Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Vielleicht kann sie uns helfen … Ich gehe mit dir.«
Philip fühlte sich überrumpelt. So war das nicht geplant gewesen. Er sah seinen Ruhm dahinschmelzen.
Zögernd warf er ein: »Aber ich … wir haben jetzt eigentlich Unterricht.«
»Unterricht? Nein. Jetzt nicht. Schick die anderen nach Hause. Sag ihnen, ich wäre krank. Sie werden an einem so schönen Tag wie heute doch bestimmt auch was Besseres zu tun haben, als in einem verstaubten Klassenzimmer einem zerstreuten Lehrer zuzuhören. Und melde bitte deinen Eltern meinen Besuch an.« Damit stand Theophil auf, öffnete das Fenster und löschte die Lampe.
Er entließ Philip und zwinkerte ihm zum Abschied zu.
»Und gute Besserung, Herr Lehrer«, sagte dieser betont laut, als er ging.
»Mach es gut, mein Junge«, flüsterte er.
Theophil war nun schon seit über einer Stunde bei Jar’jana, und sie unterhielten sich flüsternd in einer Mischung aus Menschen- und Elbensprache. Der Lehrer war mit hektisch roten Flecken im Gesicht angekommen, hatte fahrig und unaufmerksam ein paar Höflichkeitsfloskeln mit Philips Mutter ausgetauscht, ehe ihn diese zu Jar’jana brachte. Seither wartete Philip ungeduldig darauf, dass er wieder herauskam und sie endlich alles Weitere besprechen konnten.
Mit hängenden Schultern ging er in die Küche. Da stand seine Mutter und hielt Lume’tai auf dem Arm, während sie mit der freien Hand die Marmelade umrührte, die leise über dem Feuer blubberte.
»Da, nimm du sie, dann kann ich den Topf runterheben.« Sie streckte Philip das Kind entgegen. Er nahm es vorsichtig und ließ sich in dem Sessel nieder.
»Meinst du nicht, Theophil könnte Jar’jana überanstrengen?«, fragte er, während seine Augen in denen von Lume’tai ertranken.
»Hm«, machte seine Mutter. »Das kann schon sein. Aber ich wüsste nicht, wie wir ihr sonst helfen könnten. Heute geht es ihr sehr viel schlechter. Die Entzündungen in ihrem Körper greifen um sich, und die Mittel, die ich zur Verfügung habe, sind in einem solchen Fall mehr als dürftig. Vielleicht haben Elben bessere Heiler.« Sie musterte Philip, aber er merkte es gar nicht. Er spielte mit Lume’tais Fingern.
»Der Erlass des Königs bereitet mir große Sorgen.«
»Wir hätten ihre Anwesenheit ohnehin geheim gehalten«, erwiderte Philip gleichmütig. »Abgesehen davon bin ich mir nicht sicher, ob man sie überhaupt als Elbin erkennen könnte, wenn sie ihre spitzen Ohren unter einer Haube verbergen würde. Wahrscheinlich könnte eine ganze Schar von Elben in menschlicher Kleidung über den Burghof laufen und der König hätte keine Ahnung …« Der Hauch von Unbekümmertheit und Abenteuerlust in seinen Worten verlangte seiner Mutter einen besorgten Blick ab.
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, wandte sie ein.
Philip starrte immer noch auf Lume’tais Gesicht, aber die war in seinen Armen eingeschlafen.
»Wie es aussieht, werden sie das nicht tun. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als sie zu suchen.«
»Schläft sie?«, fragte Phine, um vom Thema abzulenken. »Dann leg sie zurück in die Wiege. Sie war sehr erschöpft, und ich glaube ihre Mutter fehlt ihr. Irgendwie scheint sie mehr von dem zu verstehen, was hier geschieht, und ich glaube nicht, dass ihr das guttut. Der Unterschied zu Elviras Kind, das nur isst, schreit und schläft, könnte nicht größer sein. Lumi sieht uns an und hört uns zu, und sie kennt dich und mich und auch die anderen. Ich bin sicher, dass sie auch weiß, wie schlecht es ihrer Mutter geht. Dabei ist sie noch viel zu klein für solchen Kummer.«
Philip stand auf und legte Lume’tai vorsichtig in ihre Wiege, blieb daneben stehen und beobachtete ihren Schlaf.
Erst als er Theophils Schritte auf der Treppe hörte, riss er sich von dem Anblick des winzigen Mädchens los.
Theophil sah sich prüfend in der Küche um.
»Können wir ungestört sprechen?«, fragte er skeptisch. Phine nickte und Philip meinte:
»Außer uns ist keiner da.«
»Gut«, sagte Theophil und ließ sich auf einen Hocker plumpsen. »Es wird nicht leicht werden, und es könnte gefährlich sein. Ich werde alleine gehen.«
»Nein«, rief Philip. »Ihr könnt nicht alleine gehen.« Er sah bereits alle Hoffnung schwinden, aber er war nicht bereit, kampflos aufzugeben. Schnell suchte er nach guten Gründen und überzeugenden Argumenten. Es war seine Aufgabe, und er würde auf keinen Fall wie ein Kind zu Hause bleiben. »Ich kenne alle Rituale«, erklärte er. »Und Ihr habt selbst
Weitere Kostenlose Bücher