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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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politischen Gegners. (…) Sobald er eine öffentliche Veranstaltung macht, müssen wir Nationaldemokraten vor Ort sein, um etablierte Politiker und Kandidaten zur Rede zu stellen.« Im selben Jahr machte die Bundesführung der NPD -Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten ( JN ) diese Strategie offiziell zur Doktrin: »In der direkten Konfrontation mit dem Gegner soll dieser nicht mehr in der Lage sein, über die Nationalisten, sondern nur noch mit ihnen zu diskutieren.« Eine Kampfansage, die einen gewissen Machtanspruch demonstriert. Die JN -Publikation »Der Aktivist« formulierte dies bereits 1999 noch deutlicher: »Nur mit einer zeitgemäßen Wortergreifung werden wir Gehör finden für die Notwendigkeit einer Machterlangung, um Besserung für unser Volk zu erwirken. Dies ist keine Frage der Strategie, sondern der Taktik; hier steht keine Anschauung zur Diskussion, sondern nur ihre moderne Ausdrucksform.«
    Diese Forderung einer ideologischen Modernisierung von Seiten der JN war Ende der 90 er Jahre zugleich eine Kritik an der NPD . Denn das Programm und Profil der Partei hielten damals selbst eingeschworene Kader von NPD und JN für zu rückwärtsgewandt. Nur langsam schien Udo Voigt nach seinem Amtsantritt 1996 gemeinsam mit Holger Apfel Kurskorrekturen in der Partei durchsetzen zu können. Interner Widerstand bremste die neue Ausrichtung. Damals missfiel, was NPD -Bundesvize und Fraktionschef in Sachsen Holger Apfel heute oft und offen erklärt: »So wichtig der Kampf um die historische Wahrheit ist: Wir werden daran gemessen, was wir zur Lösung der sozialen Frage beizutragen haben.« In dem von ihm herausgegebenen NPD -Buch »Alles Große steht im Sturm« deutete er 1999 die ideologische Modifizierung an, um die Menschen »dort abzuholen, wo sie stehen«. Nach »jahrelanger Vorarbeit junger Nationaldemokraten«, schrieb er, würde sich das »politische Handeln« der Partei nun »an den Ergebnissen der Naturwissenschaften orientieren und sich zugleich auf die wichtigsten Fragen der Gegenwart konzentrieren«.
    Mit genau dieser Hinwendung zu gegenwärtigen Themen und einem Rückgriff auf vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse bemüht sich die »Neue Rechte«, rechtsextreme Argumentationen und rassistische Ressentiments zu modernisieren. In der Bundesrepublik tauchte der Begriff »Neue Rechte« erstmals 1968 / 69 synonym mit »Junge Rechte« auf. Ursprünglich ist er eine Selbstbezeichnung junger Rechtsintellektueller bei der NPD , die sich von der »alten erstarrten Rechten« distanzieren wollten. Diesen Bezug verschweigt Holger Apfel nicht: Bei den »jungen Nationaldemokraten«, so behauptet er, hätten »Denkansätze der Neuen Rechten längst Einzug gehalten«. Nach dem Wahlerfolg der NPD 2004 in Sachsen, die auf 9 , 2 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen kam, zogen nun auch Vertreter dieser modernisierten intellektuellen extremen Rechten erstmals in den Dresdener Landtag ein.
    Im zweiten Stock des Landtagsgebäudes an der Elbe residiert die NPD -Fraktion. An seinem Schreibtisch feilt Karl Richter an Formulierungen. Die Anstellung bei der Partei hinderte ihn nicht daran, auch für die Bürgerinitiative Ausländerstopp ( BIA ) bei der Kommunalwahl 2008 in München anzutreten. Mit Erfolg: Er zog mit der NPD -nahen Initiative in den Stadtrat ein. Der studierte Historiker weiß, je eher die NPD aus dem Schatten des Nationalsozialismus tritt, desto wahrscheinlicher und schneller sind weitere Wahlerfolge zu realisieren. Da muss die Wortwahl stimmen. Zufrieden dürfte sich Richter zurücklehnen, wenn NPD -Granden nun bei Fernsehauftritten höflich erklären, »Hitler war ein großer Staatsmann, wie auch Nero ein großer Staatsmann war«, oder wenn radikale Aktivisten auf Nachfrage geschickt antworten: »Hitler ist Vergangenheit, Hartz IV , Globalisierung aber sind bittere Gegenwart.« Gleich nach dem Einzug der NPD in den Sächsischen Landtag richtete Karl Richter sein Mitarbeiterbüro ein. Der »neu-rechte Intellektuelle« ist einer der ersten Angestellten der Fraktion. Zog der Erfolg den studierten Historiker an? Oder lockte Karl Richter, der aus den Reihen der Münchner Burschenschaft Danubia stammt und der zuerst zu den extrem rechten Republikanern ging, gar das Geld? In Interviews schweigt er zu solchen Fragen.Stattdessen erklärte der »Neu-Rechte« in der »Deutschen Stimme« euphorisch, dass er aus politischen Gründen zu der alt-rechten Partei übergewechselt sei. In einem Gastkommentar 2004

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