Neonazis in Nadelstreifen
schrieb er: »Heute Sachsen, morgen Deutschland«, und gleichzeitig lobte er die NPD , »die von allen patriotischen Parteien am längsten und konsequentesten den politischen Kampf gegen das System von 1949 führt«. Seine eigene Aufgabe sieht er so: In der Fraktion müssten nun die »Instrumente, Kader undStrukturen künftiger Siege geschmiedet« werden. »Es wäre schade, diese Gelegenheit nicht beim Schopfe zu fassen«, gestand er gegenüber dem Berliner »Tagespiegel«.
Der 1962 in München geborene Karl Richter bezeichnete sich unlängst als »Chef des wissenschaftlichen Beraterstabs«. In den Räumen der Fraktion soll er sich laut Szene-Gerüchten auch gern häufig wie ein »Chef« aufführen. »Da kommt Oberst Richter!«, wird in den Fluren der Partei wohl gern gescherzt. Hinter dem Spaß steckt ein Clou: Karl Richter war es vor ein paar Jahren gelungen, im vielfach ausgezeichneten Kinofilm »Der Untergang« die Komparsenrolle des Adjutanten von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel zu erhalten. Zum Filmstart 2004 veröffentlichte er einen Werkstattbericht in dem neu-rechten Periodikum »Nation & Europa«. Unter dem Titel »Mit dem ›Führer‹ in Halle 12 « beschrieb er süffisant, wie ihm eine »schwangere und rotbackige« Kostümschneiderin seine Uniform überreichte: »Passt wie angegossen. Ein Eisernes Kreuz bekomme ich auch noch. ›Heben Sie mal den rechten Arm‹, sagte die Rotbackige. Mach ich.« In dem »Deutschen Monatsheft«, so der Untertitel von »Nation & Europa«, spielte Karl Richter aber auch mit Bildern und Begriffen: »In einer Ecke nur Stahlhelme, in einer anderen Berge von Schirmmützen (…). Weiter hinten, kreuz und quer übereinander gestapelt, eine Halde nackter Puppen, wie aus irgendwelchen KZ -Befreiungsvideos.« Auf Nachfragen des »Tagespiegels« erklärte der bemüht bieder wirkende Mann mit Brille, seltsam seien ihm auch schon die Leichenberge in den Dokumentarfilmen über die Konzentrationslager vorgekommen, die er sich als Jugendlicher auf Aufforderung von Referendaren der 68 er-Generation hätte anschauen müssen. »Für mich war das eine Puppenoptik«, bekräftigte er herablassend. Eine bewusste Wortwahl, um eine bestimmte Sichtweise darzulegen. Verletzende Worte, die jedoch nicht direkt den Holocaust verharmlosen oder leugnen, also nicht justizrelevant sind. Nicht immer gelang es Karl Richter, einer Strafverfolgung zu entgehen. 1995 wurde er als presserechtlich Verantwortlicher von »Nation & Europa« aufgrund des Abdruckes eines »Asylbetrügergedichtes« wegen Volksverhetzung verurteilt. Von 1991 bis 1997 war er Chefredakteur des Monatshefts.
Bereits 1951 erschien der Vorgänger »Nation Europa«. Früh öffnete sich die Redaktion mit Sitz in Coburg in den 60 er Jahren gegenüber den aufkommenden neu-rechten Ideologien und Strategien. Das DIN -A 5 -Hochglanzheft gilt als Wegbereiter der »Neuen Rechten«. Bis heute zählt »Nation & Europa«, herausgegeben von Peter Dehoust und Harald Neubauer, zu den Ideengebern der rechten Bewegung. Die Redaktion hat sich ganz der Intellektualisierung der Politik und der Integration der Szene verschrieben. 2001 lag die Auflage laut Verfassungsschutzangaben bei 14 500 Exemplaren, 2007 ist sie auf rund 18 000 angestiegen.
Nach dem knappen Scheitern der NPD an der Fünfprozenthürde bei der Bundestagswahl 1969 hatte die Partei enorm an Bedeutung verloren. Trotz eines Wahlergebnisses von 4 , 3 Prozent begann eine tiefe und lang anhaltende innerparteiliche Krise. Unter dem Label »Neue Rechte« entstanden im Lauf der Jahre dagegen verschiedene Projekte: in Kassel der Studienkreis Thule-Seminar e.V. – Arbeitskreis für die Erforschung und das Studium der europäischen Kultur, in Stegen bei Freiburg im Breisgau die Zeitung »Junge Freiheit« ( JF ) sowie auf dem Rittergut Schnellroda zwischen Querfurt und Naumburg an der Saale das Institut für Staatspolitik (IfS). Statt einer kaderförmigen Organisation und parteipolitischen Strukturen bauten neu-rechte Intellektuelle wie Dieter Stein, Chefredakteur der JF , oder Karlheinz Weißmann, Vordenker des IfS, Netzwerke auf. Ihr Ziel: im vorpolitischen Raum eine »kulturelle Hegemonie« zu erlangen, um die »politische Macht« zu gewinnen. Die »Neue Rechte«, betont der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber, will »mittels der Diffamierung oder Umwertung demokratischer Begriffe (eine) Delegitimation des demokratischen Verfassungsstaats« erreichen. Der Gründer des einschlägigen
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