Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Burg«, antwortete der breite Mann anstelle des Pagen.
»Was fällt dir ein!«, brüllte der König. »Wer bist du überhaupt?«
»Ruwen Belderan, der Stallmeister. Mir obliegt das Wohl Eurer Pferde, Majestät«, antwortete der Mann, aber seine Stimme klang nicht mehr so fest.
Die Augen des Königs verengten sich zu schmalen Schlitzen.
»Dann wirst du mir jetzt sagen, wer seine schmutzigen Finger auf diesem Gepäck hatte«, knurrte er. »Und dann werde ich dir, anstelle von deinem Stallburschen, das Fell abziehen lassen.«
»Verzeiht Majestät, aber ich entließ diesen Mann, weil er seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und das Gepäck, das Ihr meint, über Stunden verschwunden war. Er sagte, dass ein guter Bekannter ihm bei der Versorgung der Pferde geholfen hat und die besagten Taschen abgeladen hätte. Ich konnte nicht dulden, dass einer, der seine Arbeit nicht gewissenhaft erledigt, noch weiter im königlichen Stall arbeitet.«
Der König holte Luft, um etwas darauf zu erwidern, aber Dosdravan kam ihm zuvor.
»Wer war es, wer hat ihm geholfen?«, zischte er. Ruwen scheute wie ein Pferd vor einer Schlange. Er antwortete und sah dabei den König an. Der war zwar auch unberechenbar, aber zumindest ein Mensch.
»Strupp sagte, Walter Vogelsang hätte ihm geholfen.«
Der König sprang auf und dabei fiel der Becher, der auf der Lehne seines Sessels stand, zu Boden.
»Mein Hofnarr?«, schrie er. »Du bringst ihn sofort hierher!« Der Page nickte unterwürfig und verschwand. Ganz langsam wandte Leonidas sich wieder Ruwen zu. »Du wirst deine Strafe auch noch erhalten, weil du mir so viele Scherereien machst. Wenn du zwei Nächte lang im Kerker Zeit hattest, dir zu überlegen, was für Entscheidungen du triffst, wirst du öffentlich am Burganger ausgepeitscht.«
Ruwen wurde kreidebleich. »Bitte, Majestät, ich betreue seit zehn Jahren Euren Stall, ich konnte nicht wissen, dass dieser unnütze Stallbursche von solcher Wichtigkeit für Euch ist …«
»Führt ihn ab, ich kann dieses Gejammer nicht länger ertragen.« Damit wandte sich Leonidas dem Zauberer zu. Die Angelegenheit war für ihn erledigt.
»Könnt Ihr erschnüffeln, wer seine schmutzigen Finger noch in diesen Taschen hatte?«
»Ich bin doch kein Hund«, fauchte Dosdravan. »Meine Gnome könnten es, sie hätten bestimmt auch diesen Jungen schon längst erwischt.«
»Keine Gnome!« Die Stimme des Königs zitterte vor Zorn und Empörung. »Ich sagte es Euch bereits. Keine dieser Kreaturen kommt auch nur in die Nähe der Burg, es sei denn, Ihr wollt da draußen baumeln, während die Krähen Eure Augen verspeisen.«
Schweigend maßen sich die beiden Männer. Ihre Augen bohrten sich ineinander, wobei jeder versuchte, die Oberhand zu gewinnen.
»Warum sucht Ihr die Elben?«, fragte Leonidas in leichtem Plauderton. Dosdravan schwankte kurz, denn auf das unmittelbare Ende des Machtkampfs war er nicht gefasst gewesen.
»Weil … weil Ihr es befohlen habt«, antwortete er, aber Leonidas grinste spöttisch.
»Warum sucht Ihr die Elben wirklich?«, fragte er abermals, aber sein Ton war jetzt deutlich schärfer.
»Aus dem gleichen Grund wie Ihr, Majestät«, antwortete der Zauberer geschmeidig.
»Ihr wisst gar nichts über meine Gründe, und es geht Euch auch überhaupt nichts an«, fauchte der König. Das süffisante Lächeln in den Mundwinkeln des Zauberers blieb, aber er neigte scheinbar ergeben seinen Kopf.
»Nun, es gibt viele gute Gründe, Elben zu jagen. Eine jahrtausendealte Feindschaft zwischen Zauberern und Elben verblasst nicht einfach so von heute auf morgen. Außerdem verbergen sie viele Geheimnisse vor uns Sterblichen …« Die Tür zum Thronsaal ging auf, und der Page kam zurück. Sein Gesicht war rot von der Anstrengung und gleichzeitig kreidebleich. Auch die Art, wie er da stand und nach Luft japste, ließ den Eindruck entstehen, dass er kurz vor einem Nervenzusammenbruch war.
»Walter Vogelsang ist weg. Er wurde seit gestern nicht mehr gesehen«, keuchte der Page.
»Irgendjemand muss doch wissen, wo er ist«, kreischte Leonidas.
»Ja«, sagte der Page kleinlaut. »Jeder, den ich gefragt habe, wusste es, aber es war immer woanders.«
13. Ala’na zweifelt
A la’na war müde. Seit acht Tagen versuchte der Rat, sich einig zu werden. Zwar waren inzwischen alle davon überzeugt, dass gegen die Gefahr etwas unternommen werden musste, aber was getan werden sollte und wie es getan werden sollte, darüber gab es noch jede Menge
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