Neonazis in Nadelstreifen
später schlug das Bundesinnenministerium in Berlin zu und untersagte der HDJ nach Paragraph 3 des Versammlungsgesetzes, Uniformen zu tragen. Sebastian Räbiger ging mit Hilfe von Wolfram Nahrath juristisch dagegen vor. Bisher ohne Erfolg, wie die »tageszeitung« Mitte Oktober 2007 berichtete. Denn eine Gesamtschau der HDJ -Aktivitäten habe gezeigt, dass »die politische die jugendpflegerische Betätigung überwiegt«, so eine Ministeriumssprecherin gegenüber der Zeitung. Nach eigenen Angaben bedeuten Uniformen mit Rangabzeichen und Symbolen für die HDJ , »dass wir unserem Deutschen Reich verschworen sind«.
Spätestens seit 2007 wird die HDJ vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Immerhin, denn noch im Juni desselben Jahres hatten die Bundesbehörden erklärt, nicht zuständig zu sein, da die Neonazi-Organisation »formal« nicht bundesweit aktiv sei. Die bayerische Landesregierung bestätigte im Oktober 2007 jedoch, dass ein »Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden im gesamten Bundesgebiet stattfindet«. Bis 2006 hatten von allen Landesämtern für Verfassungsschutz einzig Berlin und Brandenburg vor den Aktivitäten der HDJ gewarnt. Jetzt ist auch in Hannover oder München bekannt, dass die HDJ »ein neonazistisch ausgerichteter Jugendverband« ist, der ein »rechtsextremistisches Weltbild« vermittelt, wenn auch das HDJ -Lager in Eschede keine Erwähnung im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht findet.
Die Behörden wussten allerdings nichts davon, als sich die HDJ über Silvester 2007 mit 114 Anhängern in einem Turner- und Jugendheim in St. Goarshausen – als »Familien- und Jugendgruppe« getarnt – einquartierte. Wieder fiel den Betreibern der straff hierarchische Charakter des einwöchigen Lagers auf: »Es war alles sehr paramilitärisch.« Auch hätten die Teilnehmer uniformähnliche Kleidung getragen. Trotz Verbotes?
Die Anführer der HDJ fürchten ein offiziell verordnetes Ende ihres Vereines. Seit Sommer 2008 läuft ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren zur Prüfung eines Verbotes. Alle Parteien im Bundestag fordern seit Monaten ein konsequentes Handeln. Die späten Anstrengungen des Bundesinnenministeriums mündeten in einer bundesweit durchgeführten Razzia bei zahlreichen Zielpersonen aus dem Umkreis der HDJ im Oktober. Deren Verantwortliche hatten sich vorher noch im »Funkenflug« über »den mächtigsten Rollstuhlfahrer der Republik« und »Pressekreaturen«, die ihnen die Arbeit erschweren würden, lustig gemacht. Experten und Beobachter der Szene sind sich sicher: Die selbsternannten, fanatischen HDJ -Erzieher werden auch im Falle eines Verbotes des Vereins weitermachen. Es gibt zahlreiche Spekulationen über mögliche Alternativen wie den Freibund – Bund heimattreuer Jugend oder die Jungen Nationaldemokraten, die bereits nach dem Aus der Wiking-Jugend als Auffangbecken dienten. Möglich sind auch locker vernetzte rechte Zellenstrukturen oder harmlos klingende, als gemeinnützig anerkannte Tarnvereine, wie Kutterfreunde e.V. Die HDJ -Führung hält sich hinsichtlich ihrer Pläne bedeckt. Gleichwohl gibt sie sich nach außen kämpferisch: » HDJ -Verbot – ihr könnt uns mal.«
Nicht ganz ins selbstbewusste Bild dagegen passt der Rücktritt des stellvertretenden Bundesführers der HDJ , Laurens Nothdurft. Ende 2006 hatte er noch das große Winterlager auf der Burg Hohenberg bei Wunsiedel mit rund 90 Kindern, Jugendlichen und Betreuern als »Pfadfinder-Familientreffen« angemeldet. Wenige Monate später legte der angehende Jurist sein Amt wohl nicht nur aus »familiären Verpflichtungen« nieder – er strebt eine juristische Karriere in Berlin an.
Christian Dornbusch · Jan Raabe
»Protestnoten für Deutschland«
Schulterschluss der NPD mit der Rechtsrock-Szene – Rechtsrocker und »nationale Barden« – Werbung
auf dem Schulhof – Braunes Merchandising –
Konzert als Integrationsevent – Politik und Party
An langen Biertischen sitzen junge Männer und Frauen, schwatzen, lachen, trinken Bier – alkoholfreies Bier, anderes schenkt die NPD auf dem Sommerfest nicht aus. Trotzdem sind rund 500 junge Leute an diesem sonnigen Augusttag 2007 nach Sangerhausen im Süden Sachsen-Anhalts gereist. Auf einer Wiese ist eine große Bühne aufgebaut. Am Rande des Areals direkt an einer Autobahnausfahrt der A 38 reihen sich Verkaufs- und Infostände aneinander. T-Shirts und Pullover mit bunten Aufdrucken und Dutzende verschiedene Buttonmotive bieten sie neben
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