Neonazis in Nadelstreifen
allen deutschen Höhen erzündet werden, als Zeichen, unsere schlummernde Kultur wieder zum Leben zu erwecken und dieses kranke System zu beseitigen.« Die Brauchtumsfeier im »Raum Osnabrücker Land« koste für jeden » 5 Teuro«. Teilnehmer hätten »in Kluft zu erscheinen«. Die heidnisch geprägte Veranstaltung fand Mitte Juni 2007 in dem kleinen Dörfchen Dratum-Ausbergen bei Melle statt. Unter den rund 40 angereisten HDJ -Anhängern aus Norddeutschland waren neben vielen Kindern auch NPD -Funktionäre. Der gelernte Maurermeister Manfred Börm aus Lüneburg, Jahrgang 1950 , gehört seit Jahren dem Bundesvorstand der NPD an. Er baute den parteieigenen Ordnungsdienst auf, eine als gewaltbereit geltende Truppe, die aus vielen verurteilten Neonazis besteht. Börm selbst wurde Ende der 70 er Jahre zu sieben Jahren Haft verurteilt, weil er gemeinsam mit anderen Kameraden ein NATO -Depot in Bergen-Hohne in der Lüneburger Heide überfallen hatte. In der Einheit Niedersachsen kümmern sich Börm und seine Familie um die ideologische Erziehung der Kinder von Gleichgesinnten. Börms Kinder sind bereits in die Fußstapfen des Vaters getreten: Der Sohn, der 2007 seinen Grundwehrdienst ableistete, hat mit zur konspirativen Sonnenwendfeier eingeladen.
Schnell sind die weißen Rundzelte auf einer Wiese am Fuße eines Hügels aufgebaut. Ein größeres Zelt soll Platz zum Tanz bieten. Viele Jungen sind blond, sie tragen die Haare artig gescheitelt. Sie sammeln im Wald Holz für das große Lagerfeuer. Anwohner schauen vorsichtig über den Gartenzaun. Autofahrer, die den kleinen Feldweg neben den Zelten als Abkürzung benutzen, verlangsamen die Fahrt und blicken neugierig zum Geschehen auf der Wiese hinüber. Doch an diesem Wochenende wurde nichts aus der geplanten neuheidnischen Feierstunde in freier Natur. Gegen 19 Uhr rückte die Osnabrücker Polizei mit mehreren Fahrzeugen an. Der Vermieter des Grundstücks hatte erst jetzt vom politischen Hintergrund der Aktivitäten erfahren und seine Zusage zurückgezogen. Wütend wurden die gerade errichteten Zelte wieder abgebaut und in den bereitstehenden Kleinbussen verstaut. Christian von Velsen, NPD -Mitglied aus Georgsmarienhütte, beschwerte sich lautstark beim Einsatzleiter der Polizei, das Ganze sei eine »private Veranstaltung und habe nichts mit der HDJ zu tun« – er vergaß jedoch die wehende Fahne der Organisation, die fest im feuchten Boden steckte.
Die rechten Aktivisten fuhren daraufhin im Konvoi Richtung Georgsmarienhütte. Im Stadtteil Harderberg konnte die NPD jahrelang ein eigenes »nationales Haus« betreiben. Die Kameraden vor Ort wurden per Handy informiert, dass die völkischen Erzieher der HDJ dringend ein Ersatzquartier benötigten. Am Eingang zum NPD -Gelände standen bereits Glatzköpfe aus der Region Wache und nahmen die ankommenden Kameraden mit Familien in Empfang. Die beiden HDJ -Aktivisten der Einheit Hermannsland in Detmold, Christian von Velsen und Christian Fischer, kontrollierten das Geschehen. Die Polizei hielt sich zurück, nur zwei Beamte einer Zivilstreife beobachteten aus der Ferne das Geschehen. Journalisten war der Zutritt verweigert. Versteckt hinter hohen Hecken und Bäumen schlugen die HDJ -Anhänger und deren Schützlinge ihre Zelte erneut auf. Nur der Verkehrslärm der nahen Schnellstraße konnte die anheimelnde Stimmung ihrer neuheidnischen Brauchtumsfeier noch stören.
Gegen Velsen und Fischer ermittelt die Osnabrücker Staatsanwaltschaft wegen »Bildung einer bewaffneten Gruppe«. Fischer ist sogenannter Stützpunktleiter der NPD in Vechta und Mitglied des Ordnungsdienstes von Manfred Börm. Bei einer Razzia Ende April 2007 im nordwestlichen Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen beschlagnahmte die Polizei ein reichhaltiges Waffenarsenal bei 26 rechtsextremen Teilnehmern eines »paramilitärischen Sommercamps«. Bei der Aktion stellten die Beamten Kleinkalibergewehre, Totschläger, Wurfsterne, zwei Fallbomben, eine entschärfte Flugabwehrrakete, Schlagringe und Macheten sicher. Einige der aufgefundenen Waffen verstießen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, so die Fahnder. Bei zehn weiteren Razzien im August 2007 suchten die zuständigen Beamten eine Rohrbombe. Auf zuvor beschlagnahmten Datenträgern war die Anleitung zum Bau sowie Fotos der Bombe aufgetaucht. Die Suche blieb erfolglos.
Die beiden HDJ -Aktivisten Velsen und Fischer gehörten 2006 zu den Erziehern beim großen Sommerlager der Heimattreuen in Fromhausen mit rund
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