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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Die Möbel waren entweder aus Plastik oder aus Spanplatten, und die Luft roch nach einem chemischen Frischluftspray. Ich warf einen kurzen Blick in das Schlafzimmer, das Bad, die kleine Küche und die Eßecke.
    »Eine ganz einfache Wohnung«, sagte er. Er mußte seinen Kopf auf dem Teppich zur Seite drehen, um reden zu können. Der rosige Speck an seiner Hüfte war mit grauen Haaren bewachsen. »Keine Frauen, keine Waffen, keine großen Rätsel. Die Aktion könnte für Sie so was wie ’ne Enttäuschung werden, Lieutenant.«
    »Zieh das Hemd aus und setz dich da drüben auf den Stuhl.«
    »Na gut«, antwortete er. Ein Lächeln zuckte um seine Mundwinkel.
    »Was amüsiert dich an mir?«
    »Ich meine nicht Sie. Ich meine nur Ihre Einstellung. Ich hab Ihnen schon mal gesagt, daß Sie im Grunde Ihres Wesens Puritaner sind. Aber irgendwann in Ihrer Karriere kommt der Punkt, wo Sie der Tatsache ins Auge sehen müssen, daß diese Dinge niemand auch nur das Geringste bedeuten. Oh, natürlich sagen Sie das nicht so offen, aber es ist die Wahrheit, und ich glaube, das wissen Sie auch.«
    Er legte seine Schlafanzugjacke auf die Armlehne eines Polsterstuhls und setzte sich hin. Sein Brustkorb war schmal und grau, und sein Bauch reichte fast bis ans Brustbein.
    »Arme nach oben drehen.«
    Er zuckte die Achseln und drehte seine Unterarme, so daß ich die glatten grauen Narben entlang der Venen sehen konnte. Sie waren so dick, als habe man sie mit dem Rasiermesser herausgeschnitten.
    »Ich hab gehört, du brauchst jeden Tag zwei Tütchen, aber ich hab den Eindruck, mittlerweile bist du voll auf der Düse«, sagte ich.
    »Wenn Sie sich dann irgendwie besser fühlen«, sagte er. Sein Lächeln war verschwunden, und ich konnte jetzt die Verachtung, den Zynismus und die aufblitzende Bosheit in seinen Augen sehen.
    »Wenn ich für dich überhaupt irgendwelche Gefühle hätte, hätt ich dich da draußen auf der Veranda einfach umgelegt.«
    »Und wir haben gedacht, Sie wären ein Profi.«
    »Ich hoffe bloß, du hast dir heut abend ’ne ordentliche Ladunggesetzt. Du gehst ’ner langen Trockenzeit entgegen. Vielleicht kannst du dir ausmalen, wie du dich nach zwei Tagen Knast fühlst.«
    »Ich zittere schon. Sehn Sie nicht den kalten Schweiß auf meiner Stirn? Oh, lieber Gott, was soll ich bloß tun?«
    Ich fühlte in diesem Augenblick, wie eine Weile abgrundtiefen Hasses durch meine Brust lief.
    »Wenn mein Bruder stirbt und du irgendwie wieder rauskommen solltest, dann gnade dir Gott«, sagte ich.
    »Ihr Bruder?«
    Ich studierte aufmerksam sein Gesicht.
    »Er ist noch am Leben, und er hat den Kerl gesehen, den ihr auf ihn angesetzt habt«, sagte ich.
    »Sie glauben allen Ernstes, wir hätten versucht, Ihren Bruder umzulegen?«
    Ich betrachtete das Spiegelbild der Lampe in seinen Augen und die Krümmung seiner Handflächen auf der Armlehne des Stuhls.
    »Ist das der Grund für diesen Blödsinn? Jemand hat auf Ihren Bruder geschossen, und Sie glauben, daß wir dahinterstecken?« fragte er.
    Seine Augen weiteten sich, und er verzog den Mund ob seiner eigenen Frage. Er wollte lächeln, aber dann sah er mein Gesicht und besann sich eines besseren.
    »Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, alter Junge. Wir waren’s nicht«, sagte er. »Warum sollten wir Ihrem Bruder was antun?«
    »Er sieht aus wie mein Zwilling.«
    »Ach ja, ich hab so was gehört. Sie sollten uns aber zugestehen, daß wir nur unser eigenes Spiel spielen. Solche Fehler machen wir nicht, jedenfalls normalerweise nicht. Um die Wahrheit zu sagen, wir hatten Sie eigentlich abgeschrieben, weil wir dachten, daß Sie ein Weilchen mit Ihren Problemen zu tun hätten.«
    »Leg dich wieder auf den Boden.«
    »Und was haben wir jetzt vor, Lieutenant?«
    »Du paßt ausgezeichnet zu dem Teppich.«
    Ich schnitt die Lampenschnur durch, fesselte ihm die Hände auf den Rücken und wickelte die Schnur fest um seine Fußgelenke.Dann leerte ich den Inhalt sämtlicher Schubladen auf den Boden aus, durchsuchte alle Kleider in den Schränken, öffnete die Koffer und schüttete den Inhalt auf das Bett, sah in seinem Briefkasten nach, untersuchte alles, was er in seinem Portemonnaie hatte, und kippte zu guter Letzt den Inhalt des Mülleimers auf den Küchentisch. Es gab nichts in der Wohnung, das darauf hingedeutet hätte, daß er je außerhalb von Biloxi, Mississippi, gewesen war. Ich fand weder ein bedrucktes Streichholzheftchen noch einen nicht eingelösten Scheck, eine

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