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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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für Kopfschmerztabletten. Ich hab ein paar Hitzepickel, und Lois ist der Meinung, es ist ’n Tripper.«
    »Findest du nicht, daß du deinen Ehekrieg ein bißchen überstrapazierst?«
    »Tut mir leid, wenn ich dich damit langweile, Streak.«
    »Ich werde diese Typen auseinandernehmen. Ich hoffe nur, du bist nicht dabei, wenn’s soweit ist.«
    Er schnippte seine Zigarette gegen einen vorüberfahrenden Lastwagen, dessen Aufbau mit dem Bild einer Frau im Badeanzug geschmückt war.
    »Warum sollte ich?« fragte er. »Ich bin schließlich bloß der Typ, der dich aus dem zweiten Stock über die Feuerleiter nach unten getragen hat, während ein Kerl uns mit ’ner 22er Flinte die Ohren einkerben wollte.«
    »Du kannst ein Spiel nicht mit den Schlägen vom letzten Sonntag gewinnen.«
    »Ach ja? Klingt ja wie auf ’ner Sitzung der Anonymen Alkoholiker. Was soll’s. Wir sehen uns. Und laß die Finger vom Schnaps. Ich trink für dich mit. Es ist wirklich ein beschissenes Leben.«
    Er ging mit klappernden Sandalen zu seinem Wagen zurück – ein bulliger, schwerfälliger Mann, dessen aufgedunsenes, mehrfach genähtes Gesicht mich an eine ausgebleichte Melone erinnerte, die in der Sonne liegt und kurz davor ist zu explodieren.
    Ich war überzeugt, ich sei ein Pragmatiker, ein Zyniker, ein abgehärteter Kriegsveteran, ein ausgepichter Säufer, der letzte der Rauhbeine von Louisiana, aber im Grunde glaubte ich wie die meisten anderen Leute, daß die Gerechtigkeit siegen, daß sich alles zum Guten wenden, daß jemand mit der Verfassung in der Hand auftauchen würde. An diesem Nachmittag stellte ich das Telefon draußen an Deck auf den Tisch, während ich das Hausboot einer Reinigung unterzog, die Messingbeschläge und die Fenster polierte und die Luke abschmirgelte und neu lackierte. Dann legte ich meine Flossen und die Taucherbrille an und sprang in den See, um mich ein wenig abzukühlen. Als ich in die grüne Tiefe tauchte, spürte ich wieder die Kraft in meinen Lungen und in meiner Brust, die jetzt frei waren vom Alkohol. Immer wieder kam ich zurück an die Oberfläche, weil ich ein Klingeln im Ohr hatte, aber es war nie das Telefon.
    Um halb sieben Uhr abends rief endlich Captain Guidry an und berichtete, daß der Nicaraguaner in Gewahrsam bliebe und er selbst ihn am nächsten Morgen verhören und außerdem Fitzpatricks Vorgesetzten bei der Bundesbehörde informieren werde.
    Ich lud Annie zu einem verspäteten Abendessen ein, und wir grillten uns draußen ein paar Steaks auf dem kleinen Hibachi und setzten uns in der angenehmen Kühle des Abends zum Essen unter den großen Schirm. Der Horizont im Westen wurde vom letzten Rot der Sonne wie von Flammen erhellt, dann wurden die Wolken langsam rosa und violett, und schließlich war am Himmel nur noch der Widerschein der Lichter der Stadt zu sehen.
    Am nächsten Morgen machte ich hundert Kniebeugen, hantierte eine gute Stunde lang mit den Gewichten, wobei ich mir immer wieder die alte Originalaufnahme von Iry LeJeunes »La Jolie Blonde« anhörte, und stellte eine Liste der Dinge auf, die ich einkaufen mußte. Dann bat ich einen Collegestudenten, der ein Stückchen weiter am Strand wohnte, ein Weilchen auf mein Telefon zu achten, und fuhr zu einer Kreditbank, wo ich mir auf mein Hausboot dreitausend Dollar borgte.
    Die Sonne stand bereits hoch und weiß am Himmel, als ich zurückkam. Captain Guidry hatte eine halbe Stunde vorher angerufen.Ich wählte die Nummer seines Apparats im Ersten Revier, wo man mir sagte, er sei in einer Konferenz und die nächsten zwei Stunden nicht zu sprechen. Dann rief ich Fitzpatricks Vorgesetzten im Büro für Alkohol, Tabak und Feuerwaffen an.
    »Was haben Sie erwartet, was ich Ihnen heute morgen erzähle?« fragte er. Ich konnte beinahe sehen, wie seine Hand sich um den Hörer krampfte.
    »Nun, ich dachte, Sie hätten inzwischen vielleicht den Nicaraguaner verhört.«
    »Sie müssen wirklich morgens aufstehen und sich die Zähne im Klo putzen.«
    »Was soll das schon wieder heißen?«
    »Nun, Sie haben endlich einen erwischt, und dann übergeben Sie ihn denselben Leuten, die Sie die ganze Zeit im Wind baumeln lassen. Die haben ihn oben in die Sammelzelle gesteckt, und in der Nacht machen sich ein paar ausgeflippte Schwarze über ihn her, weil er ihnen zu sehr aus dem Hals roch, und die haben ihn mit dem Kopf voran in einen verstopften Bodenabfluß gesteckt und ihm das Genick gebrochen.«

10
    An diesem Nachmittag gab ich Annie die tausend Dollar

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