Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Balken verschwand und von unzähligen Nägeln durchbohrt wurde.
Der Marktplatz war zu einer Festung für Schafe geworden. Alle Zufahrtsstraßen und Gassen waren verstopft, nur noch an wenigen Stellen konnte man auf den Platz gelangen. Die Schafe standen dicht aneinandergedrängt und blökten unglücklich. Zu dieser Jahreszeit grasten sie normalerweise auf einer saftigen Wiese, vielleicht sogar drüben auf dem Riedelberg, und kamen nur nachts in einen Pferch, in dem sie die Hunde und die Hirten besser vor den Wölfen und Luchsen beschützen konnten. Hier auf dem Platz wurden sie jetzt schon mit dem Heu gefüttert, das eigentlich für den Winter gedacht war.
Als die Nacht hereinbrach und jeder auf seinem Posten Stellung bezogen hatte, lief Agnus durch die Straßen und über die Stege. Sein Schwert saß locker in der Scheide, jederzeit bereit, herauszufahren und einem Gnom den Schädel zu spalten.
Männer wie Frauen standen Wache und spähten schweigend in die Dunkelheit. Nur wenige Worte wurden gewechselt. Alle paar Stunden wurden die Wachen von anderen abgelöst. Niemand ging wirklich schlafen, sondern sie blieben alle in der Nähe und suchten sich eine Stelle, wo sie für einige Zeit die Augen schließen konnten. Agnus überlegte, wie viele Soldaten er brauchen würde, um die Stadt zu schützen und die Bewohner so weit zu entlasten, dass sie wieder ihrem Tagwerk nachgehen konnten.
Da sah er einen Schatten unter einem der Stelzenhäuser. Sein Schwert glitt aus der Scheide, doch der Gnom hatte ihn ebenfalls bemerkt und war lautlos verschwunden. Stunden später half er an einem der abgelegenen Hühnerställe zwei Gnomleichen wegzutragen.
Während ein Mann gegen den ersten Gnom gekämpft hatte, versuchte der zweite Gnom über ein Fenster in den Stall einzudringen. Die Frau – es war eine kleine, schmächtige Person und sie zitterte immer noch am ganzen Körper – hatte ihm mit der Axt den Schädel eingeschlagen.
In den frühen Morgenstunden entdeckte Agnus noch einmal eines dieser Biester, das in gebückter Haltung durch die Abwassergräben schlich. Diesmal nahm er den Bogen und erlegte den Gnom.
Sieben Angriffe wurden in dieser Nacht gezählt, und es gab drei verletzte Frauen und fünf tote Gnome.
In der hellen Morgensonne wurden die Leichen auf einer Wiese vor der Stadt verbrannt.
Mit verschlossenen Gesichtern standen einige Menschen dabei, als der Scheiterhaufen angezündet wurde, aber die meisten waren bereits zu Bett gegangen, denn schon in wenigen Stunden mussten sie sich dem Kampf aufs Neue stellen. Agnus versuchte sich so in den Wind zu stellen, dass der Gestank der verbrannten Kadaver von ihm fortgeblasen wurde.
Ein Reiter preschte die Straße entlang und hielt auf die Menschenansammlung zu. Erst im letzten Moment zügelte er sein Pferd und rief über die Köpfe der Menschen hinweg.
»Ich suche den Herrn Baron.«
Agnus kannte den Mann nicht. Seiner Kleidung nach zu urteilen, kam er nicht aus dem Wildmoortal.
»Da bin ich!«, sagte er. Mit einem Mal fühlte er sich entsetzlich müde. Er trat auf den Reiter zu. Der sprang vom Pferd und zog artig seinen Hut.
»Das ist für Euch, Herr. Ich soll hier auf eine Antwort warten.«
Die Rolle trug das Siegel des Königs. Ein unangenehmes Gefühl bemächtigte sich seiner, als er mit zitternden Fingern das Siegel zerriss.
20. Von Krähen und Gnomen
W ährend die Sonne im baumlosen Osten gnadenlos höherstieg, wurden Philip und Walter immer unruhiger. Seit zehn Tagen ritten sie nun jede Nacht und versteckten sich bei Tag. Wenn sie kurz irgendwo anhielten, um Lebensmittel zu kaufen, sahen sie die Krähen fliegen, und nach dem unangenehmen Zusammentreffen mit dem Mann im Gasthof hatten sie darauf verzichtet, noch einmal einen Schankraum zu betreten.
Mit Hilfe von Leron’das' Tuch war es ihnen bisher jedoch immer gelungen, sich tagsüber vor neugierigen Augen zu verbergen. Dennoch wussten sie, dass man ihnen folgte.
Vor fünf Nächten hatten sie die letzten Hügel hinter sich gelassen und ritten nun durch flaches Grasland. Wälder gab es hier nur selten, und wenn doch irgendwo eine Ansammlung von Büschen und Bäumen auftauchte, dann nur, weil sich in ihrem Schatten die Häuser von Menschen befanden.
Sie hielten sich weit südlich der Straße, damit diejenigen, die ihrer Spur folgten, glaubten, sie wollten über den Pass nach Mendeor flüchten.
Philip sah sich nach allen Seiten um, aber in allen Himmelsrichtungen bot sich ihm dasselbe Bild.
»Es sieht
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