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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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neuen Parfüm, das Johanna gar nicht an ihr kannte.
    Johanna konnte es nicht leiden, wenn Frauen sich parfümierten.
    »Ach, hast du einen Neuen kennengelernt?«, fragte Johanna ihre Mutter und kam damit deren Angriff zuvor.
    »Willst du heute nicht zur Schule? Beeil dich mal ein bisschen. Weißt du, wie spät es ist? Bist du krank? Was ist mit dir los? Du siehst so … merkwürdig aus.«
    »Nichts. Mir geht’s gut.«
    Die Mutter ging quer durch Johannas Zimmer zum Fenster, zog die Vorhänge zur Seite und die Rollläden hoch. Sie öffnete das Fenster demonstrativ.
    »Dass du in diesem stinkigen Mief überhaupt schlafen kannst!«
    Als die Mutter das Zimmer verlassen hatte, schloss Johanna das Fenster und zog die Vorhänge mit einer raschen Bewegung wieder zu. An die Rollläden ging sie nicht. Die machten zu viel Krach. Sie wollte nicht auf sich aufmerksam machen und keine Fragen beantworten.
    Als sie dann alle zusammen am Frühstückstisch saßen, sagte Ulla Fischer: »Ja, also damit ihr es wisst, ich habe wirklich jemanden kennengelernt. Jochen ist ein ganz netter Kerl, der …«
    Ben saß der Mutter direkt gegenüber und ließ demonstrativ sein Knäckebrot fallen. Es drehte sich in der Luft, und die mit Honig beschmierte Seite klatschte auf sein Holzbrettchen.
    »Geht das schon wieder los, Mama?«
    »Hab ich kein Recht auf Glück?«, fragte Ulla angriffslustig und hatte gleich Tränen in den Augen. »Soll ich den Rest meines Lebens alleine bleiben und versauern? Irgendwann verlasst ihr doch sowieso das Haus, und dann?«
    »Noch sind wir da«, sagte Ben, der den Gedanken hasste, dass seine Mutter sich mit einem neuen Mann einließ. Und genau so einen angewiderten Gesichtsausdruck machte er, als müsse er sich jeden Moment übergeben.
    »Du kennst ihn doch gar nicht«, verteidigte Ulla Fischer ihren neuen Freund.
    »Ich will ihn auch gar nicht kennenlernen!«, giftete Ben zurück. »Der Letzte hat mir gereicht.«
    Sie hob die Arme in die Luft und ließ beide Handflächen auf den Tisch fallen. »Jetzt hör doch auf, mir das ewig vorzuwerfen!«
    Es tat in Johannas Ohren weh.
    Nun sprach die Mutter sie direkt an: »Was sagst du denn dazu, Johanna? Nun sag doch auch mal was!«
    Johanna wehrte ab. »Nicht jetzt. Ich hab ein Recht auf ein eigenes Leben, Mama. Ich will mich nicht nur damit befassen, wie es dir mit deinen Männern geht.«
    Jetzt ging die Mutter hoch. »Was soll das denn schon wieder heißen? Mit meinen Männern. Ihr tut ja gerade so, als hätte ich einen irren Männerverschleiß! Ich war mit eurem Vater zusammen, bis …«
    Sie sprach es nicht aus, wofür alle dankbar waren.
    »Und dann mit …«
    Bevor sie den Namen nennen konnte, ergänzte Ben ihren Satz: »Ja, mit dem Typen, den wir alle noch in so guter Erinnerung haben.«
    Ben stand auf. Er räumte sein Frühstücksbrettchen nicht weg, er kümmerte sich nicht um die Honigtropfen auf dem Tisch, er ging einfach zur Tür und verschwand ohne einen weiteren Gruß.
    Die Mutter zeigte demonstrativ hinter ihm her und sah Johanna fragend an. Aber die erhob sich ebenfalls und sagte: »Tut mir leid, Mama, aber ich muss los. Und ich habe auch überhaupt keine Lust, in den nächsten paar Tagen irgendeinen neuen Mann von dir kennenzulernen. Ich wünsch dir alles Glück der Welt, Mama. Aber bitte erspar mir das im Moment.«
    »Ich hab doch auch immer deine Freunde akzeptiert«, rief die Mutter hinter Johanna her, und sie wusste genau, dass sie damit nicht die Wahrheit gesagt hatte.
    Auf dem Schulweg rief Johanna Leon an. Er nahm gerade an einer Unterrichtsstunde teil und erfuhr einiges über den Staat Ohio, während er neben Megan Black saß, die ihm immer wieder etwas ins Ohr flüsterte.
    Er verstand nicht alles, hakte aber niemals nach. Meist waren es irgendwelche Witzchen über die deutschen Namen, die sie so süß fand.
    Als sein Klingelton »Born to be wild« ertönte, verstieß er damit natürlich gegen Schulregeln und erntete heftiges Gelächter. Er sah auf dem Display den Namen »Johanna« und arbeitete sich sofort zur Tür durch.
    »Entschuldigung, aber ich muss da rangehen. Es ist beruflich.«
    Auf dem Flur dann meldete er sich gleich mit einer Frage: »Wie geht’s dir?«
    Sie antwortete mit einer Gegenfrage: »Hast du was gehört?«
    »Wie, was gehört?«
    »Ja, du bist doch bei der Zeitung. Ist irgendetwas passiert? Ich hab mir alle Nachrichten angeguckt, aber … Er hat angedroht, dass er etwas Schreckliches getan hat.«
    Leon pustete Luft aus seinen

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