Neonazis in Nadelstreifen
Unterstützung an, allerdings unter der Bedingung, dass die NPD seriöse, aber keine »verspießten Kandidaten« aus Thüringen aufstelle. Einen internen Vertrag zwischen Partei und Kameradschaften, wie in Niedersachsen, schlagen sie vor, auch »wenn Mitglieder des Bundesvorstandes« sich nur schwer mit dem »Gedanken anfreunden (…), dass es Wahlkämpfe nicht mehr zum Nulltarif geben würde«. Als neuen Spitzenkandidat handelte die NPD Thüringen auch sogleich einen alten Bekannten: Andreas Molau. Gern hätten der Landesverband den bemüht bieder und nett wirkenden Niedersachsen in Thüringen antreten lassen. Der Wunsch sei an ihm herangetragen worden, bestätigte Molau, der nach der Wahl in Niedersachsen Pressesprecher der NPD -Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern geworden ist. »Dieses Ansinnen hat mich geehrt, und ich hätte die Kameraden gern unterstützt«, sagt Molau, lehnt aber ab, denn: »Meine Heimat ist und bleibt Niedersachsen.« Frank Schwerdt wird seitdem als Spitzenkandidat gehandelt. Der enge Vertraute des NPD -Bundesvorsitzenden Udo Voigt begann in den 60 er Jahre bei der NPD seine politische Karriere, die er verließ um sich in die CDU und später bei den Republikanern und der Deutschen Liga für Volk und Heimat einzubringen. Anfang der 90 er Jahre versuchte der spröde wirkenden Berliner, in der Bundeshauptstadt und in Brandenburg die zersplitterte Szene in den Verein Die Nationalen e.V zusammenzuführen. Nicht ohne Erfolg. Die Nationalen entwickelten sich zu einem der wichtigen Netzwerke in Ostdeutschland. Ein Verbot des Vereins war schon in der Diskussion, als er seine Auflösung bekannt gab. Schwerdt wandte sich wieder der NPD zu, kam 1998 in den Bundesvorstand, wurde Bundesgeschäftsführer und übernahm 2001 den Landesvorsitz in Thüringen. Seinen Ämtern standen in der NPD Verurteilungen wegen Volksverhetzung und Gewaltverherrlichung nicht entgegen. In der Fernsehsendung »Kontraste« erklärte er schon vor Jahren: »Wir bevorzugen eher das sozialistische Modell, das soziale Modell in diesem Land, allerdings einen Sozialismus, der sich hier auf dieses Land bezieht, auf die Nation. Deswegen sagen wir ›Nationaler Sozialismus‹«. In der Szene gilt er bei den jüngeren Aktivisten als »amtsmüde«. Deshalb sollte er auch aus der Landesführung verdrängt werden. Doch ihm gelang es, das Amt zu behalten und die konkurrierenden Kräfte um Patrick Wieschke, Thorsten Heise und Thomas Gerlach bändigen zu können.
Für die politische Arbeit der NPD sind die Landtagsfraktionen in Dresden und Schwerin strategische Brückenköpfe. Im September 2007 ergab eine Erhebung von Forsa, dass die NPD mit neun Prozent wieder in den Landtag von Dresden käme – sogar noch vor der SPD , die mit acht Prozent ein neues Tief in Sachsen erreichen würde. Ende Dezember 2007 stellte Forsa in Mecklenburg-Vorpommern bei einer repräsentativen Umfrage fest: Die NPD zöge dort ebenfalls erneut ins Schweriner Schloss ein. Mit sieben Prozent bliebe sie nur geringfügig hinter dem Landtagswahlergebnis von 2006 zurück. Das sind Zahlen, die die Parteiführung erfreuen. Sie weiß um die Chance, sich über die Fraktionen bundesweit besser aufstellen zu können. Im niedersächsischen Wahlkampf benannte Andreas Molau die langfristige Perspektive: »Unser Ziel ist, weit mehr als ein paar Sitze in einem Parlament zu erringen«, verkündete er bei einer Veranstaltung in Osnabrück: »Unser Ziel ist, Deutschland zu ändern, hier wieder ein Deutschland herzustellen, in dem wir als Deutsche wieder aufrecht und stolz leben können.«
Andreas Speit
»Intellektuelle Aufrüstung«
Wortergreifung als Politiktaktik – Anschauungen
stehen nicht zur Diskussion – Suche nach modernen Ausdrucksformen – Tradition und Revolte –
»Neue Rechte« und »Alte Rechte« – Schreibmaschine
als Kriegsgerät
Die Sitzbänke in der Pfarrkirche sind alle belegt. Am barocken Altar der evangelischen St.-Marien-Gemeinde steht ein Weihnachtsbaum. Fein geschmückt und hell erleuchtet. Besinnliche Stimmung kommt am 19 . Dezember 2007 in der Gemeinde Boizenburg dennoch nicht auf.
Leises Gemurmel erfüllt das Kirchenschiff. Besorgte Blicke wandern durch die Reihen. »Ist er das?« – »Ja, da vorne sitzt er«, tauscht sich ein Paar aus. »Unglaublich, dass der sich hierher traut«, meint ein Mädchen wenige Bänke weiter. »Das war irgendwie zu erwarten«, sagt der bei ihr sitzende Jugendliche. Der, um den sich die Aufregung in der Kirche dreht, weiß,
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