Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Augen.
»Da war ein goldenes Tor, die Heilige Pforte … sie sagte mir, dass jemand kommen würde, um mir zu helfen. Ist Gott eine Frau?« Jetzt stützte er sich auf die Ellbogen und sah Leron’das fragend an.
»Ich weiß nicht viel über euren Gott«, gab der Elbe zurück. »Aber wenn du das goldene Tor von As’gard gesehen hast, kannst du nur Varsa’ra begegnet sein.« Sein Gesicht war ausdruckslos, doch ein Hauch von Furcht lag in seinen Augen.
»Varsa’ra?«, fragte Philip verständnislos.
»Eine der drei Schicksalsnornen«, erklärte Leron’das. »Varsa’ra ist jene, die das Leben beendet.« Er ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. Erst als er merkte, dass Philip ihn immer noch anstarrte, wandte er sich ihm wieder zu. »Es ist nicht weiter verwunderlich, dass sie dich zurückschickte«, sagte er, aber sein verstörter Gesichtsausdruck strafte ihn Lügen.
»Varsa’ra ist nachsichtig mit denen, die unter Nate’res Schutz stehen.«
»Nate’re?«, fragte Philip.
»Nate’re ist die, die uns allen das Leben schenkt, unsere Nöte hört und uns Trost spendet. Nate’re ist die, die unseren Müttern beisteht in der Stunde der Geburt. Nate’re ist das Leben«, antwortete Leron’das.
»Ich habe schon mal von ihnen gehört. Jar’jana erwähnte beide, aber ich habe ihre Worte nicht verstanden«, murmelte Philip. »Wieso sollte ich unter Nate’res Schutz stehen?«
»Weil sie deine Mutter ist.«
»Meine Mutter …?« Philip sah Leron’das an, als ob der nicht ganz bei Sinnen wäre, aber der Elbe lächelte, und dieses Lächeln war wie ein Sonnenaufgang in seinem Gesicht.
»Nate’re, Destina’riu und Varsa’ra sind unsere Schicksalsnornen. Nate’re ist der Ursprung allen Lebens, Destina’riu ist das, was wir daraus machen können. Sie verleiht uns Gaben und Geschick, sie ist das Schicksal, und Varsa’ra ist der Tod. Sie beendet unser Leben und führt uns hinüber nach As’gard.« Feierlicher Ernst bestimmte nun Leron’das Züge. »Sie zeigen sich auf dieser Welt in unterschiedlichen Gestalten, aber es ist immer eine Begünstigung, wenn sie auf Erden weilen. Ihr Menschen wisst nicht, welche Gnade euch zuteilwird, da Nate’re in menschlicher Gestalt mitten unter euch ist.«
Philip nickte, aber er verstand nichts. Eine Weile starrte er ins Feuer, als ob ihm dies eine Antwort geben könnte, dann sah er wieder zu Leron’das.
»Was ist aus Jar’jana geworden?«
»Sie ist tot«, antwortete der Elbe traurig.
Philip hatte damit gerechnet. Irgendwo tief in seinem Inneren hatte er es bereits gewusst, dennoch schnürten ihm diese drei Worte die Kehle zu.
»Und Lume’tai?«, fragte er. »Hast du sie nach Hause gebracht?«
»Sie war von Anfang an zu Hause. Sie ist bei deiner Mutter«, antwortete Leron’das.
»Aber dort ist sie nicht sicher. Wenn jemand herausfindet, was sie ist, dann …«
Leron’das legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn ernst an.
»Nate’re hält sie in ihren Armen. Glaub mir Philip, es gibt keinen Platz auf dieser Welt, an dem sie in ihrem zarten Alter besser aufgehoben wäre.«
Philip schob Leron’das Hand von seinem Arm weg. »Wie kommst du eigentlich darauf, dass meine Mutter Nate’re ist? Nate’re ist eine Göttin, das hast du selbst gesagt, und meine Mutter ist ein Mensch!« Er funkelte ihn an, als ob er ihn bei einer Lüge ertappt hätte. Aber Leron’das war sich seiner Sache sicher und antwortete ganz ruhig.
»Das Göttliche – wenn du es so nennen willst – ist wandelbar. Manchmal ist es ein Kiesel, der auf deinem Wege liegt und dich zu Fall bringt, manchmal ein Quell, der dich vor dem Verdursten bewahrt. Oft ist es da, wo wir es am wenigsten erwarten.«
Philip sah ihn immer noch skeptisch an.
»Wie kann Gott mal hier und mal da sein?«
Leron’das lächelte nachsichtig. Menschen waren ein wirklich eigentümliches Geschlecht. Sie waren zu fast jedem Aberglauben bereit, erkannten aber die offensichtlichen Dinge in ihrem Leben nicht. Er drückte Philip eine Schale mit der dampfenden Flüssigkeit in die Hände und sah ihn ernst an.
»Wie gesagt, weiß ich nicht viel über euren Gott, aber ich weiß genug über unsere Nornen, und ich weiß, was ich gesehen habe. In deiner Mutter lebt Nate’re, das ist eine Tatsache.« Er sah Philips misstrauischen Blick und wusste, dass er ihn noch nicht überzeugt hatte. »Deine Mutter ist Hebamme«, erklärte er. »Wie viele Kinder sind bei den Geburten, die sie begleitet hat, gestorben? Gab es Mütter, die
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