Neongrüne Angst (German Edition)
Milchkaffee.«
»Ach ja? War nicht gerade noch von ein paar Bier die Rede, die du mit Kumpels genommen hast?«
Pit verzog das Gesicht. »Fällt ein Bier jetzt unters Betäubungsmittelgesetz?«
»Immerhin weißt du genau, wie das Gesetz heißt, gegen das man verstößt, wenn man mit Drogen handelt.«
Frau Dr. Stindl räusperte sich. »Herr Kommissar, ich glaube, Sie haben es hier mit einem Opfer und nicht mit einem Täter zu tun.«
»Ich fürchte, das übersteigt Ihre Kompetenzen, Frau Dr. Stindl. Flicken Sie ihn nur wieder zusammen, den Rest machen wir dann. – Pit, ich hätte gern eine Liste der Personen, mit denen du auf dem Freimarkt zusammen warst.«
»Ich möchte doch lieber von Ihnen gesiezt werden, Herr Kommissar«, betonte Pit. Sein Mund war trocken. Er versuchte, an das Wasserglas auf seinem Nachttischschränkchen zu kommen, aber als er den Arm ausstreckte, merkte er, dass er kaum genug Kraft hatte, das Glas hochzuheben.
Dann zählte er auf, wen er gesehen hatte: »Tobias Zenk und Jessy Schmidt. Volker Krüger. Leon Schwarz. Johanna Fischer.«
»Das wird ja immer schöner«, grinste Kommissar Büscher. »Johanna Fischer …«
»Ja, wir sind früher zusammen zur Schule gegangen. Leon lebt jetzt in Ganderkesee, kommt aber immer noch viel hierher, um seine Freunde zu besuchen und …«
Büscher wirkte, als hätte er am liebsten alle Genannten verhaftet und in eine Ausnüchterungszelle gesteckt, um sie garzukochen.
»Das ist doch noch nicht alles. Fahren Sie einfach fort.« Es hörte sich nicht an wie ein Vorschlag, sondern mehr wie ein Befehl. Und er betonte das »Sie« so unnatürlich, dass klar war, er hätte ihn am liebsten weitergeduzt.
»Johanna ist Achterbahn gefahren, und dabei hat sie hyperventiliert. Ich habe ihr dann eine Pommestüte über die Nase gestülpt. Ich hab eine Ausbildung beim Roten Kreuz hinter mir und …«
Büscher brummte etwas Unverständliches und verdrehte die Augen. Er stieß sauer auf. Für seinen angegriffenen Magen war das alles hier Gift.
Er würde diesen jungen Leuten nie verzeihen, dass sie so jung waren, machten sie ihm doch dadurch unmissverständlich klar, dass er in die Jahre gekommen war. Es ging seit einiger Zeit nicht mehr bergauf, sondern bergab. Wenn er sich so fühlte, bekam er oft Hunger auf ein Aalbrötchen oder wenigstens eins mit Krabben.
20
Kommissar Büscher hatte sich am Fischereihafen bei Abelmann ein Aalbrötchen gekauft. Kommissarin Schiller aß stattdessen lieber Bananen. Sie versuchte eine Obstdiät. Sie durfte essen, so viel sie wollte, aber eben nur Obst oder Gemüse.
Büscher redete beim Essen, und Aalfett lief seine Mundwinkel hinunter. Ein Zwiebelring fiel auf seinen leichten Bauchansatz und blieb dort liegen, hüpfte aber bei jedem Schritt, den Büscher machte, rauf und runter.
»Die verheimlichen uns etwas«, sagte Büscher mampfend. »Gegen die Polizei halten die alle zusammen.«
»Herr Hauser hat massive Drohungen gegen verschiedene Personen ausgestoßen. Müssen wir uns nicht darum kümmern?«, fragte Schiller und schälte die zweite, noch nicht ganz reife Banane. Sie mochte Bananen nicht, wenn sie braune Flecken hatten, und deswegen aß sie sie am liebsten noch fast grün.
»Ich habe mir die Leiche in der Friteuse genauer angesehen«, sagte sie.
Büscher verzog den Mund. Es gefiel ihm gar nicht, wenn sie so redete. Er las lieber die Berichte der Gerichtsmedizin, statt sich so etwas anzuschauen.
Kommissarin Schiller fuhr fort: »Wenn man ihn so am Tatort liegen sieht, denkt man, der Kopf sei in siedendes Fett gesteckt worden. Das war aber nicht so. Jemand hat ihm den Schädel eingeschlagen und ihn dann so hindrapiert und den Kopf ins kalte Fritierfett gehängt. Über die Füße wurde ihm dann ein Müllsack gezogen.«
»Ja, danke schön«, sagte Büscher und betrachtete sein Aalbrötchen, so als müsse er es jetzt wegwerfen.
»Ich frage mich, was der Täter uns damit sagen will.«
»Nun, wir werden ihn das sehr bald selbst fragen«, antwortete Büscher und grinste. Dann biss er doch noch einmal in sein Aalbrötchen.
Manchmal, dachte er, muss man in diesem Beruf ganz schön hart sein, um sich den Genuss nicht verderben zu lassen.
»Ich glaube, der Täter wollte uns erschrecken. Das alles ist doch wie eine schreckliche Inszenierung. Wir sollen Angst kriegen. Unsere Phantasie soll noch Schlimmeres glauben, als geschehen ist. Der Tote in der Achterbahn. Wenn sie den nicht zufällig gefunden hätten, wäre der im Looping
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