Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
tun.
»Schau, sie ist wie alle Kinder, sie mag einfach nicht angezogen werden«, sagte Feodor lächelnd. »Dabei ist das gar nicht schlimm, und du wirst sehen, kleine Fee, danach fühlst du dich bestimmt viel besser«, flüsterte er, wickelte den Rest der Windel um ihren Bauch und schnürte die Bänder des Hemdchens darüber zusammen. Dann steckte er die Beinchen in etwas, das wie ein kleiner Sack aussah, und band auch diesen fest. Zum Schluss setzte er ihr noch ein winziges Mützchen auf und hob sie hoch.
»Jetzt siehst du wie ein richtiger kleiner Mensch aus«, sagte er und legte sie zurück auf den Bauch ihrer Mutter. »Ein etwas weniger blutiges Kleid wäre für sie wahrscheinlich auch nicht schlecht, aber ich denke, damit warten wir doch lieber auf deine Mutter.« Er sah Philip mit einem Augenzwinkern an. »Allerdings müssen wir ihr Wadenwickel machen, damit das Fieber etwas nachlässt.« Er zog Philip aus dem Zimmer.
Gemeinsam gingen sie in die Küche hinunter. Feodor bereitete die Wadenwickel vor und stieg dann noch einmal nach oben. Diesmal blieb Philip auf dem Hocker in der Küche sitzen. Um sich abzulenken, trennte er die sauberen Windeln von denen, die erst noch gewaschen werden mussten. Doch er konnte nicht umhin, sich vorzustellen, wie sein Vater der Elbin das Kleid bis zu den Knien hochschob, um die kalten Tücher anzubringen.
»Was für ein Tag«, murmelte er.
Der Stapel mit den sauberen Sachen war deutlich kleiner als der andere, also musste der Waschtag wohl oder übel vorgezogen werden. Philip zündete ein Feuer an und stellte den großen Wassertopf auf den Ofen, als sein Vater in die Küche kam.
»Wir haben zwei Märchenwesen im Haus. Wie lange wird es dauern, ehe die halbe Stadt das weiß?«, fragte er und ließ sich geräuschvoll auf einen Hocker sinken.
»Hm«, machte Philip. »Eine Geschichte dazu würde es schon geben, aber die kommt erst in die Stadt, wenn Elvira ihr Kind hat.«
»Aha …«, sagte der Vater, »und was ist das für eine Geschichte?«
Philip grinste. »Ich habe Elvira erzählt, deine entfernte Cousine wäre mit ihrem Kind überraschend bei uns aufgetaucht.«
Der Vater sah ihn skeptisch an.
»Sie hat mich ausgefragt!«, verteidigte sich Philip. »Was hätte ich ihr sonst erzählen sollen?«
»Ich mach dir doch keine Vorwürfe. Bis deine Mutter wiederkommt, müssen wir versuchen, unsere Gäste geheim zu halten, dann überlegen wir gemeinsam, wie es weitergeht.« Feodor kratzte sich am Kopf. »Wenn das nur gutgeht.«
»Die Wäsche und die Wiege sollten wir in diesem Fall erst mal in das Zimmer der Elbin stellen«, meinte Philip und räumte die Sachen vom Tisch. »Weiß Ruben eigentlich, dass du in den Wald gehst?«, fragte er unvermittelt.
»Nein!«, brummte Feodor. »Wo denkst du hin. Das ist Wildern und kann mich meinen Kopf kosten.«
Philip erzählte seinen kleineren Brüdern gerade eine Geschichte von Thomas dem Waldläufer, als Phine erschöpft nach Hause kam. Jaris und Jaden schliefen bereits.
Als endlich Ruhe einkehrte, merkte Philip, wie langsam die Anspannung von ihm abfiel. Müde setzte er sich an den Küchentisch, an dem seine Mutter gerade die Reste des Reispuddings aß, den es zum Abendessen gegeben hatte.
»Das ging doch schnell bei Elvira«, sagte Philip.
»Ja …«, antwortete Phine. »Wie geht es unseren Gästen?«
»Es ist ein Mädchen«, erwiderte Philip, und Phine lachte.
»Ich muss nach ihnen sehen. Dein Vater hat gesagt, sie war am Nachmittag ein paar Stunden wach.« Damit ging sie nach oben, und Philip blieb alleine in der Küche zurück.
Nachdem er eine Weile Löcher in die Luft gestarrt hatte, dachte er daran, sein Buch vom Speicher zu holen. Es gab keine Geheimnisse mehr, und das Wissen würde ihnen von Nutzen sein.
Er wachte auf, als er die Schritte seiner Mutter auf der Treppe hörte. Schnell rieb er sich die Augen und versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. Sein Nacken fühlte sich steif an, und auf einer Wange spürte er deutlich den Abdruck der Tischkante.
»Wie geht es ihr?«, fragte er. Phine sah besorgt aus, sie wiegte den Kopf hin und her.
»Sie hat Fieber, sie hat Schmerzen, und sie hat Angst«, sagte sie. »Und was am schlimmsten ist, sie weiß offensichtlich gar nichts von Kindern und vom Kinderkriegen. Wenn ich sie richtig verstanden habe, hat sie noch nie zuvor ein Kind gesehen.« Sie seufzte. »Und ich weiß in dieser Hinsicht nichts von Elben … also werde ich für Mutter und Kind das tun, was ich für jede
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