Da habe ich diese Möglichkeit gewählt, den Kopf freizubekommen.«
»Sie können mir viel erzählen, aber bitte keinen Mist.«
»Es war aber so. Warum glauben Sie mir nicht, Herr Kommissar?«
»Haben Sie annähernd eine Ahnung, wie viele Märchenstunden hier schon veranstaltet worden sind? Ich halte mich an Fakten, Beweise und Aussagen.«
»Aber ich bin wirklich unschuldig.«
»Das behaupten alle. Unsere Gefängnisse sind bis zum Dach vollgestopft mit Unschuldigen.«
Magerl sackte wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl zusammen. »Sie beschuldigen den Falschen. Mehr habe ich nicht zu sagen.«
»Wenn Sie wirklich so unschuldig sind, wie Sie beteuern, werden Sie kein Problem damit haben, uns eine Speichelprobe zu geben. Außerdem brauchen wir Ihre Fingerabdrücke.«
»Nur zu. Ich habe nichts zu verbergen.«
Habermehl rief über die Sprechanlage einen Polizeibeamten herbei.
Mit zusammengekniffenen Augen blickte er Günther an. »Danach können Sie gehen.« Seine Stimme klang nicht mehr so scharf wie noch bei der Befragung.
»Ich kann gehen?« Magerl gab sich überrascht.
»Solange wir keine hieb- und stichfesten Beweise gegen Sie in der Hand haben, können wir Sie nicht festhalten. Aber wir behalten Sie im Auge, darauf können Sie Gift nehmen.«
Der Polizeibeamte trat ein.
»Bringen Sie den Mann bitte zum Erkennungsdienst. Die übliche Vorgehensweise, Speichelprobe und Fingerabdrücke.«
Günther hievte sich schwerfällig aus dem Stuhl und griff nach seiner Jacke.
Habermehl legte die Unterlagen in seine Mappe zurück. »Eines gebe ich Ihnen mit auf den Weg. Wenn wir Spuren finden, die Sie in einen Zusammenhang mit den Morden bringen, nagle ich Sie an die Wand«, sagte er, ohne aufzusehen.
Günther zuckte zusammen. Wortlos verließ er in Begleitung des Polizisten den Vernehmungsraum.
Lukas saß betreten auf seinem Stuhl und machte keine Anstalten, aufzustehen. Seine Gedanken kreisten um das eben Gehörte, als hätten sie sich in einem Labyrinth verlaufen. War Günther schuldig oder handelte es sich um haltlose Vorwürfe?
Habermehl wartete mittlerweile in der offenen Tür. »Kommen Sie. Oder soll ich Ihren Schreibtisch hier reinstellen lassen?«
»Nein, nein. Ich war in Gedanken.«
»Was dachten Sie? Dass ich Magerl zu hart angepackt habe?«
»Sie sind nicht gerade zimperlich mit ihm umgesprungen.«
»Ermittlungen müssen ergebnisoffen und ohne Ansehen der Person geführt werden. Das hat man Ihnen in der Polizeischule sicher beigebracht. Wir haben drei Morde aufzuklären. Da kann ich mir keine Rücksichten und Sentimentalitäten erlauben. Schon gar nicht nach dem Anschiss.«
»Ich verstehe Sie gut. Aber Sie haben ihn gehen lassen.«
»Was sollte ich sonst tun? Was haben wir denn? Eine Aussage, die auch auf vier
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