Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Theophil zu erwarten. »Komm rein Junge, zieh dir was Trockenes an und iss was. Wenn ich die Kühe gemolken hab, erzählst du mir, was mir mein Vetter zu sagen hat.« Sie schob Philip ins Haus. An der Tür angekommen, mussten sie sich beide bücken.
Das Haus war sehr klein und bestand aus nur einem einzigen Raum. Der Herd war nicht mehr als eine Feuerstelle, über die ein Rauchabzug gemauert war, der wahrscheinlich unter dem Dach endete. In einer schrankähnlichen Nische stand ein Bett. Mathilda schloss die beiden Holztüren, so dass es nicht mehr zu sehen war. Sie öffnete eine Truhe und förderte ein grobes Hemd zutage, das sie Philip entgegenwarf. Er fing es auf.
»Zieh das mal an, bis ich auch ein paar Beinkleider für dich gefunden habe.« Sie bemerkte Philips suchenden Blick und lachte. »Nun mach schon Junge, ich guck dir schon nichts weg.«
Philip wollte trotzdem nicht im strahlenden Glanz seines Kettenhemdes vor dieser fremden Frau stehen. Ehe er aber noch etwas sagen konnte, warf sie ihm auch eine Hose zu. Sie drehte sich um und holte aus dem Schrank ein Brot und Marmelade, ehe sie in die hinterste Ecke des Raumes huschte, eine Bodenklappe hochhob und die Leiter in den Keller hinunterstieg.
Philip nutzte die Gelegenheit, um schnell aus seinem nassen in das trockene Hemd zu schlüpfen, ehe Mathilda mit einem Fässchen Butter die Leiter wieder hochkam.
»Iss! Ich muss jetzt die Mädels melken und rauslassen«, sagte sie und ging.
Der Duft des Brotes ließ Philip das Wasser im Mund zusammenlaufen. Wie lange hatte er schon nichts mehr gegessen? Theophil hatte für sie beide Pilze zubereitet … Energisch wischte er sich die Tränen weg, griff nach dem großen Messer und schnitt sich eine kräftige Scheibe Brot ab. Es schmeckte himmlisch. Noch nie zuvor hatte er ein solch gutes Brot gegessen. Die erste Scheibe war schnell weg, und Philip schnitt sich eine zweite runter, die er weniger hastig verzehrte.
Eine Weile überlegte er, ob er noch eine weitere Scheibe Brot essen sollte, dann schlug er das Tuch um das Brot und verschloss die Gefäße mit der Butter und der Marmelade. Langsam humpelte er zu dem kleinen Fenster und starrte hinaus in den taufeuchten Garten.
Die Tür ging laut quietschend auf, und er fuhr erschrocken herum. Mathilda schleppte einen schweren Eimer, den sie neben den Herd stellte. Mit einer Kelle schöpfte sie etwas Milch daraus in zwei Becher und stellte sie auf den Tisch.
»Jetzt erzähl, was Theophil mir zu sagen hat«, bat sie, während sie sich auf den Hocker setzte. »Was ist mit deinem Bein los?«
»Ich hab mich verletzt«, antwortete Philip, aber es gelang ihm nicht, einen beiläufigen Ton anzuschlagen.
Mathilda kam um den Tisch herum, um sich das Bein anzusehen.
»Zeig mal her«, sagte sie, und Philip gehorchte.
Vorsichtig löste sie den behelfsmäßigen Verband und stieß leise pfeifend die Luft aus, als sie die Wunde sah.
»Das sieht nicht gut aus.« Sie lief zu einem kleinen Schrank. »Erzähl mir, was passiert ist. Wo ist Theophil?«
»Er ist … ist … tot – glaube ich.« Philips Stimme zitterte. »Wir waren gemeinsam im Alten Wald, als plötzlich Soldaten auftauchten. Er wollte mich retten und ist dabei selbst von einem Pfeil getroffen worden.« Er weinte. Mathilda stand wie vom Donner gerührt vor dem Schrank und starrte Philip sprachlos an.
»Niemand wollte ihm helfen«, fuhr Philip leise fort. »Sie haben uns gefesselt und dann nicht weiter beachtet. Theophil hatte ein Messer im Stiefel, er sagte, ich solle mich befreien und fliehen, danach soll ich weiter nach Saulegg.«
»War er schon wieder auf der Suche nach Elben?«, fragte Mathilda.
Philip nickte.
»Wo ist er jetzt?«, fragte sie weiter.
»Sie haben ihn mitgenommen«, schluchzte Philip. »Der König ist mit ein paar Männern zurückgeritten und hat ihn mitgenommen.« Mathilda war blass geworden. Sie kam zu Philip herüber und strich ihm über das Haar.
»Erzähl mir alles und ruh dich dann aus. Mein Haus wird dir Schutz bieten, bis du weiterreisen kannst.«
Stockend begann Philip zu erzählen, wie er mit Theophil im Wald nach den Toren von Pal’dor gesucht hatte. Mathilda fragte nicht nach dem Grund für diese Suche, und er hielt es für besser, ihn nicht zu erwähnen. Als er jedoch von dem Gnommesser und dem Zauberer berichtete, unterbrach sie ihn immer wieder mit Zwischenfragen. Er schilderte seine Flucht durch die Nacht und erwähnte auch, dass er leichtsinnigerweise den Bach verlassen
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