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Neonazis in Nadelstreifen

Neonazis in Nadelstreifen

Titel: Neonazis in Nadelstreifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Andrea und Speit Roepke
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sie zuvor bereits aus den Reihen von NPD , »Freien Kameradschaften« oder der rassistischen Sekte Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft. Ihrer Meinung nach gehört es »zum guten Ton« innerhalb des rechten Spektrums, die Kinder ab dem siebten Lebensjahr der HDJ zu übergeben. »Jeder, der in der Szene was auf sich hält«, so Privenau, der »schickt seine Kinder dorthin«. Auch im Hause Privenau ging es damals volkstümlich zu, schon die Mädchen trugen nur Röcke. Jeans waren tabu. »Das war oft peinlich«, gestand ihre Tochter Ulrike [Name geändert] später gegenüber einer Tageszeitung. Bei der HDJ mussten die Mädchen alle Arbeiten in Röcken verrichten und sie sogar bei Fußmärschen und Kletteraktionen tragen. Die Kleidung erinnerte an die Uniformen des Bundes Deutscher Mädel ( BDM ). Kinder wie Ulrike lebten damals in zwei Welten. Über die Lagerbesuche am Wochenende hatten sie gegenüber Mitschülern Schweigen zu bewahren. Die Angst, sich zu verplappern, sei immer präsent gewesen, daran erinnern sich Mutter und Tochter Privenau noch genau.
    Aber in der Regel leben viele der braunen »Sippen« eher in der Abgeschiedenheit. Die Kinder wachsen vor allem im Kreise Gleichgesinnter auf. Irgendwann sei es dann selbstverständlich gewesen, erzählte Tanja Privenau gegenüber dem ARD -Magazin »Panorama«, dass es geheißen habe: »Deine Kinder sind jetzt so weit, du schickst sie doch in die Heimattreue Jugend!« Nur über die Aufnahme ihres ältesten Sohnes seien rassistisch geprägte Erzieher wie Manfred Börm aus Lüneburg wenig begeistert gewesen, berichtet Privenau wütend – der Junge ist geistig behindert. »Eine Katastrophe«, habe Börm, ehemaliger Gauführer der Wiking-Jugend und jetziger HDJ -Aktivist, dessen Aufenthalt gleich zu Beginn genannt. Danach sei es dem Jungen in den Lagern nicht gut ergangen. Ihren Erfahrungen nach sei die HDJ »noch militanter« als die Wiking-Jugend, »kraftstrotzend und kämpferisch« gäben die sich. »Schwache Menschen« hätten da keinen Platz.
    »Mein Glaube ist Kampf« ist einer der Leitsätze der Heimattreuen Deutschen Jugend, wie sie im »Funkenflug« Jahr für Jahr veröffentlicht werden. Weiter heißt es dort: »Unser Glaube darf nicht mit Hoffen verwechselt werden. Hoffen bedeutet demütige Schicksalsführung«, und nur die Schwachen würden »ihr Heil erwarten«. HDJ ler aber »kämpfen, weil wir gestaltend wirken wollen«, denn es sei kein »erklärtes Schicksal, als Deutsche in Ketten zu leben«.
    Ebenso wie die Wiking-Jugend treten Anhänger der HDJ immer offener aggressiv auf. Eine Reihe von Übergriffen gegen Journalisten seit 2006 belegt den grundsätzlichen Hang zur Gewaltbereitschaft. Dass diese Haltung durchaus auch gegen die bestehende verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sein könnte, verdeutlicht ein Zitat aus der Rede des Neonazis Ralph Tegethoff beim »Märkischen Kulturtag«, der von der HDJ und der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen unter Wolfram Nahrath organisiert wird. Der fünfte »Märkische Kulturtag« 2005 fand konspirativ im Raum Berlin-Brandenburg statt und stand unter dem Motto: »Vergangenheit achten, Gegenwart meistern, Zukunft erkämpfen!« Ein Adler zierte das weinrote Banner über der Bühne. Fanfaren erklangen. Wolfram Nahrath trat im Anzug auf die Bühne und begrüßte die Anwesenden, darunter zahlreiche Kinder und Jugendliche. »Alles ist im Fluss«, erklärte der ehemalige Bundesführer der verbotenen Wiking-Jugend beschwörend, »die Zukunft ist der biologische Bestand unseres Volkes«. Nahrath warnte in HDJ -Manier: »Versagen in der Gegenwart die Guten, also wir, so werden die Schlechten den Sieg erringen und unser Volk beherrschen!« Ein Satz, den HDJ -Bundesführer Räbiger in ähnlicher Form als Leitsatz für das Jahr 2006 verkündete. Nach kleinen Theatereinlagen und einstudiertem Sprechgesang begann Tegethoff als Gastredner seinen Vortrag. Laut bellte er ins Mikrofon, sprach von neuen Möglichkeiten, »breiteren Schichten unseren Volkes zu sagen, dass dieses System keinen Fehler hat – denn dieses System ist ein Fehler – und wir sind angetreten, um dieses System abzuschaffen«. Tegethoff und seine Anhänger wollen die Demokratie nach eigenen Angaben durch einen angeblich »freien deutschen Volksstaat« ersetzen.
    Eine deutliche Sprache, die in der HDJ verstanden wird. In einer internen Einladung norddeutscher HDJ -Einheiten zur »Sonnenwende Sommer 2007 « hieß es: »Die Sonnwendfeuer sollen auf

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