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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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waren.
    Er hatte den Film gesehen und war erschrocken darüber, dass erwachsene, nicht vorbestrafte Menschen ohne besonderen Hang zur Kriminalität auf Befehl hin jemand anderem immer höhere Stromstöße verpassten, obwohl dieser um Gnade winselte und bat, das Experiment abzubrechen.
    War das hier so ähnlich? War das Ganze vielleicht ein Test für ihn? War es eine Geschichte, die Johanna sich mit ihrem Bruder ausgedacht hatte, um ihn zu testen? Und wenn ja, hatte er dann bestanden, oder war er durchgefallen? Oder hatte er etwas ganz Schreckliches angerichtet, weil er einen völlig Unschuldigen zusammengeschlagen hatte, und es gab überhaupt keinen Verehrer?
    Verwirrt von solchen Fragen, hörte er Megan Black mit wunderbarem amerikanischem Akzent flüstern: »Zeigst du mir heute Abend das Nachtleben von Delmenhorst, Blacky?«
    Trotz der schwierigen Situation musste er grinsen. »Warst du schon mal in New York?«, fragte er zurück.
    Sie nickte. »I love Manhattan. The big apple.«
    Und sie behauptete, alle Off-off-Broadway-Theater zu kennen und selbst schon bei so einer Truppe mitgespielt zu haben.
    »Wenn dir das Nachtleben in New York gefällt, dann wirst du über Delmenhorst staunen«, raunte Leon vielversprechend zurück.
    Mit einem Hüftschwung, als würde sie eine neue Bauchtanzfigur ausprobieren, stieß sie mit ihrem Po gegen seinen. Er hatte jetzt ein bisschen den Faden verloren bei dem, was der Bürgermeister gerade erzählte.
    Nun ergriff der Lehrer aus Toledo das Wort. Leon sah auf die Uhr. Er musste bald los, um das Interview mit der Erntekönigin zu führen.

15
    Die Achterbahn stand noch still, als Johanna sie von Ferne sah. Noch kreischten keine Jugendlichen in den Waggons. Sie hatte also eine Chance.
    Sie rannte schneller.
    Unten am Kassenhäuschen sah sie einen weißhaarigen Mann, der vom Gesicht her mindestens Anfang sechzig war, vom Körper her aber aussah wie ein durchtrainierter junger Mann. Sein schmaler, knackiger Hintern steckte in einer engen Jeans, sein v-förmiger Oberkörper drohte das Muscleshirt zu sprengen. Seine Oberarme hatten etwa den Durchmesser von Leons Schenkeln. Er war braungebrannt. Es war nicht diese typische Sonnenbankbräune, sondern man sah dem Mann an, dass er viel draußen arbeitete. Er musste in den letzten Tagen ein anders geschnittenes T-Shirt getragen haben, denn es gab sehr helle Stellen auf seiner Haut, die deutlich markierten, wo es gesessen hatte.
    Die Frau, mit der er sich unterhielt, sah aus wie eine Eiskunstläuferin und war auch so gekleidet. Es fehlten nur die Schlittschuhe.
    Die Frau gestikulierte mit den Händen und schüttelte den Kopf. Er redete auf sie ein, aber offensichtlich wollte sie seinen Wünschen nicht nachkommen.
    Johanna schätzte den Mann als wichtig ein. Sie wusste selbst nicht, warum. Vielleicht weil er eine so imposante Gestalt hatte.
    Sie fragte ihn: »Sind Sie der Besitzer der Achterbahn?«
    Er sah sie an, als hätte sie ihm ein unsittliches Angebot gemacht, und sie spürte, dass er sie mit seinen Blicken auszog. Es war ihr unangenehm, und sie verschränkte die Arme vor der Brust, so als müsse sie ihren BH festhalten.
    »Was willst du denn, Mädchen?«, fragte er zurück.
    »Sie dürfen auf keinen Fall die Achterbahn fahren lassen! Es muss erst alles überprüft werden.«
    »Was soll das denn heißen? Willst du mich verarschen? Wir leben vom Fahrgeschäft, da kann nicht irgendwer angerannt kommen und uns das verbieten. Weißt du, wie viel Standgebühr wir hier bezahlen? Bist du vom Ordnungsamt?«
    »Nein, bin ich nicht. Aber ich habe den Verdacht, dass jemand an den Wagen herumgeschraubt hat. Hier versucht jemand, ein Unglück zu inszenieren. Sie müssen alles überprüfen und …«
    Er stemmte die Fäuste in die Hüften und blähte seine ohnehin imposante Brust noch mehr auf. »Ich glaub, ich spinne! Weißt du, was das bedeutet? Was meinst du, wie sehr wir kontrolliert werden? In jedem Scheiß-Sägewerk dürfen sie sich die Finger abhacken und ohne Helm arbeiten.«
    Wie zum Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung hielt er ihr jetzt seine rechte Hand hin und streckte alle Finger aus. Er hatte nur noch drei.
    »Nichts ist sicherer in dieser Stadt, als bei uns Achterbahn zu fahren. Wir haben so strenge Auflagen, wenn die für alle Menschen gelten würden, müssten achtzig Prozent der Autos in dieser Stadt stillgelegt werden. Aber nein, die dürfen damit auf die Autobahn brettern.«
    »Regen Sie sich doch nicht so auf, ich will Ihnen

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