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Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition)

Titel: Nenn mich einfach Superheld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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war hell, viel zu hell. Zu Hause hatte ich immer die Rollläden unten. Ich wollte meine Sonnenbrille zurechtrücken, aber meine Hand griff ins Leere.
    Ich musste nicht lange suchen. Sie lag auf der Kommode. Ziemlich genau neben der Bürste.
    Verdammte Scheiße, dachte ich.
    Ich stieg vorsichtig über die gleichmäßig atmende Janne, lief auf Zehenspitzen durchs Zimmer und setzte das Ding auf die Nase. Drehte mich noch mal um. Janne sah unvorstellbar schön aus. Und ich hatte die Nacht in ihrem Bett verbracht und alles einfach verschlafen.

    Es war ein wunderschöner Morgen. Friedrich, bis zu den Ellbogen mit Schaum bedeckt, scheuerte auf der Wiese das Gitterrost. Kevin schnarchte leise auf der Liege. Der Guru war nicht da.
    »Abgehauen?« fragte ich Friedrich und deutete auf die leere Liege.
    »Unter der Dusche.« Friedrich wischte sich mit dem Unterarm übers Gesicht. Jetzt hing der Schaum in seinen Augenbrauen.
    Die Wiese sah aus wie nach einer Orgie. Die leeren Rotweinflaschen lagen unter dem Tisch. Pappteller und Stücke abgerissener Alufolie flatterten im Wind. Auf dem Tisch saß eine kleine getigerte Katze und leckte die Salatschüssel aus.
    Ich kehrte ins Haus zurück und suchte in den Küchenschränken nach einer Mülltüte. Konnte keine finden und nahm stattdessen eine Einkaufstüte. Stieß dann mit dem Guru zusammen, der ein zerknautschtes Gesicht hatte und viel zu stark nach Rasierwasser roch.
    »Jawohl, ich schäme mich«, sagte er. »Ich kann nicht begreifen, wie das passieren konnte.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Sollte er doch ein schlechtes Gewissen haben, das hatte noch niemandem geschadet.
    »Ist noch jemand verletzt?«
    Ich musste lachen. Dann ging ich mit meiner Tüte aus dem Haus und begann, den Müll einzusammeln.

          Gegen Mittag wollten wir zusammen im Garten frühstücken. Eine Stunde vorher klopfte ich immer wieder an Jannes Tür.
    »Kann grad nicht«, schrie sie jedes Mal, und es klang fröhlich, und ich fragte mich, woher sie wusste, dass ich es war, der da gerade klopfte. Oder ob sie mit jemand anderem rechnete. Oder ob es ihr egal war. Jedes Mal, wenn ich daran dachte, dass sie mir die Brille abgenommen hatte, lief es mir eiskalt den Rücken herunter.
    Kevin stand in unserem Zimmer, klagte über Migräne und versuchte, bei Marlon eine Kopfschmerztablette zu schnorren. Marlon behauptete, keine zu haben.
    »Kann nicht sein«, quengelte Kevin und zupfte Marlon am T-Shirt. »Ich sehe es dir an, dass du was hast. Du musst noch mal nachschauen.«
    Ich beobachtete das Schauspiel, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, Marlon aus dem Weg zu gehen, und dem Bedürfnis, mit ihm zu reden. Ich fühlte mich wie ein Schwein, aber wie ein glückliches Schwein.
    Deswegen wartete ich auf meinem Bett, bis Marlon Kevin abgeschüttelt hatte. Irgendwann begann Kevin zu weinen. Ich konnte es nicht mitansehen, sprang auf und wühlte im Koffer nach meinen Pillen. Drückte eine aus der Blisterpackung und hielt sie Kevin hin.
    »Die ist gegen alles«, sagte ich. »Ich hab dich gewarnt.«
    »Du bist mein Retter.« Kevin presste theatralisch die Hand, in der er die Tablette umschlossen hielt, an die Stirn, die andere ans Herz. Dann warf er Marlon und, weil der nicht reagierte, auch mir eine Kusshand zu und stöckelte aus dem Zimmer.

    »Marlon«, sagte ich, als wir endlich allein waren. »Ich muss mit dir reden.«
    Er stand leicht von mir abgewandt, die Hände in den Taschen, und wiegte sich hin und her. Irgendwie erinnerte er mich an einen Tiger hinter Gittern.
    »Marlon«, sagte ich. »Ich weiß echt nicht, wie ich es dir sagen soll. Das Problem ist, du siehst wirklich perfekt aus, obwohl du es selber gar nicht beurteilen kannst, und ich bin hässlich wie die Nacht und werde es bleiben. Du kannst einfach nicht wissen, was das bedeutet. Außerdem bist du cool, und ich habe es wohl für immer verlernt, den richtigen Ton zu treffen.«
    »Dein Telefon hat die ganze Nacht geklingelt«, unterbrach er mich.
    Mein Handy. Ich fuhr hoch. Ich hatte noch kein einziges Mal daraufgeschaut. Ich hatte auch vergessen, Claudia eine Nachricht zu schicken, dass ich heil angekommen war. Wahrscheinlich war sie jetzt wahnsinnig vor Sorge. Sie hatte vielleich auch die Nummer des Gurus nicht. Sie wusste nicht einmal genau, wo wir waren.
    Ich warf den Stuhl um, suchte das Telefon in meinem Koffer, im Schrank, entdeckte es schließlich in der Jackentasche. Ich fand elf Anrufe vor, alle von Claudia. Sie hatte gestern Abend

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