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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Kreditkartendurchschrift, eine unbezahlte Rechnung oder etwas anderes, aus dem sich ergeben hätte, daß er das Haus verlassen hatte. Beinahe alles, was sich in der Wohnung befand, hätte er am Tag zuvor im Supermarkt gekauft haben können. Die einzige Ausnahme war eine Schachtel mit Präservativen in der Schublade seines Nachttischchens und natürlich seine Ausrüstung – eine saubere Spritze, zwei glänzende Injektionsnadeln, ein Löffel mit gebogenem Griff, der mit Klebeband umwickelt war, und drei Päckchen Heroin allerbester Qualität, alles liebevoll in einem mit Samt gefütterten Lederetui mit Reißverschluß verwahrt.
    »Muß viel Spaß machen, den kleinen Lastern anderer Leute hinterherzuschnüffeln, was?« sagte er. Er lag auf der Seite mitten auf dem Wohnzimmerteppich. »Das macht einen richtig an – fast so, wie wenn man ’nen Pornofilm anguckt, stimmt’s? Ihre eigenen heimlichen Sünden sind doch gar nicht so schlimm, hab ich recht?«
    Ich machte das Ledertäschchen wieder zu und klopfte einen Moment lang mit den Fingern darauf.
    »Was tun, was tun, denkt er jetzt«, sagte Murphy. »Er könnte die hiesige Polizei anrufen und dafür sorgen, daß dieser verkommene alte Fixer ins Bezirksgefängnis gesteckt wird. Aber da wäre natürlich noch das kleine Problem, daß wir mit einem Gewehr in die Wohnung eines Mannes eingedrungen sind, nicht wahr? Oder vielleicht lieber nach New Orleans zurückfahren. Aber verdammt noch mal, das wäre Kidnapping. Die Sorgen unseres ritterlichen Detektivs scheinen kein Ende zu nehmen. Ist schon ’ne schwere Belastung, einer von den Guten zu sein, hab ich recht? Es gibt so viele noble Prinzipien, die man aufrechterhalten muß. Ihr kleines Schwanzstück aus Kansas hat da weit weniger Skrupel.«
    »Was?«
    »Wir haben Sie ’n bißchen unter die Lupe genommen. Es gibt ’ne Akte über sie.«
    »Also seid ihr doch von der CIA.«
    »Sind Sie wirklich so dumm und glauben, daß die Regierung bloß aus einer einzigen Gruppe besteht? So wie die Leute von der Forstbehörde mit ihren Smokey-Bear-Anzügen? Sogar Ihre Schnalle weiß es besser. Fragen Sie sie doch mal. Sie hat da ’n paar interessante Dinge erlebt als Groupie in der Friedensbewegung, damals, im Land Oz. Der Haken ist nur, daß sie so engagiert war, daß sie mit jedem gebumst hat und prompt schwanger wurde. Aber sie hat ’nen kleinen Ausritt über die Prärie gemacht, und dabei ist ihr das Kleine einfach so aus dem Bauch gefallen. Das ist fast so ’ne Schweinerei wie die Methode mit dem Drahtkleiderbügel. Zum Glück für sie haben die da unten in Wichita ’n paar gute Ärzte, die haben ihr den Kinderwagen rausgeholt und das Laufställchen heilgelassen.«
    Ich warf das Lederetui durch die Küchentür auf den Müllberg auf dem Küchentisch, dann ging ich ins Schlafzimmer und holte ein Hemd, eine Hose und ein Paar Schuhe aus dem eingebauten Kleiderschrank. Draußen zerriß ein Blitz den Himmel, und das Krachen des Donners ließ das ganze Haus erzittern. Der Regen trommelte schwer gegen die Fensterscheiben. Ich ließ die Klamotten neben ihm auf den Boden fallen, band ihm die Hände los und griff wieder nach meinem Gewehr.
    »Los, anziehen«, sagte ich.
    »Wir verreisen?« fragte er mit einem Lächeln.
    »Zieh dich an, Murphy.«
    »Ich glaube nicht, daß es eine angenehme Reise wird.«
    »Denk an die Alternativen. Wir sind hier in Mississippi.«
    »Ich nehme an, ich werde im Kofferraum mitfahren.« Er setzte sich auf und zog sich das Hemd über. »Was dagegen, wenn ich noch mal aufs Klo gehe? Ich war grade auf dem Weg, als Sie vorhin geklopft haben.«
    »Aber laß die Tür offen«, sagte ich.
    Plattfüßig wie ein alter Mann schlurfte er zur Toilette, nur in der Schlafanzughose und dem offenen Hemd. Er sah mich über die Schulter hinweg an, während er seinen Penis herausholte undmit einem lauten Plätschern in die Toilette urinierte. Sein Gesicht wirkte sehr beherrscht und beinahe rosig im Neonlicht der Badezimmerlampe, als habe er sich mit der Situation abgefunden und konzentriere sich ganz auf das befreite Gefühl in seiner Blase. Entweder aus Höflichkeit oder auch, weil ich die Situation so abstoßend fand, wandte ich den Blick von ihm. Die Bäume schlugen mit ihren Zweigen gegen die Fenster, und durch den Schlitz neben der Jalousie sah ich, wie der Rasen weißlich aufleuchtete, als ein Blitz über den Himmel zuckte. Ich fühlte mich ungeheuer müde. Meine Hände waren vor Überanstrengung so unbeweglich, daß sie

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