Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Agnus und du und dein Freund seid bis jetzt immer noch die einzig freundlichen Menschen, die ich auf dieser Burg kennengelernt habe. Dieses Hochwohlgeboren strengt mich gewaltig an, und jetzt soll ich mich auch noch zu diesen Gecken auf dem Fest des Königs gesellen.«
Walter sah Agnus ernst an.
»Ich werde auch da sein, und ich werde zu einer angemessenen Anrede verpflichtet sein. Aber ich bin froh, dass ich mich nicht in Euch getäuscht habe, und würde mich noch mehr freuen, Euch an einem anderen Abend wieder beim Mauerwirt zu sehen.«
»Ich werde kommen, aber nur, wenn ich dort nicht Baron sein muss, mein Freund.« Agnus lächelte und legte Walter die Hand auf die Schulter.
»Ich danke dir«, antwortete Walter leise.
In Gedanken versunken lief Agnus zurück in sein Quartier und zog sich um, ehe er sich auf den Weg zu seiner Verabredung mit Hilmar machte.
»Ob du es glaubst oder nicht«, begann Hilmar, »als ich vorhin einen meiner Männer mit einem Brief an meine Frau in die Heimat schicken wollte, habe ich ihm gesagt, dass er sich in den südlichen Provinzen ein wenig umhören soll, weil mir zu Ohren gekommen ist, dass da irgendetwas möglicherweise sein Unwesen treibt. Da fragt er mich tatsächlich, ob ich das Gerücht von den Gnomen gehört hätte, die jetzt überall in den Helmsholm Hügeln umherlaufen sollen.« Hilmar presste die Lippen aufeinander.
»Wie ich es dir gesagt habe«, bemerkte Agnus knapp.
»Die Viehzüchter des Königs aus den Helmsholm Hügeln haben angeblich schon vor Wochen einen Abgesandten ins Schloss geschickt«, fuhr Hilmar fort. »Der König will ihn nicht anhören. Ich sag dir, Agnus, ich habe meinen Mund fast nicht mehr zubekommen.«
»Wieso hat dir keiner davon berichtet?«, fragte Agnus.
»Sie sagen, sie hätten es versucht, aber ich sei entweder nicht da gewesen oder ich hätte keine Zeit gehabt, und außerdem waren sie sich nicht sicher, ob ich sie nicht auslachen würde, wenn sie mir von dem Gerede erzählt hätten.«
»Vielleicht gelingt es uns noch heute Abend, unbefangen mit dem König zu reden«, schlug Agnus vor.
»Wir müssen, Agnus! Lieber heute als morgen. Es muss etwas geschehen! Solange es nur die Rinder des Königs betrifft, ist es mir ja noch relativ egal, aber wenn diese Kreaturen im Moor sind, dann treiben sie sich bestimmt auch auf den Wiesen und in den Wäldern entlang des Säbelflusses und vielleicht auch schon in meinem Garten auf der Weideninsel herum.« Aufgeregt lief Hilmar mit großen Schritten im Raum auf und ab.
»Deine Frau ist tüchtig, ich denke, in deinem Garten werden sie noch nicht sein …«
»Du hast recht, Annamarie würde sie, wenn es notwendig ist, mit dem Besen erschlagen oder zumindest mich damit wieder in ihr Schlafgemach scheuchen.« Er grinste beinahe verlegen und fügte hinzu. »Es wäre schon schön, wieder zu Hause zu sein.«
Agnus sagte nichts. Für ihn gab es auf der ganzen Welt nur einen Ort, an dem er leben wollte, und es gab auch nur eine Frau, an deren Seite er sein wollte.
Sie war die Mutter seiner Kinder, und nur mit ihr wollte er alt werden. Aber das hatte noch ein paar Jahre Zeit. Sie hatten erst zwei Söhne und eine winzige Tochter, und Agnus konnte sich gut vorstellen, noch ein paar Rabauken mehr in seiner Halle toben zu sehen, und auch noch ein paar Töchter, die so schön werden würden wie ihre Mutter.
Er war noch keine drei Wochen von zu Hause weg, und die Sehnsucht nach seinen Lieben begann bereits, ihn zu quälen.
In der Halle des Königs war einiges los. Die Tische waren eingedeckt, und Agnus und Hilmar begaben sich zu den ihnen zugewiesenen Plätzen, doch während Hilmar ganz selbstverständlich Höflichkeiten oder kleine Scherze mit dem einen oder anderen austauschte, musste sich Agnus beherrschen, um nicht unruhig an den Aufschlägen seines Hemdes zu zupfen. Sein Kragen kratzte, und das Wams war um die Brust herum etwas zu eng, so dass er immer befürchtete, die Nähte könnten bei einer unbedachten Bewegung aufplatzen. Stocksteif setzte er sich auf den Stuhl. Er wusste nicht, was er mit seinen Händen anfangen sollte, und auch seine Beine wollten nicht ruhig bleiben, also stand er wieder auf. Genau im richtigen Moment, denn König Leonidas betrat die Halle. Das Gemurmel verstummte sofort. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Einen kurzen Moment lang war Agnus dem König zugetan, weil dieser auf eine große Ankündigung seines Erscheinens durch Fanfaren oder Ähnliches verzichtet hatte, doch dann
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