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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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sich, dass sie noch lebte, und zerrte sie weiter, die Kellertreppe hinunter, bis in den Vorraum des Tempels. Vor der Dusche ließ er sie fallen. Eilig ging er zurück und schloss die Stahltür ab.
    Nachdenklich betrachtete er die Armaturen und die Holzbalken der rustikalen Decke. Ein Balken verlief genau oberhalb der Dusche. Das würde funktionieren.
    In der Schublade seiner Werkbank fand er einen dicken Strick. Er überprüfte die Länge und warf ihn auf den Boden. Aus den Hosentaschen zog er die Müllsäcke und legte sie auf die Werkbank. Dann kramte er nach einer Rolle Paketband und schnitt zwei lange Stücke ab. Beides ließ er liegen.
    Er warf das lange Seil über den Holzbalken oberhalb der Duschkabine. Mit einem Ende schnürte er Ediths Füße zusammen und zog sie hoch. Das Seilende befestigte er an der Duscharmatur. Jetzt musste er nur noch ein passendes Messer suchen und die Opferschale vom Altar mitbringen.
    Einer Truhe im Tempelraum entnahm er ein scharfes Zeremonienmesser, das sie bisher noch nicht gebraucht hatten. Zusammen mit der Opferschale präsentierte er es der Statue des glorreichen Seth und verneigte sich tief. Rückwärts, in gebeugter Haltung, verließ er den Tempel.
    Er stellte die Opferschale in die Duschwanne, daneben legte er das Messer. Innere Gelassenheit durchflutete ihn. Er ergriff das Messer und drehte Ediths Kopf in seine Richtung. Überrascht stellte er fest, dass ihre Augenlider flatterten. Sie röchelte. Es interessierte ihn nicht. Eiskalt setzte er das Messer an und öffnete die Halsschlagader. Blut trat in einem Schwall aus der Wunde. Edith begann zu zappeln und versuchte den Oberkörper zu heben. Er legte das Messer auf den Rand der Duschwanne.
    »Lass es. Das macht es nur noch schwerer für dich.«
    Die Opferschale füllte sich. Sein teuflisches Lachen hallte durch den Raum, während Edith ihr Leben aushauchte.
    Blutgeruch breitete sich aus. Schon als Kind hatte er gern zugesehen, wenn zu Hause Schweine geschlachtet und zum Ausbluten an den Hinterbeinen aufgehängt wurden.
    Der Meister nahm die Opferschale und trug sie zur Werkbank. Ein Schnitzmesser in der Hand kehrte er zurück. Mit festem Griff in Ediths Haar fixierte er den Kopf. Als letzte Handlung ritzte er das Symbol in ihre Wange.
    Er stülpte einen Müllsack von unten über die Leiche. In Höhe des Bauches umwickelte er ihn mit Paketband. Langsam ließ er den Körper ab und zog ihn aus der Duschkabine. Er löste das Seil und verpackte den Unterkörper im zweiten Müllsack.
    Sein Blick wanderte suchend durch den Raum. In einer Ecke entdeckte er die Sackkarre, auf der noch ein Holzklotz stand, den er zu einer Wächterfigur gestalten wollte. Er hob ihn hinunter, packte die Leiche auf und rollte sie zu seinem Wagen.
    Außer Atem kehrte er in den Vorraum zurück und setzte sich auf den Holzklotz. Nachdem er sich halbwegs erholt fühlte, spritzte er die Duschkabine aus und führte die rituelle Waschung durch. Er zog sein Zeremoniengewand über und schritt erhobenen Hauptes mit der Opferschale in den Tempel, dem Göttlichen zu huldigen und ihn zu lobpreisen.
     
    Überzeugt, alles im Sinne Seths ausgeführt zu haben, kleidete er sich um. Zum Glück kannte er die Stelle, die ursprünglich für die Blutentnahme vorgesehen war. Er hatte sie mit Neferkarê vor Tagen aufgesucht.
    Der Motor seines Wagens sprang beim ersten Startversuch an. Erleichtert atmete er auf und fuhr in die Dunkelheit.
    Je näher er seinem Ziel kam, desto deutlicher spürte er, dass er seinem Körper sehr viel zugemutet hatte. Zu Hause würde er den Tag mit einem Glas Rotwein ausklingen lassen. Zum Aufräumen fühlte er sich zu erschöpft.

Freitag, 21. September 2001
     
     
     
    H abermehl stieg langsam die Treppe hinauf. Gestern war ein langer, anstrengender Tag gewesen. Er fühlte sich matt und ausgelaugt.
    Als er den oberen Treppenabsatz erreichte, drangen Stimmen an sein Ohr. Je näher er seinem Büro kam, desto lauter vernahm er die ausgelassene Gesellschaft. Es war nicht schwer zu erraten, woher das Stimmengewirr und das fröhliche Lachen kamen – aus dem Büro von Weinbrecht und Beyer. Dort ging es hoch her.
    Er eilte in sein Büro und stellte die Aktentasche ab. Recht hatten sie. Es gab einen Erfolg zu feiern. Die Fröhlichkeit der Kollegen animierte ihn, ebenfalls hinüberzugehen. Augenblicklich stieg seine Stimmung.
    Er überquerte den Gang und klopfte kurz an. Niemand drehte sich zu ihm um. Sie hatten ihn nicht kommen hören. Er entdeckte die

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