Neonazis in Nadelstreifen
zwei Jahre zuvor hatte das Projekt »Motstandssanger« (Widerstandsgesänge) eine CD veröffentlicht, für die elf Lieder von Rennicke ins Schwedische übertragen worden waren.
Neben Müller und Rennicke ist Jörg Hähnel, der aus Frankfurt / Oder stammt, das dritte Aushängeschild der NPD in Sachen Liedermacher. 1997 , mit 22 Jahren, veröffentlichte er seine Debüt- CD »Da heißt es stehn ganz unverzagt«, die seinerzeit von der NPD -Jugend vertrieben wurde. Die Texte seiner Lieder stammten vorwiegend aus fremder Feder, von Herybert Menzel oder Dietrich Eckart – Autoren der völkischen und später nationalsozialistischen Bewegung. Bei Erscheinen der CD war Hähnel Vorsitzender des JN -Landesverbandes Berlin-Brandenburg. Seine Karriere bei der Partei führte ihn 2005 in den Bundesvorstand. Dort ist er seitdem Leiter des »Amtes Medien« und zuständig für die Erstellung einschlägigen Propagandamaterials. Im Herbst 2006 zog er als Abgeordneter seiner Partei in die Bezirksversammlung Berlin-Lichtenberg ein. Zudem ist er in Mecklenburg-Vorpommern als Sachbearbeiter bei der NPD -Fraktion im Landtag angestellt. Anfang Oktober 2007 fanden sich in der Zeitschrift »Funkenflug« über seine CD »Lichtverwandte Zeit« lobende Worte: »Wer sich in die Gefühls- und Gedankenwelt der jungen deutschen Generation hineinträumen möchte, dem sei diese Scheibe wärmstens empfohlen.« Die positive Rezension in dem Blatt der Heimattreuen Deutschen Jugend ist kein Zufall. Hähnel ist seit Jahren Aktivist der neonazistischen Jugendorganisation.
Im selben Monat trat bei der NPD -Ortsgruppe Freising ein Liedermacher-Pärchen auf. Michael und Annett Müller, geborene Moeck, sind seit 2005 verheiratet. Beide hatten sich zuvor schon solo einen Namen gemacht, der ehemalige Burschenschafter Michael Müller aus Amberg mit unverhohlen neonazistischen Texten und Annett, wie sie in der Szene stets genannt wird, als einzige »Bardin«. Auf ihrer ersten CD 2001 mit dem Titel »Eine Mutter klagt an« präsentierte sich die Nationalistin aus Schwedt an der Oder noch als biedere junge Frau im Dirndl und blonden Haaren. Passend dazu intonierte sie im Titelsong: »Ich hab für Deutschland einen Sohn geboren und eigentlich schon bei der Geburt verloren. (…) Meinen Sohn will ich lehren, was Vaterland heißt. Was unsere Ahnen dafür gaben zum höchsten Preis. Viele ließen ihr Leben für die gute alte Zeit, also haltet zusammen für alle Zeit.«
Drei CD s hat Annett Müller bisher veröffentlicht – musikalisch ist sie sich treu geblieben, einzig ihr äußeres Erscheinungsbild hat sich von Zeit zu Zeit gewandelt. Auf der zur Wahl erschienenen DVD »Offensive« der NPD Niedersachen erscheint sie wieder blond und bieder. Gemeinsam mit ihrem Ehemann tritt sie manchmal unter dem Namen Faktor Deutschland auf. Mit Jörg Hähnel und dem Berliner Liedermacher Lars Hellmich spielte sie 2001 die CD »Gemeinschaftswerk Funkenflug – Rufe ins Reich« ein.
Als Frau ist sie eine Ausnahme in der deutschen neonazistischen Musikbranche, egal ob unter den derzeit rund 20 Liedermachern oder den etwa 180 aktiven Rechtsrock-Bands. Mit ihrer Stimme sticht sie unter den anderen Musikern der sogenannten Schulhof- CD s der NPD hervor.
Auf die werbewirksame Unterstützung durch eine Musik- CD setzte die NPD erstmals 2001 im Wahlkampf zum Berliner Senat – doch seinerzeit floppte das Projekt. Erst als mehr als 50 Organisationen und Rechtsrock-Produzenten des neonazistischen Spektrums 2004 eine CD herstellten, um diese an Jugendliche und junge Erwachsene zu verteilen, schlug die Stunde für die NPD . Während der Tonträger mit dem Titel »Anpassung ist Feigheit. Lieder aus dem Untergrund« noch vor seinem Erscheinen als jugendgefährdend eingeschätzt und beschlagnahmt wurde, konnte die NPD das mediale Interesse im Vorfeld der sächsischen Landtagswahl 2004 nutzen. Sie produzierte eine eigene, juristisch geprüfte CD unter dem Titel »Schnauze voll? Wahltag ist Zahltag« und verteilte nach Eigenangaben rund 25 000 Stück werbewirksam vor der Wahl. »Musik wird im Medienzeitalter für die Vermittlung politischer Botschaften immer wichtiger«, betonte der damalige sächsische Spitzenkandidat der NPD , Holger Apfel. Das Konzept bewertete die Partei nach dem Einzug ins Dresdener Abgeordnetenhaus als Erfolg, gelang es doch, mit der CD die jungen Wähler anzusprechen und sich als legitime Vertretungsinstanz für rechte Jugendliche zu gerieren. Am Wahltag stimmten bei der
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