Neobooks - Dreck muss weg!
baumeln.
»Klar.«
Marga zögerte. Eigentlich hatte sie mit Frau Schulzes Anwesenheit gerechnet. Hoffentlich gab das keinen auf den Deckel, wenn sie den Jungen nicht im Beisein der Mutter befragte. Sie wischte die Bedenken fort, und die Tüte Süßigkeiten landete auf Mareks Bettdecke.
»Können wir uns noch mal unterhalten? Über den Vorfall gestern? Oder ist dir das unangenehm?«
»Nö, das geht schon. Ist ja schließlich meine Pflicht.« Er guckte wie ein Nachrichtensprecher.
Marga hob die Brauen. »Dann erzähl mir doch noch mal genau, was gestern passiert ist.«
Er wischte sich den Mund mit dem Ärmel seines Schlafanzuges ab. »Wir haben Partei gespielt. Ich hab die Schuppentür aufgemacht, und da hat der Rollstuhl gestanden mit der toten Frau drin.«
»Partei?« Marga schaute fragend.
»Die einen suchen, die anderen laufen weg. Zwei Parteien eben«, erklärte er.
»Ach so. Bei uns hieß das Räuber und Gendarm.«
»Das kenn ich nicht.«
»Na ja, so ein bisschen wie Verstecken«, versuchte Marga zu erklären, »nur mit Weglaufen und Fangen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Wir sagen Partei.«
»Okay. Wenn du sagst ›wir‹, meinst du dich und die anderen beiden Jungen?«
»Gestern waren wir nur zu dritt. Eigentlich sind wir mehr. Nachmittags wollten wir alle zusammen Fußball spielen.«
»Du und die Jungen aus dem Dorf.«
»Ja.«
»Okay. Vormittags spielt ihr Partei, nachmittags Fußball?«
»Manchmal auch andersrum.«
»Gut. Was macht ihr sonst noch so?«
Er zuckte wieder mit den Schultern. »Spielen eben.«
Marga lutschte an dem Ende ihres Kugelschreibers. So wurde das nichts. »Reden wir mal über vorgestern. Was habt ihr da gemacht?«
»Morgens haben wir Partei gespielt.«
Marga seufzte. »Alles klar. Und nachmittags dann wahrscheinlich Fußball?«
»Nee, auch Partei. Weil mir das Knie weh tat«, Marek stockte, »und man beim Fußball öfter hinfällt als bei Partei.« Seine Wangen verfärbten sich rosa, und er spielte mit den Brötchenkrümeln auf seiner Bettdecke.
»Und warum tat dir dein Knie weh?«
»Bin gestürzt.« Seine Bettdecke schien ihn zu faszinieren, zumindest konnte er nicht aufhören, sie anzustarren.
»Ich hab keine Zeit für Spielchen.« Margas Ton verschärfte sich.
»Es kam plötzlich ein Auto. Von der Wiese vor dem Schuppen.« Seine Stimme wurde kraftlos.
»Eins aus dem Dorf?«
»Nee, die anderen kannten es nicht.«
»Mensch, Marek! Soll ich einen Arzt holen, der dir’s aus der Nase zieht?«
Er blinzelte. »Wir haben dem Steine hinterhergeworfen.«
Marga verzog das Gesicht.
»Der hätte da gar nicht fahren dürfen. Hat Torben auch gesagt. Hätte mich beinahe umgefahren, und ich bin voll hingefallen. Tat höllisch weh. Mein Knie hat sogar geblutet. Und was macht der? Fährt einfach weiter. Das darf man nicht. Das ist Fahrerflucht.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Marga zornig an.
»Und warum erzählst du das nicht gleich?«
Marek kaute auf seiner Unterlippe. »Weil einer der Steine getroffen hat. Das Auto hat bestimmt ’ne Beule oder einen Lackschaden. Das kann teuer werden, hat Torben gesagt, die ganze Rückseite muss dann neu gespritzt werden.«
»Und da habt ihr Schiss gekriegt und es lieber für euch behalten.«
»Ja.«
»Na toll.«
»Sagen Sie das jetzt meiner Mutter?«
Marga verkniff sich einen Spruch – wenn das seine einzige Sorge war …
»Nein. Aber ich muss wissen, was das für ein Wagen war. Habt ihr das Kennzeichen erkannt?«
»War größer, das Auto. Und dunkelrot. Nummernschild weiß ich nicht. Hatte einen Piratenaufkleber hinten auf der Scheibe.«
»Größer?« Marga hakte nach.
»Größer. Ein Bulli eben.«
Jo. Endlich! Da konnte sie ansetzen. Margas Magen hüpfte hoch. Wie hatte Joki gesagt? Nicht immer Hunger, wenn es rumorte. Sie verstaute ihre Sachen und stand auf.
»Sagen Sie auch wirklich nichts zu meiner Mutter?«
»Nö, das wird nicht nötig sein«, antwortete Marga, »weil du ihr das schön selber erzählen wirst.«
Er riss die Augen auf. Marga deutete mit dem Zeigefinger auf ihn.
»Mann oder Memme? Das ist schließlich deine Pflicht.«
Beim Hinausgehen lief sie seiner Mutter in die Arme.
»Schon fertig, Frau Schulz. Marek und ich haben uns nur noch mal kurz über den gestrigen Tag unterhalten. Und über vorgestern. Ich melde mich dann wegen des Protokolls.«
Bevor die Schulz antworten konnte, war Marga schon verschwunden.
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Kapitel 12
Uttum, Ostfriesland
D ie
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