Neonazis in Nadelstreifen
Thule-Seminars, Pierre Krebs, erklärte 1982 : »Man kann nämlich keinen politischen Apparat umstürzen, ohne sich zuvor die kulturelle Macht gesichert zu haben (…). Man muß zunächst die Zustimmung des Volkes gewinnen: Man muß zunächst auf die Ideen, die Sitten, die Denkweise, den Bedeutungsinhalt der Werte, die Künste, die Erziehung einwirken.« Unter der Parole »Gramscismus von rechts« entwarf einer der Vordenker der französischen »Nouvelle Droite«, Alain de Benoist, die Strategie der »Kulturrevolution von rechts«. In seiner gleichnamigen Schrift, 1985 in Deutschland erschienen, betont er: »Die Alte Rechte ist tot. Sie hat es wohl verdient.« Der Theoretiker für eine »Neue Rechte« versuchte, Ideen des italienischen Marxisten Antonio Gramsci zur Partei- und Kulturarbeit aufzugreifen, um eine europäische Wiedergeburt zu ermöglichen. Die barschen Abgrenzungen zwischen der »neuen« und der »alten Rechten« sind mittlerweile Vergangenheit. Heute legt NPD -Vorstandsmitglied Jens Pühse, der gleichzeitig der Herausgeber des »Taschenkalenders des Nationalen Widerstandes 2007 « ist, dort seinen jungen Kameraden Alain de Benoists »europäische Selbstfindung« nahe.
Bereits mit 15 Jahren hatte sich Jens Pühse in Bremen den Jungen Nationaldemokraten angeschlossen. 2005 wurde der ehemalige Neonazi-Skinhead Geschäftsführer des im sächsischen Riesa beheimateten Parteiverlags Deutsche Stimme. Seit 2003 erscheint beim Deutsche Stimme Verlag der »Widerstand«-Kalender, in dem neben deutschen Dichtern wie Gottfried Benn auch Adolf Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß vorgestellt wird. Dass Alain de Benoist seinen Machern gefällt, verwundert wenig, erklärte er doch: »So bleibt Deutschland die Voraussetzung für Europa, wie Europa nur die Auswirkung von Deutschland sein kann.« Alain de Benoist hatte allerdings bereits 1983 in seinem Buch »Aus rechter Sicht« selbst darauf hingewiesen, dass diese Aussage ursprünglich nicht auf ihn, sondern auf Arthur Moeller van den Bruck zurückgeht, der schon in den 20 er Jahren ebenjene Ansicht zur Zukunft Europas vertreten habe.
Nicht nur Arthur Moeller van den Bruck hat erheblichen Einfluss auf das Denken der »Neuen Rechten«. Die gesamte »Neue Rechte« in Europa greift auf die Theoretiker und Publizisten aus dem Spektrum der »Konservativen Revolution« und des italienischen Faschismus zurück. Trotz ihrer jeweiligen Unterschiede in der Ausrichtung bilden sie heute weiterhin einen wichtigen Referenzrahmen. Die Protagonisten dieser nach dem Ersten Weltkrieg aufgekommenen geistig-politischen Strömungen – von Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler über Ernst Jünger und Carl Schmitt bis Julius Evola und Vilfredo Pareto – beklagten an der modernen Welt vor allem den Verlust alter europäischer Werte. Sie standen für eine »spezifisch rechte Revolte«, so der Politikwissenschaftler Kurt Lenk, und gegen demokratische und emanzipatorische Bestrebungen und Bewegungen zu Beginn des 20 . Jahrhunderts. In der modernen bürgerlichen Industriegesellschaft sahen die Herren – Frauen gehörten nicht zu dem politisch-publizistischen Kreis – den modernen Menschen gequält von der Sinnlosigkeit eines vereinzelten Daseins und der arbeitsteiligen Zersplitterung aller Lebensbereiche. Die »Entzauberung der Welt« (Max Weber) durch Säkularisierung und Rationalisierung zerstörte ihrer Ansicht nach die ursprünglichen Gemeinschaften und ureigenen Traditionen.
Insbesondere die Ideen der Aufklärung und die Ziele der Französischen Revolution waren den »Konservativen Revolutionären« suspekt. In ihrem Gedankengebäude führte die Hoffnung, dass alle Menschen gleichwertig seien und gleiche Rechte haben, nur zu Entfremdung und Niedergang. Ihr erklärtes Ziel war der Sturz des verhassten »Weimarer Systems«, um eine neue Ordnung mit alten Werten zu schaffen – getreu der Formel Arthur Moeller van den Brucks aus seinem 1923 erstmals erschienenen Buch »Das Dritte Reich«: »Dinge zu schaffen, die zu erhalten sich lohnen«. Dies könne jedoch nur über die Verwurzelung im eigenen Volk und in der eigenen Nation gelingen.
In seiner Schrift »Heidnischer Imperialismus« warnte auch Julius Evola 1928 vor der Unmöglichkeit einer demokratischen Selbstregierung und der Irrationalität des Gleichheitsgedankens und rief »zu einer entschlossenen, bedingungslosen, integralen Rückkehr zur nordisch-heidnischen Tradition« auf. »Wir machen Schluß mit jedem Kompromiß,
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