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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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Ostpreußen. In der NPD , der er 1998 beitrat, übernahm er schnell Funktionen. Nach einigen publizistischen Arbeiten fand er bei der »Deutschen Stimme« 2001 eine hauptamtliche Redaktionsstelle.
    In der Partei, wo er im Bundesvorstand das »Amt Politik« innehat, versucht Gansel seitdem, besonders die »soziale Frage zum zentralen Thema« weiterzuentwickeln. Die Bundeslinie erklärt er, regelmäßig. Im Interview mit der »Deutschen Stimme« führte er im Januar 2006 aus: »Adolf Hitler und die NSDAP sind Vergangenheit, Hartz IV und Globalisierung, Verausländerung und EU -Fremdbestimmung aber bitterböse Gegenwart.« Und wenig später, in der Februarausgabe, forderte er: »Insofern haben wir Nationalisten zwingend Gegenwartsthemen aufzugreifen und die soziale Frage konsequent zu nationalisieren. Laden wir die soziale Frage weiterhin völkisch auf – ›Wir Deutsche oder die Fremden‹, ›Unser Deutschland oder das Ausland‹ – unduntermauern wir den Schlachtruf ›Gegen Verausländerung, Europäische Union und Globalisierung‹ noch stärker programmatisch, werden wir die etablierten Volksbetrüger schon bald das Fürchten lehren.«
    Ohne populistische Mimikry benennt Gansel das politische Programm. Seine vermeintliche Antwort auf den ökonomischen Wandel ist allein die Re-Nationalisierung und Re-Ethnisierung des Sozialen: »Längst ist ein systematischer Bevölkerungsaustausch im Gange, der dem Wolfsgesetz eines Weltarbeitsmarktes folgt.« »Deutsche Intelligenz« würde derweil »zunehmend ins Ausland« gehen, während »ausländische Dummheit mit sozialschmarotzerischer Neigung ungebremst ins Land kommt«. Die Vision ist eine homogene Volksgemeinschaft, in der alle, die sie als »undeutsch« definieren, herausdekliniert werden.
    Auch in der internen NPD -Handreichung »Argumente für Kandidaten & Funktionsträger« ist Gansels vordergründige Kapital- und Globalisierungskritik biologisch-rassistisch aufgeladen. Gansel sieht sie als eine »Argumentationshilfe« für alle »Kameradinnen und Kameraden, die sich im ›politischen Nahkampf‹ mit den antideutschen Kräften befinden und / oder das werbende Gespräch mit dem Normalbürger suchen«. In der knapp 35 Seiten umfassenden Schrift, die erstmals 2005 erschien und zahlreiche Bezüge zu den Vordenkern der »Konservativen Revolution« enthält, finden sich zu Fragen wie: »Ist die NPD eine ausländerfeindliche Partei?«, gleich mehrere Antworten: »Nein, wir sind keine ausländerfeindliche, sondern eine einwanderungsfeindliche Partei. Gegen Türken in der Türkei haben wir nichts.« Und: »Wir sind in allererster Line eine inländerfreundliche Partei.« Der Ethnopluralismus der »Neuen Rechten« klingt wieder an.
    Die Idee zu dieser »intellektuellen Aufrüstung« kam Jürgen Gansel, wie er selbst stolz erklärt, nach über 40 Schulgruppengesprächen im Landtag. Die Parteikader sollen offensichtlich ihre Aussagen auf das jeweilige Publikum abstimmen. Die Argumentationshilfe wird in der Partei auch als interne Schulungsbroschüre verstanden. Sie ist zweifelsohne dem Fehlverhalten manch eines politischen Vorgängers Gansels geschuldet, der sich verbal hatte hinreißen lassen. So soll auf die Frage »Warum lehnt die NPD so entschieden die Globalisierung ab?« geantwortet werden: »Die globale Waren- und Kapitalmobilität treibt aufgrund des Fehlens von Zollschranken und Kapitalverkehrskontrollen die Hochlohnländer in einen ruinösen Verdrängungs- und Vernichtungswettbewerb mit Billiglohnländern.« Eine moderate Antwort, die gegebenenfalls auch durch eine radikalere Variante mit antisemitischen Anklängen ersetzt werden kann: »Es handelt sich bei der Globalisierung um das planetarische Ausgreifen der kapitalistischen Wirtschaftsweise unter der Führung des Großen Geldes. Dieses hat, obwohl seinem Wesen nach jüdisch-nomadisch und ortlos, seinen politisch-militärisch beschirmten Standort vor allem an der Ostküste der USA .« Weiter heißt es, die Globalisierung sei eine »unverblümte Imperialismusstrategie der USA «, um »der ganzen Welt den von US -Konzernen ausbeutbaren American Way of Life – besser: American Way of Death – aufzuzwingen. (…) Es handelt sich gleichermaßen um ein politisches Entmündigungs- wie wirtschaftliches Ausbeutungsprogramm der Völker.« Eine Kritik, die die NPD bei der weltweiten Bankenkrise Anfang / Mitte 2008 verstärkt vortrug, in der Hoffnung, Stimmungen in der »Mitte der Gesellschaft« anzusprechen und

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