Nemti
Sie zeigen sich erst, wenn ich es Ihnen erlaube. Verstanden?«
*
Neferkarê blickte auf seine Uhr. Noch eine Viertelstunde. Ob der alte Herr pünktlich war? Er hatte seinen Wagen so geparkt, dass er die Zufahrt im Auge behalten konnte. Bedächtig schob er den letzten Bissen eines Schokoriegels in den Mund und ließ ihn genüsslich auf der Zunge zergehen. Das Papier rollte er zu einer Kugel und schnippte sie in den Fußraum der Beifahrerseite.
Das Knattern eines defekten Auspuffs ließ ihn zusammenfahren. Er hielt die Luft an. Verdammter Mist. Was wollte der elende, alte Kadett hier? Er rutschte auf seinem Sitz nach unten und beugte sich zur Seite. Der Wagen fuhr vorbei. Vorsichtig kam er hoch und blickte aus dem Seitenfenster. Der Fahrer parkte in einer kaum einsehbaren Ecke neben einem großen Container ein.
Ruhig Blut. Nicht nervös werden. Abwarten. Leise öffnete er die Wagentür und glitt hinaus. Er hielt nach einer guten Deckung Ausschau und beobachtete das Auto. Er war sicher, dass die anderen ihn nicht entdeckt hatten. Neferkarê hockte sich hinter einen Busch.
Ein schlaksiger Jugendlicher stieg aus und drehte die Rückenlehne des Fahrersitzes in Liegestellung. Über einer verwaschenen, viel zu großen Jeans trug er ein weites T-Shirt. Die Beifahrertür öffnete sich. Ein junges Mädchen kam heraus. Der Bursche schob sie beiseite und brachte den Sitz in Liegeposition. Sie verschwanden in ihrem Liebesnest.
Neferkarê atmete auf. Zwei Liebende, die allein sein wollten und keine Zeit verloren. Der Gedanke amüsierte ihn. Sie sollten nur nicht wagen, ihm in die Quere zu kommen. Wenn doch, ihr Pech. Falsche Zeit, falscher Ort. Er beobachtete den Kadett noch eine Weile. Langsam beschlugen die Scheiben. Die Karosserie wippte gleichmäßig auf und ab.
Gebückt kroch er aus dem Gebüsch hinaus. Er musste zurück zu seinem Wagen. Erleichtert fiel er in den Autositz und schnaufte. Ein Blick über den Parkplatz zeigte ihm, dass der Golf des alten Mannes nicht da war. Er sah in den Rückspiegel, in dem er die Zufahrt zur Sprudelwasserfabrik einsehen konnte. Endlich kam er. Zu Fuß.
Er sah den Alten in Richtung des Gebäudes mit dem Wasserhahn laufen. Eine Weile später startete er den Motor und rollte vom Parkplatz. Nach einer Biegung sah er den Mann, wie er seinen Rucksack absetzte. Neferkarê fuhr ein Stück weiter und stellte das Auto im Schatten einer Fabrikationshalle ab.
Der Alte warf ihm im Vorbeifahren einen Blick zu und stellte die Flasche in das Becken. Neugierig kam er näher und äugte durch die Scheibe. »Tach. Da sind Sie ja.«
Neferkarê stieg aus dem Wagen. »Tach. Heute ohne Auto?«
»Die Karre sprang nicht an. Sie steht in der Werkstatt. Gleich hole ich sie ab.«
»Dumm gelaufen, wenn man auf sein Auto angewiesen ist.«
»Das hat meinen Zeitplan total durcheinandergebracht. Ich musste alles zu Fuß oder per Bus erledigen. Mir ist am liebsten, wenn alles so bleibt wie immer. Haben Sie eine Flasche dabei?«
»Ja. Soll ich Sie gleich ein Stück mit dem Auto mitnehmen?«
»Wie nett. Schönen Dank, aber das ist nicht nötig.«
»Werden Sie abgeholt?«
»Nein, aber mein Zeitplan steht. Kommen Sie.« Er wandte sich ab und ließ Wasser in die Flasche laufen.
Neferkarê öffnete die Hecktür und zog Lederhandschuhe über. Er drückte eine Hand gegen die Jackentasche und spürte den Elektroschocker. Der Alte wandte ihm den Rücken zu. Neferkarê nahm den Schocker in die Hand. Wenige Schritte trennten sie.
Plötzlich drehte sich der alte Mann um.
Verflucht. Blitzschnell versteckte er seinen Arm hinter dem Rücken.
»Haben Sie eigentlich schon den Schaubrunnen gesehen? Ist gleich um die Ecke. Kommen Sie mit. Ist spannend.« Er drehte das Wasser ab und setzte sich in Bewegung. »In dem Pavillon sprudelt in einem Glaszylinder von Zeit zu Zeit das Wasser hoch. Ein Kaltwassergeysir.« Er kam der Hausecke immer näher.
Neferkarês Herz begann zu galoppieren.
Der alte Mann blieb stehen und sah sich um. »Warum sagen Sie nichts? Interessiert Sie das denn nicht? Warum haben Sie Handschuhe angezogen?«
Neferkarê sprang ihn an, packte seinen Arm und riss ihn zurück.
»Hey. Was soll das? Lassen Sie mich sofort los.« Seine Stimme überschlug sich. Er versuchte, mit der anderen Hand den Griff um seinen Arm zu lösen.
Neferkarê boxte ihm ins Gesicht.
Sofort begann die Nase des Alten zu bluten. Mit weit aufgerissenen Augen sah er ihn an. »Was wollen Sie von mir?«
Neferkarê drückte den
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