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Neobooks - Dreck muss weg!

Neobooks - Dreck muss weg!

Titel: Neobooks - Dreck muss weg! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Richter , Alexandra Richter
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auf dem harten Boden.
     
    Der große Hahn stakst zwischen den aufgeregten Hühnern umher. An der Brust drückt der Wind ihm das Gefieder auseinander, Theda kann die weißen Daunen sehen. Bei Westwind seien die Hühner unruhig, das liege an dem Geruch von Tang und Salz, der ins Deichhinterland weht, den können sie nicht ausstehen. Hat Thedas Vater gesagt. Die Luft macht sie nervös, weil sie nicht fliegen und nicht schwimmen können, und wenn das Wasser käme, könnten sie nicht fort und würden ertrinken. Theda kann auch nicht fort. Nicht einmal zur Schule, denn der Weg zum Dorf ist unpassierbar. Der Boden ist Anfang März in den tieferen Schichten noch gefroren und der Grund darüber aufgeschwemmt und gesättigt. Das Wasser kann nicht ablaufen und hat den Weg nach Uttum in ein Meer aus Matsch und Klei verwandelt. Selbst das schwere Kaltblut, auf dem der Onkel im Notfall nach Uttum reitet, bekommt die Beine nicht aus dem Schlamm, und Theda hätte fast einen ihrer Holzklumpen verloren, als er ihr vom Fuß geglitten und im Modder stecken geblieben war.
    »Schlaf, Puppa, schlaf!«, singt Theda. »Draußen gehen die Schaf. Die schwarzen und die weißen, die wollen Puppa beißen …«
    Der Wind ist so stark, dass er es schafft, Lisbeths lange Zöpfe durch die Luft zu wirbeln. Lisbeth hüpft auf einem Bein durch die Hinke-Pinke-Kästchen. Sie kann sehr gut das Gleichgewicht halten, muss nie absetzen. Theda spielt lieber Mütterchen. »Die braunen und die gehlen, die wollen Puppa stehlen. Die grünen und die schwarzen, die wollen Puppa kratzen.« Ihre Puppa hat einen richtigen Körper. Ein Stock, mit Sackleinen umwickelt und ausgestopft. Zwei Knöpfe sind die Augen. Theda wiegt Puppa, damit sie einschläft. Lisbeth trifft in die Zehn, ohne dass der Stein die gezogene Linie berührt. Aber dann tritt sie beim Hüpfen über.
    »Ich bin ab«, sagt Lisbeth, und Theda legt Puppa beiseite. Nun ist sie dran. Doch sie trifft beim Werfen ihr Kästchen nicht. Lisbeth lacht und schmeißt die Zöpfe nach hinten. Die längsten Zöpfe der ganzen Schule.
    »Versuch’s noch mal.« Lisbeth darf immer bestimmen, weil sie die Ältere ist, aber sie kann auch nett sein, findet Theda. Eigentlich ist es schön auf der Streuobstwiese hinter dem Hof. Selbst wenn die Apfelbäume noch keine Blätter haben und nackt sind. Aber die Blütenknospen kann Theda schon erkennen. Der Rote Klarapfel schmeckt ihr am besten.
    Theda wirft das Steinchen. »Getroffen! Hast gesehen, Lisbeth? Und nicht auf der Linie.« Theda freut sich.
    Das Gesicht der Schwester ist starr, und ihre Augen werden dunkel. »Komm, wir gehen rein!«, sagt sie und packt Theda am Ellbogen.
    »Aber wieso denn? Ich bin gerade so gut!«
    »Wir helfen Mama in der Küche«, sagt Lisbeth.
    »Die hat uns doch spielen geschickt.« Theda ist verwundert. Dann sieht sie den Onkel. Er lehnt am Stamm eines Baumes, die Hände vor der Brust verschränkt. Er ist jetzt der Bauer, weil Vater weg ist. Der Onkel hat einen kaputten Fuß und wurde deshalb nicht eingezogen, Theda blickt unwillkürlich auf den weit abgespreizten Hinkefuß.
    »Habt ihr nichts zu tun?«, fragt er.
    Theda wird bange, Lisbeth drängelt und schubst sie fast vorwärts. »Wir wollten gerade gehen und Mutter in der Küche helfen«, sagt Lisbeth, und die Jüngere stolpert mit.
    Mutter ist dick und unbeweglich und jetzt oft müde. Und Theda hat sie weinen sehen.
    Dass der Onkel näher gekommen ist, hat sie nicht gesehen. Doch plötzlich ist er da und greift nach einem von Lisbeths Zöpfen. Er reißt daran, und Lisbeths Kopf fliegt zurück. Theda ist erschrocken. Es tut bestimmt weh, aber Lisbeth sagt nichts, nur ihr Mund ist verzerrt.
    »Ihr geht Eier holen«, sagt er und lacht, aber es klingt gar nicht lustig.
    »Haben wir schon.« Lisbeth muss sich mit beiden Händen die Kopfhaut festhalten, weil der Onkel so doll an ihrem Zopf zieht. Ihr Körper ist nach hinten gebogen. Vor Schreck lässt Theda Puppa los. Der Onkel grinst. Dann kneift er Lisbeth in die Brust, und sie fällt zu Boden. Thedas Mund ist aufgegangen, aber es kommt kein Ton heraus. Lisbeth reibt sich die Stelle, wo der Onkel ihr weh getan hat. Ihr Gesicht ist weiß. Bis auf die Augen. Die sind fast schwarz, obwohl sie eigentlich hellbraun sind wie die von Vater.
    »Dann gehst du«, sagt er.
    Theda presst die Beine zusammen, beinahe hätte sie in die Hose gemacht. Sie hebt Puppa auf. Der Hahn hat seine Hühner unter einem Weißdornbusch in Sicherheit gebracht. Theda steckt

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