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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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120 Kindern und Jugendlichen. Nur wenige Wochen zuvor hatten sie nach Erkenntnissen der Polizei ihr »paramilitärisches Lager« mit 22 -köpfiger »Lagermannschaft« an der holländischen Grenze in Wilsum durchgeführt. Dieses Lager fand nach Neonazi-Informationen unter dem Motto »Leben ist Kampf« statt. Die Veranstalter warben später im Internet: Man wolle »jungen Nationalisten vor allem neue Kraft geben, um sich dem maroden System der BRD weiterhin entgegenzustellen«. Fotos vom Lager, die von der Staatsanwaltschaft Osnabrück veröffentlicht wurden, zeigen makabre Inszenierungen und Posen im Söldner-Stil, Scheinhinrichtungen und Männer in Tarnkleidung, die am Tisch sitzend schießen. Auf einem Foto drückt eine Person einer anderen eine Machete an den Hals. Einem anderen wird ein Waffenlauf in den Mund gehalten. Es sind Zelte, Schilder und Gegenstände zu erkennen, die Aufschriften wie »Leibstandarte«, »Hitlerjugend« oder »Entlausungsmittel« tragen. »Diese Bilder zeigen, dass es sich nicht nur um ein harmloses Pfadfinderlager handelte«, warnte der Osnabrücker Staatsanwalt Alexander Retemeyer während der Pressekonferenz im April 2007 .
    Ebenso wie die Wiking-Jugend pflegt auch die Heimattreue Deutsche Jugend einen militärischen Umgang mit Kindern. Anwohner im nordrhein-westfälischen Detmold berichten von Exerzierübungen mit Jugendlichen in einem Waldstück. Beim dortigen Sommerlager der HDJ 2006 hatten ein Mädchen und ein Junge in Uniform neben einer großen Lebensrune aus Holz strammzustehen. Die Staatsschutzabteilung der Polizei in Aschaffenburg hat Kenntnis von »Wehrübungen« im Landkreis Miltenberg. Dort lebt die Familie von Dirk Nahrath, dem ehemaligen »Gauführer Franken« der verbotenen Wiking-Jugend. Im fränkischen Obersinn bei Gemünden beobachteten Dorfbewohner, wie Jungen und Mädchen in Marschkolonne und mit Fahne durch den Ort zogen. 2005 wurde Anzeige gegen den NPD - und HDJ -Aktivisten Sven Ringmayer erstattet, als in seinem Ferienhaus in Obersinn Nazi-Symbole »zur Schau gestellt« wurden. In der Urteilsbegründung gegen den Neonazi betonte der verhandelnde Richter: »Ein Bild von Adolf Hitler in Ihrer Küche bringt Ihre Gesinnung ganz gut zum Ausdruck.« Die Frankfurter Familie Ringmeyer gehört zu den führenden Aktivisten der Einheit Hessen, die eng vernetzt mit fränkischen und schwäbischen Neonazis agieren.
    Auch in einem anderen Fall wurde die Polizei gerufen. Dem Geschäftsführer der Herberge in der fränkischen Burg Hohenberg waren beim Winterlager der HDJ Ende 2006 die uniformierten Wachen am Eingang vor dem Tor aufgefallen. »Ich bin ja ein grundkonservativer Mensch, aber das ging zu weit«, sagt der Betreiber, »das hatte einen militärischen Charakter.« »Halt! Stehenbleiben!«, hätten ihn die jugendlichen Wachen aufgefordert. »Und das Schlimme war, sie hatten alle genau denselben Ton«, berichtet er. Als der Hausherr sich vorstellte und nachhakte, was das solle, bekam er zu hören: »Sie sind nicht berechtigt, uns eine Frage zu stellen!« Der Geschäftsführer informierte die Polizei, aber die hob nur die Schultern und sagte, das sei ein eingetragener Verein, »da könne man nichts machen«. Am meisten erschütterten den Herbergsbetreiber die Bilder von den Kindern, die frierend in Uniform hätten Fahnenwache schieben müssen und trotz der Kälte nicht hätten reinkommen dürfen. »Die wollten ihre Kinder eindeutig abhärten«, erinnert er sich heute.
    Im Landkreis Ansbach organisiert die Tochter des mehrfach verurteilten NPD -Liedermachers Frank Rennicke HDJ -Aktivitäten. Am Pfingstlager 2007 in Eschede nahmen auch Aktivisten der Freien Nationalisten Rhein-Main teil, einer Kameradschaft, die vom hessischen NPD -Chef Marcel Wöll aus Butzbach mit angeführt wird. Einige von ihnen sorgten kurze Zeit später für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie an Schießübungen in der Schweiz teilgenommen hatten.
    Am 9 . Juni 2007 marschierten HDJ -Anhänger in voller Kluft durch die Stralsunder Straße im brandenburgischen Oranienburg. Daraufhin erfolgten Hausdurchsuchungen in Brandenburg, Berlin und Dresden, bei denen Uniformen der Heimattreuen Deutschen Jugend sichergestellt wurden. Bei den Betroffenen soll es sich nach Behördenangaben um teils verurteilte Anhänger der im März 2005 verbotenen Kameradschaft Tor aus Berlin handeln, die sich offen zum Nationalsozialismus bekannten und heute ein neues Sammelbecken in der HDJ zu finden scheinen.
    Kurze Zeit

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