Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
Wollt ihr da festfrieren?«, kam es barsch von ihrem Führer.
Gideon verdrehte die Augen. Rhonan war schon den ganzen Vormittag ziemlich unleidlich gewesen. Seine Antworten waren einsilbig, seine Anweisungen knapp ausgefallen. Es war deutlich zu sehen, dass es ihm nicht gutging. Er war bleich, und trotz der Kälte glänzte Schweiß auf seiner Stirn, aber jede Frage nach seinem Befinden hatte er entweder überhört oder schroff abgewiesen.
Allerdings waren sie zügig vorangekommen. Seit geraumer Zeit waren sie an einer Felswand entlanggeritten, die mal höher, mal niedriger links neben ihnen aufragte und deren Grau von Schnee- oder Eisfeldern durchbrochen wurde. Gideon nahm an, dass der Prinz einen gangbaren Weg ins Gebirge suchte, und musste nunmehr feststellen, dass er sich geirrt hatte. Denn jetzt standen sie vor einer natürlichen Wand, die um die vier Pferdelängen hoch war.
»Nun heißt es klettern«, erklärte sein Begleiter gerade. »So hoch ist es ja nicht und darüber hinaus zerklüftet genug, um Halt zu finden.«
Das sah Caitlin völlig anders. »Da sollen wir hoch? Bist du noch bei Sinnen?«, fragte sie, und Angst und Unglauben schwangen in ihrer Stimme mit.
»Das Wintergebirge heißt so, weil es da Berge gibt«, gab Rhonan zurück. »Ich gehe zuerst und lass euch dann ein Seil herunter. Bindet zuerst das Gepäck fest, damit ich es hochziehen kann. Dann bindet euch das Seil um die Taille und kommt nach. Solltet ihr abrutschen, halte ich euch! Alles klar?«
»Nein!«
»Was willst du jetzt wieder, Caitlin?«
»Ich will da nicht hoch. Ich schaff das niemals. Gibt es keinen anderen Weg?«
»Doch, aber der wird sicher von Ligurius’ Spionen oder Camoras Wolfsjägern gesichert! Dass wir uns im Wald herumtreiben, dürfte in Kairan längst ein offenes Geheimnis sein, und sämtliche Wege heraus dürften bewacht sein. Willst du lieber etwas klettern oder dich durch Wölfe kämpfen?« Ohne auf ihr unverständliches Gemurmel und ihre flehenden Gesten Richtung Himmel zu achten, zog er den Mantel aus, hängte sich ein Seil über die Schultern und machte sich auf den Weg. Seine Begleiter sahen ihm mit einem flauen Gefühl im Magen hinterher.
Ein ums andere Mal musste Rhonan nachfassen. Nur langsam kam er voran, einmal brach ein Felsstück, von dem aus er sich mit dem rechten Bein hochdrückte, unter seinem Gewicht ab, und er rutschte wieder ein ganzes Stück nach unten, bevor er erneut Halt fand.
»Ich kann da gar nicht hinsehen. Das tut doch weh, wenn man an dem Stein herunterrutscht«, keuchte Caitlin bei diesem Anblick und schlug die Hand vor den Mund. »Ich will das nicht machen.«
Der Verianer sah es ähnlich, erklärte aber tapferer, als er sich fühlte: »Wir sind ja am Seil gesichert und können nicht so schnell abrutschen. Rhonan wird schon achtgeben, dass wir gut hochkommen.«
»Aber ich kann doch nicht klettern. Ich bin bestimmt nicht schwerer als das Gepäck. Glaubst du, er könnte mich vielleicht auch einfach hochziehen?«
Er warf ihr einen Blick zu, bevor er sich wieder auf den kletternden Begleiter konzentrierte. »Versuche, zumindest zu helfen, indem du dich abstützt. Ich glaube, Rhonan geht es nicht gut. Wir sollten ihm nicht zu viel zumuten!«
Sie nickte schaudernd. »Er ist ziemlich grimmig! Denkst du, ihm fehlt der Branntwein?«
»Vielleicht. Vielleicht ist es auch das Bein oder irgendeine andere Verletzung oder von allem ein bisschen. Ich habe keine Ahnung. Mitteilsam ist er nicht, und Auswahl haben wir ja reichlich bei unserem Freund.«
»Warum sagt er uns nicht einfach, was mit ihm los ist?«
Gideon gab ihr eine Antwort, die sie ohne lange Erklärungen verstehen konnte. »Weil wir ohnehin nichts dagegen unternehmen könnten. Wir können es ihm nur leichtermachen, indem wir unser Bestes geben.«
»Dass er nicht richtig beieinander ist, macht mir noch mehr Angst. Nachher rutsch ich ab, und er lässt mich fallen!«
Gideon lächelte sie väterlich an und drückte ihre Schulter. »Das würde er nie, und das weißt du auch.«
Sie überlegte kurz, nickte erneut und blickte mit kugelrunden Augen an der Wand empor. »Ich habe nur so schreckliche Angst. Ich weiß doch gar nicht, was ich machen muss.«
»Ich auch nicht«, gab er zu und schluckte schwer, weil Rhonan gerade erneut abrutschte. »Immer nur irgendwo Halt suchen, denke ich.«
Die Prinzessin klammerte sich wimmernd an seinen Arm. »Immer, wenn ich denke, das Schlimmste überstanden zu haben, wird es noch ärger. Ich mag
Weitere Kostenlose Bücher