Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
wäre er zweifellos nicht bis hierhergekommen.
Man hatte Leron’das gelehrt, dass Menschen für die meisten Künste eines Zauberers nicht empfänglich waren. Verletzungen, die von den Klingen der Zauberer herrührten (und hier bestand überhaupt kein Zweifel, was die Verletzung herbeigeführt hatte), waren zwar schmerzhafter und heilten schwerer, aber sie waren nicht gefährlicher als jede andere Verletzung der gleichen Art. War der Junge elbischen Blutes oder hatte der Zauberer einen Weg gefunden, wie er auch den Menschen gefährlich werden konnte? Leron’das schob diesen Gedanken von sich, denn die Behandlung forderte seine ganze Aufmerksamkeit. Vorsichtig kühlte er das Bein und begann die Wunde zu reinigen. Als er damit fertig war, legte er frische Rinde auf, die er im gleichen Rhythmus wie den kühlenden Lappen erneuerte. Der Junge war zum Glück nicht bei Bewusstsein, trotzdem zuckte er ab und zu.
Der Morgen graute, als Lu seinen Kopf in das behelfsmäßige Zelt steckte. Leron’das hatte ihn vergessen und sah erschrocken auf. Der Esel legte die Ohren an und den Kopf schief.
»Ich bin noch nicht so weit, aber deinem Freund geht es schon besser«, versicherte der Elbe lächelnd. »Wir werden dich bald brauchen.«
Als ob er jedes Wort verstanden hätte, drehte sich der Esel um und ging grasen.
Sobald Philip reisetauglich war, wollte Leron’das aufbrechen und einen besseren Ort finden, an dem er die Behandlung fortsetzen konnte. Zwar hatte er außerhalb des Alten Waldes nur noch selten die Spuren derer entdeckt, die dem Jungen folgten, trotzdem wollte er einen Sicheren Ort haben, an dem sein Schützling genesen konnte.
Der Tag war schon fortgeschritten, als Philip die Augen öffnete. Sein Blick irrte ziellos umher und blieb kurz an Leron’das haften. Dann fielen ihm die Augen wieder zu. Nach einer Weile schlug er sie noch mal auf. Diesmal suchte er gezielt den Elben. Schweigend starrte er ihn an, bis er die Augen erneut schloss.
Leron’das befühlte seine Stirn. Das Fieber war zwar deutlich gesunken, aber es war nicht weg, genauso wenig wie die Schmerzen. Immer noch zuckte Philips Fuß, wenn er die Wunde berührte. Zumindest die Schwellung war weitestgehend abgeklungen, und nur noch der Fuß und der Unterschenkel glühten von der Hitze der Entzündung. Jetzt, da Philip wach wurde, konnte Leron’das mit einem weiteren Teil der Behandlung beginnen. Er stellte ein Gefäß mit Wasser in die Flammen, streute einige Kräuter ein und löste ein Pulver darin auf. Als es kochte, nahm er es aus dem Feuer und ließ es abkühlen. Vorsichtig träufelte er den Sud auf Philips Lippen. Der öffnete schwerfällig die Augen. Leron’das hielt ihm den Kopf und ließ ihn langsam trinken. Diesen Vorgang wiederholte er mehrmals, ehe Philip alleine sitzen konnte und die Schale unsicher mit beiden Händen festhielt. Sie hatten noch kein Wort miteinander gesprochen. Philip leerte die Schale, stellte sie neben sich und krächzte: »Danke.«
Leron’das neigte den Kopf. »Es freut mich, dass es dir bessergeht.«
»Bist du ein Elbe?«, fragte Philip
»Mein Name ist Leron’das. Deine Mutter schickt mich.«
Philip zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
»Dann weißt du, wer ich bin?«
Leron’das nickte. »Das weiß ich.«
Philip legte sich zurück und schloss die Augen.
»Ich war schon fast tot.« Er hob den Kopf und sah den Elben aus klaren grünen Augen an. »Du hast mir das Leben gerettet. Ich stehe in deiner Schuld.«
Leron’das zuckte mit den Schultern. »Nicht mehr, als ich in deiner Schuld stehe«, erwiderte er ernst. Philip sah ihn verständnislos an und schüttelte leicht den Kopf, während er sich auf die Decke legte.
»Wir sprechen später noch mal darüber. Ich bin noch viel zu schwach zum Streiten.«
»Du musst dich schonen«, pflichtete Leron’das ihm bei. »Wir werden heute noch weiterreisen.« Vorsichtig legte er einen frischen Umschlag auf die Wunde und kühlte die Wade.
»Hm«, war alles, was Philip dazu sagte, doch selbst in diesem kurzen Brummton waren seine Zweifel nicht zu überhören. Leron’das lächelte verstohlen. Eine Weile war es ganz still. Der Elbe huschte lautlos wie ein Schatten zwischen dem Feuer und Philip hin und her. Er kochte einen weiteren Sud aus anderen Kräutern und legte einige Steine hinein, die ausgekochten Kräuter verteilte er anschließend auf Philips Fuß.
»Ich war irgendwo in der Dunkelheit, und sie hat mich zurückgeschickt«, erzählte Philip mit geschlossenen
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