Neobooks - Dreck muss weg!
einspurige Straße schlängelte sich durch wintergraues Grün, vorbei an einem gigantischen Windrad, das surrend die Luft zerschnitt. Der ehemalige Hayenga-Hof bei Uttum war umgeben von Gras- und Weideland. In einem schnurgeraden Horizont ging die Erde in den Himmel über. Marga hatte noch beim Verlassen des Krankenhauses mit Joki telefoniert und ihm berichtet. Der Bulli war zwar keine Spur, aber ein Anfang. Sie hatte ihren Kollegen kaum verstanden, entweder war der Empfang schlecht, oder ein halbes Brötchen steckte als zweites Frühstück in Jokis Backentasche. Er war echt ein Drangfass. Aus der Gerichtsmedizin lagen noch keine Ergebnisse vor, hatte Joki erzählt. Er saß mit dem Hintern auf glühenden Kohlen, denn er benötigte die genauen Daten zum Weiterleiten und Abgleichen mit ViCLAS, einem Analysesystem zur Verknüpfung von Gewaltdelikten. Er wollte sich sofort bei Marga melden, wenn er Näheres wusste. Der Hayenga-Hof trotzte dem Wind schon seit über hundert Jahren, die Schutzbepflanzung aus Bäumen und Sträuchern wuchs schräg und sah aus wie umgepustet und gerade noch festgehalten. Die Maueranker weinten rostige Tränen. Auf dem Hof stand ein Traktor mit Anhänger. Ein Jagdhund mit weißem Bart warf bellend den Kopf in den Nacken, als Marga sich näherte. Es roch nach Dung und Silage. Neben einer geöffneten Stalltür hing ein Schild:
Achtung! Wertvoller Zuchtbetrieb.
Der Hund trottete ins Innere des Stalls, wo ein Mann in Jeans und Strickpulli die Einstände ausmistete.
»Herr Kampmann?«
»Wer fragt?«
»Marga Terbeek. Kripo Aurich.«
»Die Polizei? Na, da muss ich wohl eine Pause machen.« Er grinste. Struppig sah er aus wie die Heide in den Blumenkübeln, aber nicht unsympathisch. Mit Schwung stach er die Forke in die halbvolle Schubkarre.
»Es geht um die Tote, die wir gestern in Uttum gefunden haben. Auf Ihrem Grundstück.«
»Hab ich gehört. Die Buschtrommeln funktionieren hier ausgezeichnet.« Er wischte sich die Hände an der Hose ab und zog ein Päckchen Van Nelle aus seiner Gesäßtasche. »Schlimme Sache.«
»Die Tote hieß Theda Neehuis, geborene Hayenga. Sagt Ihnen der Name etwas?«
Kampmann verteilte gleichmäßig Tabak auf einem Blättchen. »Natürlich.« Er steckte sich den fertigen Glimmstengel zwischen die Lippen und zündete ihn an. »Der Hof ist fast hundert Jahre im Familienbesitz der Hayengas gewesen. Ich bin der Erste, der nicht aus der Sippe stammt.«
»Und von wem haben Sie den Hof übernommen?«
»Sibo Hayenga.«
»Wissen Sie, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis der zu Theda Neehuis stand?«
Kampmann strich sich über den Kopf und blies blauen Rauch in die Luft. »Sibo hat den Hof von seinem Vater übernommen. Der wiederum ist an den Hof gekommen, weil sein Bruder kurz vor Kriegsende eingezogen wurde und nicht mehr wiederkam, soviel ich weiß. Sibos Onkel war der Vater der Toten.«
Marga runzelte die Stirn. »Also ist Theda Neehuis die Cousine von Sibo Hayenga?«
»Könnte man sagen.« Die Glut seiner Zigarette krabbelte das Papier hinauf.
»Hatten Sibo Hayenga und Frau Neehuis Kontakt zueinander?«
»Soweit ich weiß, nein.«
»An der Entfernung nach Pewsum lag das aber nicht, oder?«
»Keine Ahnung.«
Seine Gesprächigkeit hielt sich in Grenzen. Marga wies mit dem Kopf auf die Einstände. »Sie haben Milchvieh?«
Er nickte. »Und ein bisschen Land. Für den Futteranbau.«
»Selbstversorger.« Marga lächelte.
»Wir stellen gerade auf Bio um«, sagte Kampmann, »das Futter muss einwandfrei sein, da trau ich nur mir selber.«
»Das bringt sicher jede Menge Auflagen mit sich.«
Er zuckte mit den Schultern. »Am schlimmsten ist die Übergangsphase. Viel Arbeit, wenig Geld.«
»Und Sie sind noch in der Übergangsphase?«
»Wir entgiften gerade, könnte man sagen.« Er trat die Zigarette aus, hob den zerknautschten Stummel auf und grinste.
»Löblich.« Marga meinte es ehrlich. »Wann haben Sie den Hof übernommen?«
»Gelernt hab ich hier Anfang der Neunziger, dann in Kiel Agrarwirtschaft studiert und mich anschließend in den Hof eingekauft.«
»Legte Sibo denn keinen Wert darauf, dass der Hof weiterhin in der Familie blieb?«
Kampmann schüttelte den Kopf. »Sibo legte vor allen Dingen Wert drauf, den Job nicht mehr zu machen. Ist alles nicht so rosig, wie es aussieht in der Landwirtschaft. Von wegen wildromantisch. Außerdem hatte er keine Familie.«
Marga blickte an Kampmann vorbei in den Obstgarten. Eine Gruppe brauner Hühner scharrte
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