Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
ein. Ein Bogen.
»Mit etwas Übung könntest du damit einen Hasen oder einen Vogel erlegen. Allerdings musst du dich recht nahe heranpirschen. Ich habe auch zwei Pfeile für dich.« Er schüttelte die andere Hälfte des Stabes und ließ die eisenbewehrten Spitzen hervorschauen, ehe er den Bogen wieder auseinanderbaute und alles in dem Stab verschwinden ließ.
»Danke«, sagte Philip schlicht, da er völlig überwältigt war und ihm weitere Worte fehlten. Der Vater nahm ihn in den Arm und klopfte ihm kräftig auf die Schulter.
»Pass gut auf dich auf und komm gesund wieder.«
Philip löste sich aus der Umarmung. »Ich werde die Stadt finden, und dann wird alles gut.«
»So wird es sein.« Philip wandte sich zum Gehen, nicht ohne seinen Vater noch einmal lange angeschaut zu haben. Feodor sah ihm nach, wie sein Ältester sich mit federnden Schritten entfernte, sich noch einmal umdrehte und jungenhaft grinste, ehe die Tür hinter ihm ins Schloss fiel.
»Mögen Gott und alle guten Geister mit dir sein«, murmelte Feodor.
Auf dem Rückweg von der Schmiede lauschte Philip dem leisen Klirren der Kettenglieder, spürte ihre kitzelnde Berührung in der Ellbeuge und fragte sich, wie sein Vater zu diesem Hemd gekommen war. Erst als er die Küche betrat, fiel ihm auf, dass er immer noch nicht wusste, wie und wo er Theophil treffen würde. Mutter war nicht da, und so schlich er nach oben, lauschte an Jar’janas Zimmertür, und erst als er von drinnen nichts hörte, begann er einige Sachen zusammenzusuchen, von denen er dachte, dass er sie in den nächsten Tagen brauchen würde.
Es war nicht viel, nur das Messer, welches sein Vater ihm zu seinem fünfzehnten Geburtstag geschenkt hatte, ein paar Feuersteine, eine Decke und ein sauberes Hemd, denn er wollte nicht in schmierigen und womöglich zerrissenen Sachen vor die Elben treten. In einem Strumpf hatte er einige Münzen gehortet. Die packte er auch ein.
Er war gerade damit fertig, als seine Brüder aus der Schule kamen.
Johann und Jacob stritten darüber, wer die bessere Steinschleuder hatte. Eine Steinschleuder konnte durchaus nützlich sein, überlegte Philip, kramte seine alte Schleuder hervor und legte sie zu seinen Sachen.
»Was machst du mit diesem schäbigen Ding?«, fragte Johann.
»Du hast gepackt? Wo willst du hin?«, setzte Jacob nach.
»Ich? … also …«
»Philip geht heute noch zu Vaters Schwester nach Mendebrun«, antwortete die Mutter an seiner Stelle.
»Ach so«, sagte Johann. Er kannte die Schwester des Vaters kaum. Mendebrun lag etwa zwei Tagesmärsche nördlich von Waldoria.
»Alleine?«, fragte Josua.
Philip nickte, denn er brachte es nicht fertig, seinem Bruder ins Gesicht zu lügen.
»Du kannst dort unmöglich mit dieser alten Steinschleuder auftauchen. Das macht keinen guten Eindruck«, tadelte Jacob.
Langsam spürte Philip, wie ihm warm wurde, und ihm fiel immer noch nicht ein, was er sagen sollte.
»Nimm meine. Ich bau mir 'ne neue.« Jacob hielt ihm die Schleuder entgegen. Philip zögerte.
»Nimm sie«, sagte jetzt auch Johann. »Damit kannst du weiter schießen als jeder andere. Und bis Jacob sich eine neue gebaut hat, kann ich der Beste sein.«
»Ha«, rief Jacob. »Jetzt gibst du es endlich zu!«
Philip war gerührt. »Danke«, sagte er schlicht und legte die Schleuder zu seinen übrigen Sachen.
»Wann kommst du zurück?«, fragte Josua und legte den Kopf schief.
»Bald«, versprach Philip. »Es wird nur einige Tage dauern.« Obwohl er glaubte, diesmal bei der Wahrheit geblieben zu sein, blieb der schale Geschmack einer Lüge in seinem Mund zurück.
Zu viele Geheimnisse hatte es in den letzten Tagen gegeben, und es wurden jeden Tag mehr.
»Wir sollten jetzt essen. Philip, du musst dann los, damit du es heute noch bis Wegscheid schaffst.« Philip sah seine Mutter mit großen Augen an. Was bitte sollte er in Wegscheid? Und seit wann brauchte man einen ganzen Nachmittag, um dahin zu gelangen? Aber seine Mutter musterte ihn eindringlich, und erst da bemerkte Philip ärgerlich, dass sie mehr über sein Vorhaben wusste als er selbst.
Nach Wegscheid also! Dort, so vermutete er, würde er dann Theophil treffen.
Bei Tisch stritten Jacob und Johann darüber, wer am weitesten springen konnte. Jaris und Jaden kicherten unentwegt. Lume’tai füllte ihre Windel und begann daraufhin lauthals zu schreien, so dass die Mutter mit ihr nach oben ging, um sie umzuziehen.
»Warum musst du zu Tante Irmtraut gehen?«, fragte Josua.
»Ich
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