Nemti
furchterregend aus. Jans Ärmel waren hochgerutscht. An seinem linken Unterarm entdeckte Lukas ein Stilett. Er durfte nicht mehr länger warten und ging in die Offensive. Ein gezielter Karatetritt gegen Jans Arm ließ das Messer zu Boden fliegen.
Zornentbrannt schnellte Jan auf ihn zu und sprang ihn an. Seine Augen blitzten und drückten abgrundtiefen Hass aus. Unter dem Ansturm seines Körpergewichts ging Lukas wie ein Sandsack zu Boden. Jan war sofort über ihm. Wie von Sinnen schlugen sie aufeinander ein. Fäuste krachten gegen Knochen, Speichel und Blut spritzten über den Waldboden.
Lukas spürte etwas in sich, das ihn immer weitertrieb. Er nahm kein Signal des Körpers ernst, sondern ging bis an seine Grenzen. In einer verzweifelten Anstrengung gelang es ihm, seine Knie an die Brust zu ziehen und die Beine mit aller Kraft vorschnellen zu lassen. Der Tritt traf Jan genau ins Zwerchfell. Er krümmte sich mit einem Aufschrei zusammen und griff sich im Reflex an die Rippen. Mit einem Satz kam Lukas hoch und drehte ihn auf den Bauch. Er riss ihm die Hände auf den Rücken und brachte ihn unter Kontrolle.
»Es ist vorbei, Jan. Ich bin fassungslos. Das hätte ich dir nie und nimmer zugetraut.« Sein Puls donnerte in den Ohren. Suchend sah er sich nach Habermehl um.
Dieser eilte keuchend, mit hochrotem Kopf, herbei und legte Jan Gleißner Handschellen an. Er zerrte ihn hoch und tastete ihn nach weiteren Waffen ab.
Lukas nahm das Stilett an sich und wickelte es in ein sauberes Taschentuch.
Habermehl sah ihn stirnrunzelnd an und fragte: »Was habe ich über Alleingänge gesagt, Herr Dux? Erinnern Sie sich? Sie bluten wie ein Schwein.« Er reichte Lukas ein frisches Taschentuch. »Drücken Sie das gegen Ihre Augenbraue. Das wird ein hübsches Veilchen und eine Narbe geben. Ist sonst alles in Ordnung?«
»Bis auf die Tatsache, dass mein Schulfreund Jan der Schlitzer ist, geht es mir gut. Er hat von seinem Meister gesprochen, aber natürlich keinen Namen genannt.«
»Sie denken an diesen el Hadary?«
»Ist ein naheliegender Verdacht.«
Weinbrecht und Beyer kümmerten sich um den alten Mann. Gemeinsam befreiten sie ihn von den Kabelbindern und lösten das Klebeband von seinem Mund. Sie halfen ihm von der Ladefläche herunter und setzten ihn in das Gras neben dem Weg. Er sah nicht besonders gut aus, wirkte apathisch. Körperlich schien er die Attacke gut überstanden zu haben, aber psychisch war er stark angeschlagen. Er redete kein Wort.
Beyer wandte sich an Lukas. »Das war filmreif. Herzlichen Glückwunsch.« Er grinste.
»Gute Arbeit«, lobte Weinbrecht.
»Hören Sie auf«, rief Habermehl erbost. »Loben Sie ihn nicht noch. Er hat sich meinen Anordnungen widersetzt, sich undiszipliniert verhalten und in Gefahr gebracht. Es hätte auch anders ausgehen können.«
»Das wird Konsequenzen haben«, flüsterte Beyer Weinbrecht zu.
Habermehl winkte die Polizisten herbei. »Schafft den Mistkerl endlich weg. Fahrt ihn ins Krankenhaus. Ein Arzt soll ihn sich ansehen. Ich lasse mir nicht nachsagen, ich hätte mich unrechtmäßig verhalten. Aber bleibt an seiner Seite und lasst ihn nicht aus den Augen. Ihr bürgt mir dafür.«
Die beiden führten Jan Gleißner ab. Lukas sah ihnen nach.
»Verständigen Sie den Notarzt und die Spurensicherung«, fuhr Habermehl an Weinbrecht und Beyer gewandt fort.
»Ist längst passiert«, sagte Weinbrecht. »Als der Kampf losging, habe ich angerufen.«
»Sie wissen schon, dass ich die Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen kann, Herr Dux?«, ging ihn Habermehl in scharfem Ton an. »Das hat ein Nachspiel.«
»Ich weiß, das war für meine Karriere nicht förderlich. Was passiert nun?«
»Wir reden später darüber. Hat jemand ein sauberes Tuch?«
Beyer griff in seine Jackentasche und reichte Lukas ein Paket Tempos. »Das wird schon blau.«
Lukas’ rechtes Auge war inzwischen so weit zugeschwollen, dass er das Lid nicht mehr öffnen konnte.
Habermehl klopfte ihm väterlich auf die Schulter. »Bin gleich wieder da. Sie bleiben hier sitzen.« Er kletterte über die Baumstämme und verschwand hinter dem Holzstapel. Mit dem Handfunkgerät kehrte er zurück. An Lukas vorbei ging er zu dem alten Mann, der sich mittlerweile ein wenig erholt hatte. Habermehl schaffte es, dass er wieder redete.
Lukas sah Weinbrecht zu, der Einmalhandschuhe übergestreift hatte und die im Gras liegende Waffe aufhob. Er setzte sich neben ihn.
»Wollen Sie sich die mal in Ruhe ansehen?« Er
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