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Neongrüne Angst (German Edition)

Neongrüne Angst (German Edition)

Titel: Neongrüne Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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es, kam zum Fenster und öffnete.
    »Wieso wirfst du Steine gegen mein Fenster, äi?«, fragte er. »Hast du kein Handy, du Hirni?«
    »Ja, hab ich. Aber warum sollte ich mein Handy gegen dein Fenster werfen, wenn hier genug Steine rumliegen?«
    »Haha, Witzbold. Was willst du? Verzieh dich. Ich guck gerade ’n Film.«
    »Komm mal runter. Ich hab was Besseres für dich. Ich zeig dir was, das hast du noch nie im Leben gesehen.«
    Volker wischte sich übers Gesicht. Er dachte offensichtlich nach und überlegte, ob er reingelegt werden sollte. Dann siegte in ihm aber die Neugier. Wortlos schloss er das Fenster und kam runter zu Leon.
    Leon stand jetzt auf der anderen Straßenseite, bei der Laterne.
    Entschlossen lief Volker auf ihn zu.
    »Ich hoffe für dich, dass du nicht meine Zeit verschwendest und mir wirklich was zu bieten hast, sonst …«
    Weiter kam Volker nicht, denn Leon schlug zu. Er verpasste ihm eine rechte Gerade voll auf die Nase.
    Volker sprang zurück. Sofort tränten seine Augen. Blut spritzte aus beiden Nasenlöchern, und er schrie: »Bist du wahnsinnig? Du hast mir die Nase gebrochen, du Verrückter! Bist du bescheuert?«
    Er hielt sich jetzt mit beiden Händen die Nase, und sein Körper bot dadurch ein deckungsloses Ziel.
    Ohne zu zögern versuchte Leon, ihm einen Leberhaken zu versetzen. Er wusste nicht genau, wo bei Volker die Leber war, aber er hatte gehört, dass so ein Schlag besonders schmerzhaft sein sollte.
    Er traf Volkers kurze Rippe. Dem blieb die Luft weg, und er sank auf die Knie. Sein Hemd war voller Blut.
    Ohne jedes Problem hätte Leon jetzt einen weiteren Schlag oder Tritt gegen Volkers Kopf ausführen können, aber etwas hinderte ihn daran. Vielleicht war es ein Gedanke von Fairness. Sein Gegner hatte genug, war geschlagen und konnte sich nicht mehr wehren. Nur verabscheuungswürdige Drecksäcke prügelten dann noch weiter. Zu denen wollte er nicht gehören.
    »Hör mir zu, du blöder Sack«, sagte Leon, »lass Johanna in Ruhe, oder ich klopp dich windelweich. Hast du das kapiert?«
    »Ich … ich hab ihr doch gar nichts getan! Ich …«
    »Wenn du sie anrufst oder dich ihr auch nur auf zehn Schritte näherst, brech ich dir jeden Finger einzeln. Hast du das verstanden?«
    Volker antwortete nicht, sondern weinte nur zusammengekrümmt auf der Straße.
    Leon wusste nicht mehr, was er noch tun sollte. Es war alles gesagt. Es war alles erledigt.
    Er entfernte sich langsam, ohne jede Hast. Volker sollte nicht glauben, dass er die Flucht ergriff.
    Leons Faust schmerzte. Er rieb sich die Knöchel der Rechten mit der Handfläche der Linken. Aber eine Genugtuung hatte er dabei. Wenn meine Hand schon so weh tut, wie mag es dann seiner Nase gehen, dachte er.
    Leon kam sich kraftvoll und durchtrieben vor, aber er fühlte sich nicht als Held, sondern das alles hatte einen merkwürdig schalen Beigeschmack. Er hatte gerade eine Seite an sich entdeckt, die er noch gar nicht kannte. Sie machte ihm durchaus Angst, und gleichzeitig fand er es irgendwie geil.
    Ich habe es tatsächlich getan, dachte er. Ich habe ihn tatsächlich aus der Wohnung geholt und zusammengehauen.
    Volker rappelte sich auf. Leon hörte noch, wie er ihm nachrief: »Äi, wer ist hier auf Tili? Du oder ich?«
    Er spielte jetzt sogar mit dem Gedanken, Johanna anzurufen und es ihr stolz zu erzählen. Der wird dich in Zukunft in Ruhe lassen. Du musst keine Angst mehr haben.
    Aber dann beschloss er, sie jetzt nicht zu wecken und nicht die Pferde scheu zu machen. Sie konnte so viele Fragen stellen, und sie war nie mit einfachen Antworten zufrieden. Johanna konnte ganz schön schwierig sein. Und er wusste nicht, wie sie das, was er gerade getan hatte, finden würde. Vielleicht war er jetzt ein Held für sie. Ihr Beschützer. Vielleicht aber auch bloß ein blöder Schläger. Bei ihr wusste man nie so genau …

10
    Erst konnte Johanna nicht einschlafen, dann schreckte sie hoch, weil sie träumte, eine Frau würde im Mantel über die Bürgermeister-Smidt-Straße flanieren. Es war dunkel, und sie konnte die Schritte der Frau hören.
    Sie ging auf eine Gruppe Passanten zu. Die Gruppe sah in ihre Richtung. Es waren Männer. Sie hatten Bierdosen dabei. Sie tranken und lachten.
    Das bin ich nicht, dachte sie im Traum. Wer ist das?
    Ein heller Ton schrillte wie eine Alarmsirene. Die Frau riss ihren Mantel auseinander und bot ihren nackten Körper den Schaulustigen zur Besichtigung an.
    Man lachte über sie und spottete über ihren Hüftspeck.

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