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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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größere Gruppe stammt aus den Reihen der 1994 verbotenen militanten Wiking-Jugend ( WJ ). Offiziell entstand die HDJ im Oktober 2000 , als während eines »Bundesjugendtages« in Berlin die Umbenennung von Die Heimattreue Jugend e.V. in Heimattreue Deutsche Jugend vollzogen wurde. Als Grund wurde die banale Tatsache angegeben, dass man Die Heimattreue Jugend nicht »gescheit abkürzen könnte, ohne das Kürzel einer seit ’ 45 in Deutschland verbotenen Organisation zu nutzen«. Doch trotz des neuen Namens bezeichnen Szeneanhänger die Gruppe nach wie vor gern mit dem beliebten Kürzel HJ .
    Obwohl die Organisation es peinlichst vermeidet, die Hitlerjugend in ihren Publikationen namentlich zu nennen, tauchen intern immer wieder Bezüge zur NS -Diktatur auf. Bei einem Sommerlager mit rund 120 jugendlichen Anhängern im August 2006 in Fromhausen bei Detmold, unweit des Teutoburger Waldes, prangten an den weißen Rundzelten Holzschilder mit Aufschriften wie »Führerbunker«, »Alemannia« oder »Germania«. Neben dem Wimpel mit dem Flammensymbol der HDJ wehte auch eine schwarz-weiß-rote Fahne, im Gedenken an das Deutsche Reich. Kindern in der HDJ wird gelehrt, dass das vorrangige Ziel der Hitlerjugend gewesen sei, Jugendliche auf die künftigen Aufgaben »der großen Gemeinschaft« vorzubereiten. Die gefährliche Rolle, die der Nachwuchsorganisation im totalitären NS -Staat zukam, sowie die Verbrechen junger Hitler-Anhänger werden verschwiegen. Die HDJ -Erzieher beschwören dagegen die positive Bedeutung der Hitlerjugend innerhalb der NS -Volksgemeinschaft. Ein HDJ -Erzieher schreibt im »Funkenflug« euphorisch: »Damit wurde der Jugend auch eine Verantwortung aufgetragen, derer sie sich auch stets würdig erwies«. Im Hinblick auf das Kriegsende klagte der Autor: »Doch aus dem neuen sittlich hochstehenden, untadeligen und uneigennützigen Menschen wurde nichts mehr«, denn »die letzten Reste des großen Traumes gingen 1945 in den Trümmern der Reichshauptstadt unter«.
    Kinder aus den Reihen der HDJ wachsen mit der Verehrung für NS -Verbrecher wie Ernst Otto Remer auf, dem Kommandeur des Berliner Wachbataillons »Großdeutschland« . Remer hatte 1944 den Putschversuch um Graf von Stauffenberg mit niedergeschlagen, zahlreiche Widerständler wurden hingerichtet. Für die HDJ ist der 1997 verstorbene, unbelehrbare Altnazi »ein Beispiel für treue Pflichterfüllung und Liebe zu seinem Vaterland«. Jugendliche besuchen das Grab der ranghöchsten BDM -Führerin Jutta Rüdiger in Bad Reichenhall oder treffen sich mit ehemaligen Angehörigen der Waffen- SS . Gedichte des Kommandanten der SS -Division »Wiking«, Kurt Eggers, gehören zum Standardrepertoire der HDJ . In seinen Versen geht es vorrangig um Soldaten- und Kriegertum, um »Blut und Eisen«. Die HDJ zitiert Eggers’ Weltsicht: »Das kriegerische Leben erfordert nicht allein das Leben unter Waffen, es fordert mehr: die ständige Bereitschaft des ganzen Menschen, vornehmlich die seelische, willensmäßige Bereitschaft, den totalen Einsatz aller Werte, den Einsatz auch der letzten Reserve, den Einsatz ohne Reservate.« Im »Funkenflug« wird an den frühen Tod des Vorbilds Eggers 1943 im »groß-deutschen Freiheitskampf« an der Ostfront erinnert. Berliner Polizeibehörden klärten im Mai 2008 über eine vier Monate zuvor stattgefundene »Rasseschulung« von HDJ -Anhängern im niedersächsischen Georgsmarienhütte auf. Einer der Anführer, ein Humanbiologie-Student aus Greifswald, führte dabei auch vor Jugendlichen den NS -Propagandafilm »Der ewige Jude« vor.
    Feierlich geht es bei einem nächtlichen Ritual zu: Bei Fackelschein legen Kinder und Jugendliche der HDJ einen Fahneneid ab. Allein, ängstlich blickend, tritt eines aus den Reihen der »Kameraden« zum Bundesführer vor und berührt andächtig eine »leere« Fahne. Experten nennen es den »Mythos der weißen Fahne«, angelehnt an ein Ritual der SA in den 20 er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Hitler-Anhängern Uniformen und Hakenkreuzfahne verwehrt waren. Auch der HDJ wird ihr Symbol verweigert, offiziell beruft sie sich dabei auf die Odalrune, als Zeichen des Bundes Heimattreuer Jugend ( BHJ ), einer ihrer nicht verbotenen Vorläuferorganisationen. Die Odalrune, Symbol für »Blut und Boden«, prangte aber auch auf den Bannern von Hitlerjugend und Wiking-Jugend. Seit dem Verbot der Wiking-Jugend 1994 ist das öffentliche Tragen der Odalrune unter Strafe gestellt, sie gilt als verbotenes

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