Neonazis in Nadelstreifen
Außerparlamentarischer Opposition«. So stand die Fraktion den Hamburger Kameradschaftskadern Thorsten de Vries und Torben Klebe im Juni 2007 bei ihrer Geschäftsgründung bei. In Rostock eröffneten sie den Shop »East Coast Corner«. Beide stammen aus dem Umfeld verbotener Kameradschaftsstrukturen. Ihr Geschäftsmotto lautet: »Von der Bewegung – Für die Bewegung«. Ausgerechnet mitten im alternativ geprägten Stadtteil Kröpeliner-Tor-Vorstadt wollten sie rechte Szenebekleidung und CD s anbieten. Schon die Eröffnung löste Proteste aus. Prompt machte die Pastörs-Fraktion eine Ortsbesichtigung. Presseerklärungen zugunsten des Neonazi-Ladens folgten, ebenso zwei Solidaritätsmärsche. Birger Lüssow, NPD -Abgeordneter und Kader der Kameradschaftsszene in Rostock, richtete sogar sein Bürgerbüro in dem Eckhaus ein.
Als am 15 . Januar 2008 Vermummte in den Laden stürmten, Thorsten de Vries verletzten und den Laden mit seinem Angebot zerstörten, reagierte die NPD -Fraktion sofort. Per Presseerklärung schimpfte Udo Pastörs, nun gehe die »Saat« auf, die die »politische Klasse der Blockparteien« gegen »die nationale Opposition ›mit nahezu pausenloser Hetze‹ und ›hanebüchenen Anschuldigungen‹« lege. Da machte es auch nichts, wenn Aktivisten wie de Vries in der Partei nicht immer wohlgelitten waren. Was zählt, ist die punktuelle Zusammenarbeit.
Die Debatte über das Verhältnis von Partei und Kameradschaften ist nicht neu. Gerade Kameradschaftskader wie Christian Worch warfen bereits in den 90 er Jahren der NPD vor, zu moderat im Programm und zu sehr auf den Parlamentarismus ausgerichtet zu sein. Kein Grund für ihn, heute nicht der Partei zu helfen.
Inhaltliche Differenzen zur Parteiführung müssen nicht zur Einstellung der Zusammenarbeit führen. Auch Michael Schäfer, einst bei der Kameradschaft Wernigeroder Aktionsfront, hat sich für die Zusammenarbeit ganz bewusst entschieden. So konsequent, dass er 2007 den Bundesvorsitz der NPD -Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten übernahm. Der Student der Politikwissenschaften an der Martin-Luther-Universität in Halle / Saale bezog in der »Deutschen Stimme«, dennoch kritisch zur Partei Stellung: Er müsse die » NPD öfters mal daran erinnern« zu müssen, »wo sie herkommen«, denn er würde viele Fehlentwicklungen sehen. Ihm ist in der Partei ein radikaler »moderner Nationalismus« zu wenig verankert. Doch in der Partei will er das ändern, nicht jenseits von ihr. Die JN solle zudem »das Bindeglied zwischen der Mutterpartei und den radikalen Kräften« werden. In der Augustausgabe 2007 der Parteizeitung hob er hervor: »Wir müssen dafür sorgen, dass das Bündnis zwischen […] konstruktiven Gruppen außerhalb der NPD und dem parlamentarischen Arm der Bewegung bestehen bleibt.« Keine leeren Worte. In Sachsen-Anhalt drängten Kameradschaftsanhänger in die JN , und einige ihrer Kader arbeiten in den Parteigremien des Landesverbandes an führender Stelle mit. Für die NPD sitzt Michael Schäfer im Kreistag des Harz-Kreises. Aus Sachsen-Anhalt kam ganz praktische Hilfe für den Wahlkampf in Niedersachsen. Selbstkritisch räumte die JN kurz vor dem Wahltag Ende Januar aber ein, dass »die Unterstützung für den Wahlkampf« von »Sachsen-Anhalt« aus »eher schlecht als recht« gewesen sei.
Der Wahlkampf verlief für Andreas Molau oft nicht wie geplant. In Groß Denkte nahe Wolfenbüttel lebt er. Das handgearbeitete Namensschild am Haus erinnert noch an seine frühere Berufstätigkeit. Aus Naturholz ist der Familienname des ehemaligen Lehrers an der Waldorfschule in Braunschweig geschnitzt. Jahrelang unterrichtete er Deutsch und Geschichte. »Wir haben ihn verkannt«, sagt der Geschäftsführer der Waldorfschule, Michael Kropp, sehr berührt. Im November 2004 musste er das Arbeitsverhältnis mit Andreas Molau aufheben und den Schulbesuch von dessen Kindern untersagen. Denn der beliebte Lehrer hatte eine Beurlaubung beantragt, um bei der sächsischen Landtagsfraktion und bei der »Deutschen Stimme« mitzuwirken. »Man mochte das gar nicht glauben«, erzählt eine Mutter. Viele im Kollegium und der Elternschaft konnten sich nicht vorstellen, dass sie in den acht Jahren seine Gesinnung nicht bemerkt hatten. Mit vielen Aktionen bemühte sich die Schule, dieses Versäumnis aufzuarbeiten. Molau inszenierte sich indes als Opfer.
Zur Landtagswahl ermunterte ihn, wie den gesamten Landesverband, die Kommunalwahl 2006 . Damals gewann die NPD
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