Neongrüne Angst (German Edition)
Fischbrötchen, aber da gab es so viel zu gucken, und dann bin ich geblieben, hab mir die Menschen angeschaut und …«
Büscher warf einen vielsagenden Blick zu Schiller, und die nickte und notierte etwas.
»Wie lange waren Sie dort?«
»Keine Ahnung, ich hab nicht auf die Uhr geguckt. Ich hab dann noch Klassenkameraden getroffen, alte Kumpels, und wir haben ein paar Bier getrunken. Also, ich bin von da aus dann in Richtung Bürgerpark, ja, und da ist es dann passiert.«
»Ist Ihnen bei der Achterbahn irgendetwas aufgefallen?«
»Aufgefallen? Was soll einem denn da auffallen? Es sind jede Menge Menschen da, die kreischen und sich einem eigenartigen Vergnügen hingeben. Also, meine Sache ist das nicht.«
»Das kann sogar zur Sucht werden«, sagte Frau Dr. Stindl. »Der Körper schüttet Morphine aus und Adrenalin in hohen Dosen. Der eine kriegt die Panik, und der andere gerät in ein Glücksgefühl, ähnlich wie beim Bungeejumping.«
»Das ist auch nichts für mich«, sagte Pit.
»Wenn Sie sich überhaupt nicht für so etwas interessieren, warum sind Sie dann dort gewesen?«
Fast unwillkürlich griff Pit sich in die Haare, um sie aus der Stirn zu streichen, aber er berührte nur den Verband, und Frau Dr. Stindl sagte: »Wir mussten Ihnen die Haare leider abrasieren. Das war nicht anders möglich.«
»Sehe ich jetzt aus wie so ’n Scheiß-Skinhead?«
»Ja, und zwar wie einer, der für seine politische Überzeugung am Wochenende eingetreten ist …«, sagte Kommissarin Schiller spitz. Sie hatte es als Scherz gemeint, aber niemand lachte.
Büscher versuchte, bei der Sache zu bleiben. »Also, wenn Sie sich für Achterbahnfahren nicht interessieren, was wollten Sie dann dort?«
»Na ja, zugucken. Ich bin einer von denen, die gern zugucken. Ich schau mir an, was die Menschen so machen, und betreibe meine Studien, wenn Sie es so nennen wollen.«
»Dann darf ich wohl davon ausgehen, dass Sie später mal Psychologie studieren wollen …«
»Ja, Herr Kommissar, das haben Sie scharf kombiniert. Ich denke in der Tat darüber nach, etwas in dieser Richtung zu studieren. Vielleicht aber auch Soziologie oder irgendetwas mit Verhaltensforschung. Ich interessiere mich eben dafür, warum Menschen was wie machen.«
Kommissarin Schiller war durchaus beeindruckt. »Die jungen Leute sind heutzutage nicht alle so hohl und oberflächlich, wie man immer denkt«, sagte sie.
Büscher ging überhaupt nicht darauf ein, sondern trat einen Schritt näher ans Bett von Pit Seidel und legte seine Hände auf den silbernen Griff am Fußende.
Das passte Frau Dr. Stindl überhaupt nicht. Sie tippte mit dem Zeigefinger auf Büschers Hände, und der ließ sofort los.
»Das ist ein Krankenhausbett«, sagte sie, »keine Theke.«
»Ich hab ja auch kein Bier bestellt«, zischte Büscher gekränkt zurück.
»Wissen Sie«, sagte er dann zu Pit Seidel, »darf ich nicht eigentlich ›du‹ sagen? Sie sind doch noch ein junger Mann, oder?«
Pit war unsicher, ob sich dieses »du« positiv oder negativ auf Büschers Verhalten auswirken würde. Er antwortete erst mal nicht, sondern sah Büscher nur an, was den veranlasste weiterzusprechen.
»Es fällt mir schwer zu glauben, dass Sie weder Ken noch Boris Hauser kannten. Da sind mir zu viele Zufälle im Spiel. Wissen Sie, wer die beiden sind?«
»Nein.«
»Die Söhne vom Besitzer der Achterbahn. Und die wurden gestern vermutlich vom gleichen Täter oder der gleichen Tätergruppe angegriffen wie Sie, Herr Seidel. Was läuft da?«
»Das herauszufinden, ist Ihre Aufgabe, Herr Kommissar«, stöhnte Pit und sah aus, als bekäme er heftige Kopfschmerzen. Er griff sich an die Stirn. »Vielleicht«, flüsterte er gequält, »war es eine Verwechslung. Sie haben geglaubt, dass ich dazugehöre.«
»Hm. Aber vielleicht«, jetzt duzte er Pit doch einfach, ohne seine Zustimmung abzuwarten, »hast du auch etwas gesehen, und sie wollten dich einschüchtern, damit du das Maul hältst.«
Frau Dr. Stindl versuchte, Büscher zu bremsen. »Sie machen ihm Angst.«
»Ich bin hier auch nicht als Spaßmacher engagiert, sondern als Hauptkommissar.« Er sprach weiter zu Pit: »Oder hast du mit den beiden irgendwas laufen? Habt ihr krumme Geschäfte gemacht und seid damit einem in die Quere gekommen? Geht es hier um Drogen, oder was?«
»Im Gegensatz zu vielen meiner Mitschüler, Herr Kommissar, schätze ich einen klaren Kopf. Die härtesten Drogen, die ich zu mir nehme, sind dunkle Schokolade und
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