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Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis

Titel: Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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sicher, dass der Prinz sich nicht viel besser fühlte, und biss die Zähne zusammen.
    Caitlin kuschelte sich in die Felle und sah sich um. Abendrot in Schattierungen von Gelb bis Dunkelviolett färbte den Himmel, und der Schnee glitzerte rosa. Es war windstill, und zu hören war nur das Klappern des Kochgeschirrs. Doch so wunderschön und friedvoll, wie der Augenblick auch schien, die unendlichen Weiten vermittelten ihr ein Gefühl von Verlorenheit. Die Natur schien so gewaltig, dass sie drei Menschen unbemerkt verschlingen konnte. Ihr wehmütiger Blick glitt zum Prinzen, der gerade Haken zur Befestigung des Zelts in den eisigen Untergrund schlug. Caitlin musste unwillkürlich lächeln, denn der Krieger wirkte dabei wie ein Kleinkind, das mit Klötzchen baute. Auf allen vieren kroch er herum, schlug hier einen Haken tiefer, straffte dort ein Seil. Die Zunge hatte er im Mundwinkel eingeklemmt, und nur hin und wieder hielt er inne, um Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen oder sich über die Schniefnase zu fahren. Endlich schien er zufrieden mit seinem Werk und schob nun den Schnee, den er zuvor geräumt hatte, wieder an das Zelt und türmte ihn an der Plane auf. Er kroch und schob, schniefte, wischte sich durchs Gesicht, kroch und schob, und Caitlin entschlüpfte prompt ein Kichern.
    Rhonan hörte das und kochte vor Wut. Er sah hoch in ihr Gesicht, das gleichermaßen Jugend wie Erschöpfung widerspiegelte, schluckte seinen Ärger hinunter und erklärte lediglich: »Junge Damen, die kichern können, könnten auch mal helfen!«
    Caitlin ging davon aus, dass er es nicht ernst gemeint hatte, lachte fröhlich und nahm von Gideon eine Schale mit Hasenresten entgegen.
     
    Gideon erwachte mitten in der Nacht, weil ihn fröstelte. Im ersten Augenblick ergriff ihn Panik: Er fürchtete, lebendig begraben zu sein. Dann hörte er Atemgeräusche neben sich, beruhigte sich etwas und tastete um sich herum. Tastsinn und Erinnerung kamen zum gleichen Ergebnis: Er lag zwischen Felldecken im Zelt. Caitlin neben ihm schlief tief und fest. Eisige Luft strömte aus einem Spalt schräg über seinem Kopf ins Zelt, und undeutliche Geräusche drangen von draußen herein. Rhonan musste dort sein. Gideon hüllte sich in die oberste Felldecke und kroch aus dem Zelt. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und im Mondlicht war es noch heller. Sein Begleiter wühlte in einem Rucksack. Trotz der Kälte trug er nur die Hose.
    »Was treibst du hier?«, fragte Gideon verwirrt.
    Rhonan fuhr erschrocken herum, einen Dolch in der Hand. »Irgendwann ist es dein Tod, wenn du nicht lernst, mich nicht zu erschrecken!«
    »Bist du von Sinnen? Du stehst im Begriff, dir selbst den Tod zu holen.«
    »Wo ist der Branntwein?«, fragte der Prinz heiser.
    »Es ist keiner mehr da«, erwiderte der Verianer. »Komm ...«
    »Mir ist nicht nach Spielchen! Sag mir sofort, wo du ihn versteckt hast!« Er kam näher, und seine Haltung mit den nach vorn geschobenen Schultern und angewinkelten Armen wirkte ausgesprochen bedrohlich.
    Der Gelehrte schluckte unbehaglich. »Du wirst doch nicht in Erwägung ziehen, einen alten Mann zu schlagen?«
    »Ich ziehe in Erwägung, einen alten Mann zu erwürgen. Bitte, Gideon! Mir geht’s wirklich dreckig.«
    Sollte er ihm sagen, dass der Lederbeutel in Caitlins Wandersack war? Im fahlen Mondlicht sah sein Begleiter erschreckend elend aus. Nein, das würde letztlich nichts bewirken außer vorübergehender Linderung. Schritt für Schritt wich er zurück, während er behauptete: »Es war nur noch ein Schluck drin, und den habe ich ausgetrunken. Weißt du das nicht mehr? Ich habe viel für deine Schulter verbraucht.« Er stieß an das Zelt und verharrte gottergeben.
    »Das ist nicht wahr!« Rhonan war schon bei ihm und zog ihn an der Decke zu sich heran. »Rede!« Auf Gideons Schweigen hin fing er an, ihn zu schütteln. »Rede! Bei allen Göttern, ... bitte, ... rede endlich!« Die Stimme klang verzweifelt, nahezu weinerlich.
    »Nein, tu ich nicht!« Er sah Rhonans Augen blitzen und nahm allen Mut und alle Kraft zusammen, faltete die Hände und rammte sie dem Prinzen in den Magen. Der ließ die Decke los und stürzte sich auf Gideon. Hände legten sich wie Schraubstöcke um den Hals des Verianers. Der spürte, wie das Zelt unter ihm nachgab, rang um Luft und rammte Rhonan in seiner Not das Knie gegen die frische Wunde am Oberschenkel. Stöhnen erklang, der Griff wurde gelockert, und Gideon schlug erneut mit der

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