Neobooks - Das Schloss im ewigen Eis
seiner Männer nichts an.
Die nahmen Rhonan, dessen Hände immer noch gefesselt waren, in die Mitte. Von einem bekam er einen Schlag in den Magen, vom nächsten die Faust ins Gesicht. Den Verlust zweier Kameraden nahm man ihm übel, und so wurde er erst einmal, um diese Rechnung zu begleichen, herumgereicht. Rhonan fühlte sich wie eine Schweinsblase, mit der Kinder spielten: ein Schlag von rechts, ein Tritt von links, ein Hieb von rechts ... und immer so weiter. Er trudelte herum, wurde hochgerissen, wenn er einknickte, und unter Gelächter weitergeschubst. Es war immer dasselbe: Ein Gesicht tauchte auf, Schmerz folgte, eine Drehung brachte ein anderes Gesicht und neuen Schmerz. Dankbar war er über Schläge auf den Körper, die der dicke Mantel dämpfte.
Kinian aß, sah dem Treiben zu, rülpste zufrieden und befahl schließlich, während er seine Schale abstellte: »Lasst gut sein! Vater Ligurius will ihn lebend. Ich würde vorher nur zu gern wissen, warum der Inquisitor eigentlich hinter ihm her ist.«
Umgehend wurde Rhonan losgelassen und sackte auf die Knie. Seine Zunge spürte einen lockeren Zahn auf, und sein Mund war voller Blut. Sein linkes Auge schwoll bereits zu, und in seinem Knie schien ein Messer zu wüten. Er hörte Kinian, der von ihm wissen wollte, wer er war. Was sollte er sagen? Dass er der großartige Prinz der Prophezeiung war? Der Jäger hatte sicher nicht für ihn gebetet und würde sich höchstens überlegen, ob er ihn noch an Ligurius weitergeben oder lieber gleich an Camora verkaufen sollte.
»Du schweigst?«, drang erneut die Stimme an sein Ohr. Rhonan spuckte Blut, weil er mehr nicht schlucken wollte. Seine Lippe war aufgeplatzt, und er musste sich auf die Zunge gebissen haben.
Erneut wurde er auf die Füße gezerrt und vorwärtsgestoßen. Aber diesmal landete er nicht in den Armen des nächsten Söldners. Wie volltrunken taumelte er über den Platz, bis Hände sich schwer auf seine Schultern legten. Vor ihm saß die berüchtigte Hexe, eingehüllt in einen abgewetzten Schafffellmantel, dem ein modriger, toter Gestank entwich. Vielleicht stank auch die Alte so? Rhonan bekam eine Gänsehaut, als er wieder ihre bucklige Gestalt, die unnatürlich zur Seite gekrümmten Finger und das augenlose Gesicht sah.
Man drückte ihn hinunter, trat ihm gleichzeitig von hinten in die Beine und zwang ihn so, vor ihr auf die Knie zu gehen. Sie streckte ihre verkrüppelten Hände aus, um sein Gesicht abzutasten, und brabbelte dabei vor sich hin. Rhonan glaubte, das Wort Ketzer herauszuhören, und Kinian gab sofort ein Zeichen, auf das hin ihm die Fesseln abgenommen und Mantel, Weste und Hemd heruntergerissen wurden.
»Bei Haidar! Du hast ja eine Menge hinter dir«, staunte der Ketzerjäger und wandte sich an die Hexe. »Und du hattest recht: Er trägt das Brandzeichen der Ketzer. Finde heraus, wer er ist, Limam! Aber denk dran, dass er nicht uns gehört.«
Krumme Knochenfinger wurden erneut ausgestreckt, berührten seinen Hals und seine Schultern. Aber diesmal spürte er ihre Finger wie glühende Nadeln und stöhnte überrascht auf. Ihre Hände glitten über seine Brust, und er krümmte sich vor Schmerz, biss die Zähne zusammen und versuchte unwillkürlich, aus ihrer Reichweite zu kommen.
Zwei Söldner hielten ihn fest. »Nicht so schüchtern, Jungchen!«, höhnte einer. »So frische Kerle kriegt die Alte selten zwischen die Finger. Denk einfach, sie wäre ein feuriges Talermädchen.«
Rhonan hörte Gelächter, und gleichzeitig brach ihm der Schweiß aus allen Poren. Er wunderte sich, dass ihre Hände keine Brandspuren hinterließen, und war froh, als sie endlich innehielt und wieder brabbelte. Er machte sich nicht mehr die Mühe, irgendetwas verstehen zu wollen.
»Ein Tempelwächter bist du«, stellte Kinian fest. »Ligurius ist also immer noch hinter dieser Mine her. Nun, jetzt bist du ja bei mir. Sag mir, wo sie ist! Tu dir selbst den Gefallen! Vielleicht könnte ich mich dann dazu durchringen, dem Großinquisitor zu berichten, dass wir dich leider nicht gefunden haben. Überleg es dir gut! Ligurius’ Folterkammer hast du ja bereits kennengelernt, wie man sieht, aber Limam kann noch ganz andere Sachen!«
Rhonan glaubte ihm sofort, schwieg aber trotzdem. Die Mine selbst war ihm nach wie vor gleichgültig. Kinian hätte sie gern haben können, nur nicht mit den jetzigen Bewohnern. Caitlin würde eine unwiderstehliche Abwechslung für die Söldner abgeben. Aber vielleicht ... nein, es
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